„Green New Deal“ – ein Ausweg aus der Krise? Zwischen Illusion und Wirklichkeit

Bei der Veranstaltung am 21.06.2012 im Haus der Wissenschaft hielten Sven Giegold (MdEP der Grünen) und Dr. Bernd Röttger (Politik- und Sozialwissenschaftler) Vorträge zum oben genannten Thema, anschließend gab es eine Diskussion. Die Moderation übernahm Annette Bartsch (Gruppe „Wissen und Kritik“).

Ankündigung und zu den Personen: "Green New Deal" - ein Ausweg aus der Krise? Zwischen Illusion und Wirklichkeit

Die Veranstaltung wurde auf vier Videos aufgezeichnet, die hier abrufbar sind:


(1) www.youtube.com/watch?v=AKARlSOQrYM&feature=relmfu
(2) www.youtube.com/watch?v=7bqPYPFf8cQ&feature=relmfu
(3) www.youtube.com/watch?v=bIcaE8mIR7c&feature=relmfu
(4) www.youtube.com/watch?v=SzFTj6h00gA&feature=relmfu

Annette Bartsch: Es droht ein Kollaps der internationalen Finanzen, es gibt Krisen der Gerechtigkeit und der Politik. Viele Fragen und Ratlosigkeit, wir stoßen an die Grenzen des Wachstums. Fragen wir dazu einen Anhänger und einen Kritiker des Konzeptes „Green New Deal“.


Sven Giegold (Anhänger des „Green New Deal“): Zur Zeit beobachten wir eine Zerstörung der natürlichen Schöpfung, ein Aufgehen der sozialen Schere, der Abstand zwischen Arm und Reich wird immer größer. Die Ungleichheit zwischen den Staaten in der Welt wächst, aber auch die Ungleichheit innerhalb der Staaten. Dies schadet dem Zusammenhalt der Gesellschaft. Wir sehen einen Verlust von Steuerungsfähigkeit und es besteht eine Instabilität des Wirtschaftssystems. Die Instrumente des Nationalstaates reichen zu einer Lösung der Probleme nicht mehr aus. Das Finanzsystem ist zunehmend parasitär. Die Eurokrise hat ihre eigenen Probleme, es gibt aber auch viele Interaktionen mit dem allgemeinen Finanzproblem. Der Vorrang der Ökonomie gegenüber der Politik und das globale Freisetzen der Finanzsysteme führte zu einer Dominanz der Finanzwirtschaft. Eine Kontrolle der Finanzsysteme ist national nicht mehr möglich.

Wir müssen fragen, welche Maßnahmen am erfolgversprechendsten sind? Keiner hat eine Antwort, die richtig ist. Sozialistische Wirtschaftspolitik ist nicht so erfolgreich, neoliberale schon gar nicht, welche Strategien sind nötig?

Meine Antwort ist das Konzept„ Green New Deal“, das die Grünen aktuell ebenfalls offiziell übernommen haben. Zur Zeit besteht eine enorme Akkumulation (Ansammlung, Konzentration) des Finanzkapitals, das anders als bisher eingesetzt werden muss. Wir müssen eine Serie von Maßnahmen ergreifen, um dies zu erreichen, z.B. müssen wir überlegen, was wir produzieren wollen. Außerdem brauchen wir eine höhere Energieeffizienz, ein neues Mobilitätsmodell, 100% Erneuerbare Energien und bessere soziale Dienstleistungen und wir müssen die ökologischen Grenzen beachten. Die Investitionen müssen nach ökologischen Regeln erfolgen und wir brauchen bestimmte Anreize, damit das ökonomisch rentabel geht, Sektor für Sektor.

Wer soll das bezahlen? Nach dem „Green New Deal“ sollen die sinnvollen Maßnahmen größtenteils aus öffentlichen Geldern bezahlt werden, was eine Steuererhöhung notwendig macht und wir brauchen Mindeststeuersätze. Zur Zeit werden für die EU Steuerausfälle in der Größenordnung von 1000 Mrd € pro Jahr beschrieben !

