- Details
-
Veröffentlicht: Donnerstag, 08. Juni 2006 02:00
-
Geschrieben von Gabriele Uhlmann
Das Dekameron des Giovanni Boccacio enthält 100 (10x10) Novellen, deren Rahmenhandlung sich in einem Landhaus in der Nähe von Florenz abspielt. Sieben Frauen und drei junge Männer, die vor der Pest aufs Land geflüchtet sind, vertreiben sich die Zeit des Wartens mit dem Erzählen von Geschichten. Zehn Tage lang wird immer eine Erzähl-Königin oder ein Erzähl-König ernannt, die oder der den Themenkreis des Tages bestimmt. Im Rahmen dieser Vorgabe müssen sich alle eine Geschichte ausdenken und vortragen. Als die zehn Tage um sind, kehren sie alle nach Florenz zurück.
Die Geschichten haben keinen Titel, am Anfang steht jedoch immer ein kurzer Appetitmacher aus wenigen Sätzen. Bevor jedoch eine neue Geschichte beginnt, beschreibt Boccacio die Reaktion der Zuhörenden auf die vorangegangene Geschichte. Jeder Tag schließt mit einem kleinen Fest, mit Gesang, Spiel und Speise.
Das zwischen 1350 und 1353 verfasste Werk liefert, nebenbei erwähnt, mit seinem Vorwort eine der detailliertesten Quellen über die Ausbreitung der Pest.
Aus dem Gesamtwerk ist neben der sog. Falkennovelle die "Geschichte vom verzauberten Birnbaum" berühmt geworden. Die Geschichte der Entdeckung eines Ehebruchs inflagranti veranschaulicht, dass das, was nicht sein darf, auch nicht sein kann. Wer aber auf die Wahrheit beharrt, muss dafür büßen!
Nicht nur das ist hochaktuell. Zusammen mit der Beschreibung der Reaktion der Zuhörerinnen ist die Geschichte genau genommen auch die erste "umweltpolitische" Schrift der Literaturgeschichte. Ob das von Boccaccio auch so beabsichtigt war, sei dahingestellt. Unzweideutig politisch ist aber die Einleitung zur zehnten Geschichte des siebenten Tages, in der der König die Einhaltung der Gesetze, gerade durch die Herrschenden selbst, anmahnt.
Der Text:
Lydia, die Gemahlin des Nikostratus, verliebt sich in ihren Diener Pyrrhus. Dieser fordert drei Beweise, um sich davon zu überzeugen. Lydia gibt sie ihm nicht nur, sondern läßt sich auch in Gegenwart ihres Gemahls von ihm liebkosen und weiß dennoch diesem einzureden, daß er nichts gesehen habe.
Weiterlesen: Seit dem Mittelalter aktuell: Das Dekameron des Giovanni Boccaccio