Liebe Leser und Leserinnen des b-s! Der b-s hat ab 1. Mai 2019 unter braunschweig-spiegel.de einen neuen Auftritt. Unter archiv.braunschweig-spiegel.de erreichen Sie den b-s von 2008 bis April-2019 in seiner letztmaligen Form, incl. funktionsfähiger interner Beitragslinks, als historisches Dokument.

Die Suchfunktion der Archivfassung ist NICHT mehr aktiv. Sie finden die Beiträge der Jahre 2005 bis 2019 jedoch über https://www.braunschweig-spiegel.de
Die Menüstruktur der Archiv-Fassung ging dabei jedoch komplett verloren.

Die Veränderungen die in der Amtszeit von Ex-OB Dr. Gert Hoffmann stattfanden (https://de.wikipedia.org/wiki/Gert_Hoffmann#Oberb%C3%BCrgermeister_in_Braunschweig) sind hier dokumentiert. Hierunter fallen umstrittene Privatisierungen, Flughafenausbau, Schlossparkvernichtung, und Errichtung von ECE-Schlossarkaden ...

Chronologisch beginnt der b-s hier: http://archiv.braunschweig-spiegel.de/index.php/diese-zeitung-seit-2005


Der ewige Streit: Wildkräuter in der Stadt

Löwenzahn im Rinnstein

Die Bekämpfung von Wildkräutern im Stadtgebiet ist seit etwa 30 Jahren umstritten. Oft sind es ästhetische Ansprüche und Reinlichkeitsvorstellungen, die die Kommunen veranlassen, zu Hacke, Pflanzengift oder Gasflamme greifen zu lassen, um die Wildkräuter abzutöten. Der offizielle Grund, der oft genannt wird, ist jedoch die "Verkehrssicherungspflicht".

Trotzdem: Eine bundesweite Untersuchung aus dem Jahre 1985 ergab, dass von 125 Kommunen aller Größen 74 ein Herbizidverbot erlassen hatten. Grund dafür war eine massive Umweltdiskussion in der Bevölkerung, die Erkenntnis, dass hier Pflanzengifte angewandt werden, die mit der Produktion von Nahrungspflanzen nichts zu tun haben - also nur aus ästhetischen Gründen und das Auffinden von Herbizidwirkstoffen in Oberflächengewässern. In Fachkreisen wurde zusätzlich diskutiert, ob die Bekämpfung überhaupt mit dem gesetzlich vorgeschriebenen "Integrierten Pflanzenschutz" vereinbar sei.

In Braunschweig wurde das über etwa zehn Jahre gültige Herbizidausbringungsverbot durch die CDU und FDP mit der Stimme des OB Dr. Hoffmann wieder aufgehoben. Inzwischen wird die Problematik wieder diskutiert. Ursache dafür ist der ins Gerede gekommene Wirkstoff Glyphosat, der fast ausschließlich noch verwendet und in Oberflächengewässern gefunden wird.

Im September 2011 fand in Braunschweig zu der kommunalen Wildkrautproblematik oder "Vegetationskontrolle auf Wegen und Plätzen" (so der Fachbegriff) eine gut besuchte Veranstaltung statt. In 20 Vorträgen wurde über den aktuellen rechtlichen, wissenschaftlichen und technischen Stand berichtet. So zum Beispiel auch über Maßnahmen zum Risikomanagement glyphosathaltiger Herbizide. Eine Sektion der Veranstaltung widmete sich den Erfahrungsberichten zur Vegetationskontrolle in den Städten Berlin, Köln, Kleve und Münster, das seit 20 Jahren völlig auf die Anwendung von Herbiziden verzichtet.

Das Themenheft "Unkräuter auf Wegen und Plätzen" ist im "Journal für Kulturpflanzen" des Julius Kühn-Instituts, Messeweg 11/12 erschienen. Band 64, 6/2012. Hier das Inhaltsverzeichnis des Heftes.

Und übrigens: Pflanzen - auch die in der Stadt - lassen sich auch noch ganz anders betrachten - nämlich als Lebewesen und dadurch mit Respekt.

Auszug aus dem in Kürze erscheinenden Buch "Agrarethik - Landwirtschaft mit Zukunft":

"Pflanzen sind die Lebewesen, die es uns Menschen und den Tieren ermöglichen auf dieser Welt zu leben. Sie sind Lebewesen, denen nicht nur die Genesis folgerichtig ihren Platz zugeordnet hat, sondern auch die Naturwissenschaften über die Erkenntnisse zur Photosynthese, der Pflanzenentwicklung und über die Kreisläufe des Lebens.

Pflanzen sind als einzige höhere Lebewesen fähig, aus Kohlendioxyd und Wasser mit Hilfe der Energie des Sonnenlichts energiereichen Zucker zu bilden und diesen als Stärke einzulagern. Damit ermöglichen sie anderen Kreaturen ihr Leben. Pflanzen leben in sparsamen Stoff- und Energiekreisläufen, in denen kein Abfall entsteht. Vielmehr entstehen Stoffe, die in die Kreisläufe des Lebens eingebunden werden. Wollten wir Menschen diese Leistung bewerten, wäre das Wort Respekt wohl zu niedrig gegriffen. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob es überhaupt einer Leistung bedarf, um den „Wert“ eines Lebewesens zu ermessen. Begründet das SEIN des Lebewesens nicht schon hinreichend den zu erbietenden Respekt?  Und wie kommt oder kann dieser Respekt zum Ausdruck gebracht werden, sofern er erboten wird?"

Hinweise

Die Schweiz hat in einer Volksabstimmung vom Mai 1992 beschlossen, den Passus über die Würde der Kreatur in die Bundesverfassung aufzunehmen. Kein anderes Land der Welt kennt eine solche Verfassungsnorm.

Die Würde der Kreatur bei Pflanzen. Die moralische Berücksichtigung um ihrer selbst willen. Herausgeberin: Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH), 2008, 22

 Die Biologin Florianne Koechlin meint zur Würde von Pflanzen, dass jedes Lebewesen, dem man Würde zugesteht, einen Wert an sich hat, losgelöst von menschlichen Interessen oder einem Zweck. Neben Menschen haben auch Tiere und Pflanzen einen Eigenwert deren Nutzung rechtfertigungspflichtig ist.

Interview mit Florianne Koechlin. Pflanzenethik. Die geschundene Kreatur. www.zeit.de/2006/07/N-Pflanzenethik 30.09.2011

Additional information

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.