Fake words
- Samstag, 30. Juni 2018 10:45
- Ingeborg Gerlach
Dass man die Bedeutung von Begriffen völlig in ihr Gegenteil verkehren kann, wissen wir seit den Hartz IV-Reformen. Versprach zu Willy Brandts Zeiten eine „Reform“ noch eine Verbesserung für die Lebensumstände der Betroffenen, so haben mittlerweile die Arbeitslosen und Aufstocker den Begriff als „Fake word“ einzustufen gelernt.
Als nächster Begriff kam „retten“ an die Reihe. Seitdem Griechenland durch allzu großzügige EU-Kredite in Rückzahlungsschwierigkeiten geriet und von der Troika durch teure Kredite „gerettet“ werden musste , wissen auch die griechischen Arbeitslosen, Kranken und Rentner, was es mit diesem Wort auf sich hat. „Gerettet“ wurden die Kredite der europäischen (auch deutschen) Banken“. Reformen“ (in Form von Privatisierungen) bekamen die Griechen auch zu spüren, und jetzt gehört der Hafen von Piräus den Chinesen und die Flughäfen des Landes der Lufthansa.
Neuerdings ist Griechenland „gerettet“! So ging es letzte Woche durch die Medien. Es bekommt eine letzte Kredittranche und darf dann unterm „Rettungsschirm“ hervorkriechen. Nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit, weiter abgesenkte Renten und eine ganze Generation von gut ausgebildeten jungen Leuten, die auswandert, sind die Spur der Verwüstung.
Als neues „Fake word“ ist „ANKER“ an der Reihe. Ein Anker verspricht festen Grund nach langer Fahrt über das schwankende Meer. Er suggeriert Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Welcher Politikberater das schöne Wort „Ankerzentrum“ erfunden hat, ist nicht überliefert, aber er müsste für das „Unwort des Jahres“ ausgezeichnet werden, wenn das noch gäbe. Seehofer baut seinen „Masterplan“ darauf auf: „ANKUNFT /ENTSCHEIDUNG/RÜCKFÜHRUNG“ In gefängnisähnlichen Lager soll 1000 oder 1500 Flüchtlinge untergebracht werden, möglichst noch außerhalb von Europa. Dann wird kurzer Prozess gemacht, und man schickt sie „zurück in die Wüste“ – im wahrsten Sinne des Sprichwortes.
Und wenn doch noch eine Hilfsorganisation auf die Idee kommt, hilflos auf dem Wasser treibende Flüchtlinge auf ganz altmodische Weise „retten“ zu wollen, dann muss sie mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.