Zur Durchsetzung unseres Konzepts ist eine Änderung unseres Lebensstils notwendig, denn wir fliegen unökologischerweise weiter in Massen in den Urlaub, essen Fleisch, gebrauchen Atomstrom usw. Das erfordert viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit und es stellt sich die Frage, welche Änderungen in der Gesellschaft wann durchzusetzen sind. Wir können versuchen, die Dinge mit unserer Wahlentscheidung zu beeinflussen, indem wir die nach unserer Ansicht richtigen Parteien wählen und Wir können die Unternehmen, die Gewerkschaften, die Konsumenten, die Kirchen und die NGOs im Sinne des „Green New Deal“ beeinflussen und umorganisieren, am liebsten natürlich global, aber beginnen müssen wir lokal.

Zusammenfassend:

Investitionspush in ökonomisch ökologische Produkte und in den sozialen Bereich:

  • mit ordnungspolitischen Richtlinien
  • mit privaten und öffentlichen Mitteln
  • Refinanzierung durch eine effektive Besteuerung, Vermögenssteuer, Transaktionssteuer, Erbschaftssteuer, Austrocknung der „Steueroasen“.
  • Voraussetzung: politische Mehrheiten für einen veränderten Lebensstil - fairer Handel

Eine Koalition des Wandels organisieren!


Es ist leicht, „Green New Deal“ zu kritisieren, Bernd Röttger, hast Du ein „stärkeres Pferd“ ?


Dr. Bernd Röttger (Kritiker des „Great New Deal“): Ich glaube, ich habe kein Pferd, ich sehe das gesamtwirtschaftlich und habe einen historischen Ansatz. Die „multiplen Krisen“ überlagern sich, alte werden nicht gelöst. Nehmen wir den Start mit der Immobilienmarktkrise: 2009 ist sie bei den Banken angekommen, wurde zur Staatsschuldenkrise, damit Krise des Euro. Es gibt eine ökologische Krise, eine Krise der Welternährung, die Einzelkrisen verschärfen sich gegenseitig. („multiple Krise“ ist Begriffsmüll.) Es gab die großen Krisen der 30er Jahre, da wurden alle Keynesianer, und der 70er, die als Folge den Neoliberalismus hatte.

Wir unterscheiden eine ökonomische, eine soziale und eine politische Krise. Die Lösung einer Krise verschärft die anderen Krisen. Wir haben eine Krise des Kapitalismus.

Die Krise der 70er Jahre war eine Krise der Profitabilität des Kapitalismus (der Gewinn sank zu stark). Lösung war eine Konversion(Umwandlung), ein Umbau zu einem exportorientierten Modell. Heute haben wir eine Krise der Kapitalakkumulation(Ansammlung und Konzentration von Kapital) und es wird eine restaurative Politik betrieben(die Politik versucht, den Zustand vor der Krise wiederherzustellen). Damit gibt es keine Möglichkeit einer Erneuerung. Die herrschende Macht ist an keiner systemüberwindenden Lösung interessiert. Sie führt nur korrigierende Maßnahmen durch. Dies führt wiederum zu einer Verlängerung der Krise. Zur Lösung der Probleme muss die Kontroll- und Handlungsfähigkeit wiedergewonnen werden.

Während der Krise wurde von Seiten der Politik versucht, die Profitabilität wiederherzustellen, damit ging eine Schwächung der Gewerkschaften einher und eine gigantische Umverteilung von unten nach oben. Es findet sich aber kein neuer „Weltstaubsauger“ nach dem Beispiel der Verschuldungsökonomie der USA, die so lange funktionierte. Es geht darum, erstens die Umverteilung umzudrehen und zweitens eine Binnenzentrierung vom Globalen zum Lokalen zurück zu erreichen. Es besteht eine Tendenz zur Restauration(Wiederherstellung des alten Zustands). Frau Merkel sagte, der Zustand vor der Krise müsse wiederhergestellt werden. Dazu sagte Gramsci „die einfachen Bevölkerungsschichten sind träge, sie haben keinen Apparat, der sie bei der Durchsetzung ihrer Interessen unterstützt, die führenden Klassen reagieren wegen bezahlter Spezialisten schneller. Eine Krise birgt Elemente der Lösung, aber wer herrscht, hat die Macht, die Lösung zu stoppen und damit die Krise zu verlängern, aber nicht, sie zu überwinden.“

