Krieg, Frieden und das Problem des Gewissens
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- Veröffentlicht: Montag, 31. August 2015 22:54
- Geschrieben von Elke A. Dieter
Liebe Leser und Leserinnen des b-s! Der b-s hat ab 1. Mai 2019 unter braunschweig-spiegel.de einen neuen Auftritt. Unter archiv.braunschweig-spiegel.de erreichen Sie den b-s von 2008 bis April-2019 in seiner letztmaligen Form, incl. funktionsfähiger interner Beitragslinks, als historisches Dokument.
Die Suchfunktion der Archivfassung ist NICHT mehr aktiv. Sie finden die Beiträge der Jahre 2005 bis 2019 jedoch über https://www.braunschweig-spiegel.de
Die Menüstruktur der Archiv-Fassung ging dabei jedoch komplett verloren.
Die Veränderungen die in der Amtszeit von Ex-OB Dr. Gert Hoffmann stattfanden (https://de.wikipedia.org/wiki/Gert_Hoffmann#Oberb%C3%BCrgermeister_in_Braunschweig) sind hier dokumentiert. Hierunter fallen umstrittene Privatisierungen, Flughafenausbau, Schlossparkvernichtung, und Errichtung von ECE-Schlossarkaden ...
Chronologisch beginnt der b-s hier: http://archiv.braunschweig-spiegel.de/index.php/diese-zeitung-seit-2005
Dr. Helmut Kramer im Gespräch mit Claus-Dieter Klein, Donnerstag 03.09.2015, 19.00 Uhr,
Gartensaal im Lessinghaus, Lessingplatz 1, 38304 Wolfenbüttel
Helmut Kramer beim Vortrag im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln am Appellhofplatz. Das Zentrum war zur NS-Zeit das Hausgefängnis der Gestapo (Foto: MEIER)
Veranstalter: Dr. Helmut Kramer, das Forum Justizgeschichte e.V. und der Förderverein der Justizvollzugsanstalt/Gedenkstätte e.V.
Am 19. September 1942 wurde in Wolfenbüttel der Helmstedter Jude Moritz Klein hingerichtet. In einer seiner ersten Amtshandlungen hatte der Braunschweiger Generalstaatsanwalt Fritz Bauer versucht, die für das Todesurteil verantwortlichen Richter des Braunschweiger Sondergerichts vor Gericht zu bringen. Das verhinderte das Oberlandesgericht Braunschweig unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Hans Meier-Branecke, der bis 1945 einer der höchsten Wehrmachtsjuristen war. Kürzlich aufgefundene Dokumente lassen darauf schließen, dass das angebliche Geständnis von Moritz Klein von der Gestapo Braunschweig durch Folter erzwungen ist.
Weiterlesen: Lessing, Fritz Bauer und die Ermordung des letzten Helmstedter Juden
Im Fernsehen sah ich vor ein paar Tagen einen Sketch: Bei einem Bankett saß neben einem hochrangigen Gast aus Afrika ein Deutscher, der mit dem Afrikaner gern sprechen wollte. So fragte er ihn also, ob ihm denn das Essen gefalle: "Ham ham gutt?" Der Gast nickte. Nach einem Glas Wein fragte der Deutsche: Gluck "gluck gluck auch gutt? Wieder nickte der schwarze Mann, der eine afrikanische Kopfbedeckung trug. Der wurde dann gebeten, ein paar Worte über die Entwicklungshilfe sprechen. Er stand auf und bedankte sich für die Hilfe in erstklassigem Deutsch. Er setzte sich und wandte er sich an seinen Nachbarn und fragte: "Bla bla gutt?"
Das Friedensbündnis Braunschweig und das Friedenszentrum laden ein zum Antikriegstag am Dienstag, dem 01. September auf dem Platz der Deutschen Einheit. Von 16.00 h bis 19.00 h wird es Stände geben, die Informationen zu friedenspolitischen Themenanbieten und für das leibliche Wohl sorgen, wie Braunschweig Kaffee und Braunschweig Schokolade.
Am Sonntag, den 06. September ab 15 Uhr bietet der interreligiöse Verein Abrahams Kinder e.V. allen Großen und Kleinen eine etwas andere
Erkundungstour der Löwenstadt an. Diesmal geht es um religionsspezifisch architektonische Umsetzungen von Sakralbauten in den abrahamischen
Religionen Christentum, Judentum und Islam. Gerade in bewegten aber auch interkulturellen Zeiten wie diesen spiegelt sich der Integrationsgedanke
nicht nur in der Neugestaltung bestehender Gotteshäuser wider, sondern bereichert und verändert mit neuen religiösen Bauten das Stadtbild. Und
natürlich gibt es architektonische Besonderheiten der jeweiligen Religionsstätten, die zur Ausübungen bestimmter Riten und Handlungen dienen.
Weiterlesen: Abrahams Kinder mobil - ein interreligiöser Stadtrundgang am 6. Sept. 15
Sehr geehrte Braunschweiger,
ich habe aufgrund ihrer Informationen und der beigefügten Bilder einen kleinen Beitrag zur neuen Geschichte zwischen Braunschweig und Roselies geschrieben und soeben auf unserer Webseite veröffentlicht:
http://deredactie.be/cm/vrtnieuws.deutsch/I.WK/1.2423673
Ich freue mich sehr über die Entwicklung, die sich da gerade zwischen ihnen und Roselies ergibt.
Wie heißt es sich im Abspann des Films "Casablanca" so schön?
"Ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft..."
Ich würde mir wünschen, dass dies zwischen Braunschweig, Roselies und Rouen auch wirklich geschieht.
Viele Grüße aus Brüssel,
Andreas Kockartz
Redakteur flanderninfo.be
Warum nehmen wir nun aber an der diesjährigen Gedenkfeier teil?