„Green New Deal“ ist ein altes Konzept, in dem versucht wurde, bündnispolitisch die „neuen Mittelschichten“ mit der Linken zu verbinden. Dazu wurden pragmatische „Cross over“- Kongresse abgehalten Heute gibt es ein UN-Programm mit einer abgespeckten Variante, in der eine Verschiebung weg vom Konzept eines Bündnisses, stattdessen mit einem Clustermanagement mit Unternehmen an der Spitze favorisiert wird. Es besteht die Gefahr, wieder das Exportmodell Deutschland zu beschwören und damit weiter das strukturelle Problem der Asymmetrie der Weltwirtschaft zu behalten.



Diskussion:

Giegold stellt fest, dass beide nicht sehr weit auseinander liegen.

Beide konstatieren eine systemische Krise des Kapitalismus.

Giegold setzt auf Investitionslenkungen durch Förderprogramme. Er will keine Vergesellschaftung, weil es schneller gehen muss, setzt auf Ökonomie, braucht Partner für den Umbau. „Wir können nicht warten, bis die Menschen ein anderes Bewusstsein haben.“

Röttger sieht die Gefahr einer technokratischen Lösung. Es geht um die Frage der Kontrollrechte. Demokratie am Arbeitsplatz bedeutet nicht nur, Einfluss zu nehmen, was produziert wird, sondern auch, wie wir produzieren wollen.


Nach der Nakba-Ausstellung

Die Ausstellung über die Nakba, die Vertreibung der Palästinenser in den Jahren 1947/48, ist zu Ende gegangen. Die Ausstellung war das Werk von Engagierten, deren wesentlicher Impuls darin lag, diese Urkatastrophe des Palästinensischen Volkes ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Seine Bedeutung erlangt dieses Ereignis der Vergangenheit dadurch, dass sich hier die Gründungsmythen der Palästinenser und der Israelis überkreuzen. Die ungeklärte Vergangenheit vergiftet noch immer die Gegenwart, und es steht zu befürchten, dass sie auch noch die Zukunft vergiften wird. (Einen Teil davon bekamen auch die Braunschweiger Veranstalter zu spüren, da ihnen gesellschaftliche Gruppierungen entgegentraten, die jede ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt als „Antisemitismus“ heftig, wenn auch zum Glück nur verbal, bekämpften.)

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Symposium Fritz Bauer: Mut und Risikobereitschaft - Eckpfeiler einer demokratischen Gesellschaft

Fritz Bauer und sein Beitrag im Remer-Prozess 1952

Zum Symposium über den Remer-Prozess im Institut für braunschweigische Regionalgeschichte

Generalstaatsanwalt Norbert Wolf (Foto) begrüßte die Teilnehmer und führte kurz in das Thema ein. Anschließend sprach Herr Henkel von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ein kurzes Grußwort und wies darauf hin, dass das Durchschnittsalter der Anwesenden doch relativ hoch sei. Vielleicht könnte durch die kommende Ausstellung auch die jüngere Generation stärker eingebunden werden.




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79 Jahre Riesebergmorde – Gedenkveranstaltungen am 4. Juli

Vor 79 Jahren, am 4. Juli 1933 wurden in Rieseberg zehn Gewerkschafter und ein Student von den Nationalsozialisten ermordet. Aus diesem Anlass laden der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaften in der Region Südostniedersachsen am  Mittwoch  zu Gedenkveranstaltungen ein.