Die Antwort auf diese Frage hat viel mit dem 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges im vergangenen Jahr zu tun. Dieser Jahrestag hat in Deutschland zu einem bis dahin unbekannten allgemeinen Interesse an dieser Epoche geführt. Eine Vielzahl von Büchern, Ausstellungen und Dokumentationen beschäftigten sich auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene mit dem „Großen Krieg“.
Dies kam einer Neuentdeckung gleich, denn die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg war - was bei der deutschen Geschichte leicht nachzuvollziehen ist – überlagert durch das Erinnern an die Zeit des Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Phase der deutschen Teilung.
Mit diesem neu erwachten Interesse am Ersten Weltkrieg wurde man in Braunschweig auf den Namen Roselies aufmerksam. In Braunschweig ist nämlich eine Straße (und ein Kindergarten) nach Ihrem Ort benannt. Dieser Straßenname soll die Erinnerung an eine Kaserne wachhalten, die zwischen 1938, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs von den Nationalsozialisten gebaut wurde und in Erinnerung an die Kämpfe vom 22. und 23. August 1914 nach Roselies benannt war. Seit 2003 gibt es auch diese Kaserne nicht mehr, aber der Name Ihrer Gemeinde ist geblieben.
Allerdings war der historische Hintergrund für die Benennung mit diesem wohlklingenden, eher an eine Rose als an einen Krieg, eher an ein junges Mädchen denn an Tote erinnernden Namen vollkommen in Vergessenheit geraten.
Ein Braunschweiger Bürger hat öffentlich die Frage nach den historischen Zusammenhängen zwischen „Roselies und den damaligen Kriegsgeschehnissen gestellt.“ Die Geschehnisse in und um Roselies im August 1914 und die Beteiligung braunschweigischer Truppen wurden in der regionalen Presse und auch in unserem Stadtparlament diskutiert und es wurde der Wunsch ausgesprochen, Kontakt zu Ihnen aufzunehmen. Dies ist also der Moment, dass eine Delegation aus Braunschweig zu Ihnen kommt, um gemeinsam mit Ihnen zu gedenken.
Roselies und viele andere Orte hier in dieser wunderschönen, fast lieblichen Landschaft wurden von den Schrecken des Krieges heimgesucht, Häuser wurden zerstört, zahlreiche Soldaten und nicht wenige Zivilisten mussten ihr Leben lassen. Insbesondere das Leiden der belgischen Zivilbevölkerung macht uns dabei noch heute sehr betroffen.
In Braunschweig besteht nun der Wunsch, die Gegenwart des Namens Roselies in unserer Stadt und die dadurch bestehende Verbindung zum Ausgangspunkt für die Entwicklung einer gemeinsamen Form des Erinnerns und Gedenkens zu nutzen
www.presse-service.de/cache/user/11191677-20191992/medien/153040P.pdf
BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum (links) und BIBS-Fraktionsvorsitzender Dr. Dr. Wolfgang Büchs (Mitte) vor dem Denkmal "Monument aux Morts" in Roselies
Pressemitteilung vom 24.08.2015
An diesem Wochenende, dem 22. und 23. August 2015, sind Vertreter der Bürgerinitiative Braunschweig (BIBS) zum 101-jährigen Gedenken nach Roselies an die Sambre gereist, um der dort von Braunschweiger Truppen zu Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 getöteten Zivilisten mit zu gedenken. Dabei wurden Kontakte mit Historikern aus der Region und Nordfrankreich (Rouen) geknüpft. Schon im letzten Jahr hatte Vertreter der BIBS privat an den Gedenkfeiern teilgenommen.
Erstmals nahmen dieses Jahr auch offiziell Vertreterinnen der Stadt Braunschweig an den Gedenkfeiern teil. Dies zusammen mit Vertretern der geschichtsträchtigen französischen Stadt Rouen, deren 74er Regiment in der Schlacht von Roselies gegen das braunschweigische 92er Regiment kämpfte. Braunschweiger Soldaten hatten in Roselies am 22. August 1914 auch Zivilisten hingerichtet. In einer bewegenden Rede betonte Bürger-meisterin Annegret Ihbe, dass die Stadt Braunschweig die schmerzlichen Erinnerungen mit Roselies teilen möchte. Auf belgischer und französischer Seite fand das Aufmerksamkeit und Anerkennung. Ein Vertreter der Stadt Rouen regte an, dass man die Beziehung zwischen Roselies, Braunschweig und Rouen doch festigen und vertiefen möge.
Braunschweig ist damit die erste Stadt Niedersachsens, die den Mut hat, sich zur Vergangenheit ihrer Regimenter im August 1914 in Belgien zu be-kennen, um freundschaftliche Beziehungen über diese Erinnerungspart-nerschaft aufzubauen. Roselies und Rouen sei dafür gedankt.
Die Gedenkfeiern in und um die Gemeinde Roselies mit braunschweiger Beteiligung waren würdevoll und geprägt von Respekt. Erstmals war eine offizielle Delegation der Stadt Braunschweig dabei und eine kleine Delegation BIBS.
Als deutsche Truppen im August 1914 Belgien überfielen, war auch das 92. Infanterieregiment aus Braunschweig dabei. Im Laufe der Kriegshandlungen wurden Dörfer wie Roselies niedergebrannt, hunderte Zivilisten willkürlich getötet, also Massaker ausgeübt. Und in Braunschweig wurde 1939 eine Kaserne nach Roselies genannt. Diese Kaserne ist vor wenigen Jahren abgerissen worden, und ein Stadtteil sowie eine Straße darf sich dieses freundlichen Namens "Roselies" erfreuen. Die verbrecherischen Hintergründe gerieten in Vergessenheit.