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Fracking-Resolution im Bezirksrat Lehndorf-Watenbüttel gescheitert

- Pressemitteilung 28.6.2012 -

Wie in vielen anderen kommunal politischen Gremien rund um Braunschweig, stand auf der Bezirksratssitzung am 27.6. eine Resolution gegen Fracking auf Wunsch der Grünen auf der Tagessordnung. Dass die CDU im Bezirksrat diesen Tagesordnungspunkt nicht haben wollte, und deshalb die Absetzung beantragte, war ihr gutes demokratisches Recht. Der Antrag wurde von allen anderen Fraktionen mit Mehrheit abgelehnt und hätte demnach behandelt werden müssen. Es geschah jedoch Erstaunliches. CDU-Bezirksratsmitglied Karl Grziwa erklärte seinen verblüfften Bezirksratskolleginnen und Kollegen er sei nicht bereit, weiter an der Bezirksratssitzung teilzunehmen, wenn der Tagesordnungspunkt Fracking nicht abgesetzt würde.

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Mehr als 25.000 Menschen fordern: Stoppt die Vorbereitungen für die Flutung der Asse!

Presse-Erklärung zur Übergabe von mehr als 25.000 Unterschriften an Umweltminister Altmaier  am 28.6.2012


"Atom-Alarm" - Fässer-rollen zum Umweltministerium


Mit mehr als 25.000 Unterschriften hat der Asse II-Koordinationskreis heute in Berlin seine Forderung unterstrichen, den Atommüll im Bergwerk Asse II (Kreis Wolfenbüttel) keinesfalls zu fluten. Damit hat er auch die Bundesregierung an ihr Versprechen von 2009 erinnert, das marode Salzbergwerk, in das nie Atommüll hätte eingelagert werden dürfen, zügig zu räumen.

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Das war nur eine PR-Veranstaltung....

Zum Bericht aus dem Rat, BZ vom 21.6.2012 ein Leserbrief von Sigrid Probst:

Nun ist es auf den Tisch gekommen. Gut 10.000 Euro aus dem Stadthaushalt für eine PR Wahlveranstaltung zur Kommunalwahl im letzten Herbst. Bezahlt wurde aus der Kasse der Stadthallen GmbH. Es ging um einen weit vorgezogenen Spatenstich für den Stadionumbau.

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Bericht und Eindrücke von der ersten Podiumsdiskussion der Nakba-Ausstellung am 11.6.2012 in der Brunsviga

Podium mit Pfarrer Eckehard Binder, Dr. Ute Lampe, Michael Kleber und Prof. Rolf Verleger

Auf dem Podium diskutierten Eckhard Binder  (evangelischer Gemeindepfarrer), Michael Kleber (DGB-Vorsitzender von Südostniedersachsen) und Prof. Rolf Verleger (Psychologe jüdischen Glaubens). Die Moderation übernahm Frau Dr. Ute Lampe (Ökologin).

Hier die Notizen von Helmut Käß  und im Anschluss die Eindrücke von Ingeborg Gerlach zur Veranstaltung:

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Ratssitzung am 19. Juni 2012

Vorgestern fand wieder eine Ratssitzung statt. Sie können sie auf den direkt mitgeschriebenen Protokolle der BIBS und der Piraten nachlesen.

"Green New Deal - Ein Ausweg aus der Krise? Zwischen Illusion und Wirklichkeit"

Der Grüne Europaabgeordnete und Attac-Mitbegründer Sven Giegold   kommt erneut nach Braunschweig, wo er schon einige Male (u. a. im Europawahlkampf 2009) mit großer Publikumsresonanz aufgetreten ist. In der TU-Reihe "Zukunftsfragen - kontrovers" (siehe PDF) diskutiert er am

21. Juni 2012 (Donnerstag) ab 18.30 Uhr im Haus der Wissenschaft (Pockelsstraße 11)

mit dem Politik- und Sozialwissenschaftler Dr. Bernd Röttger über das spannende Thema "Green New Deal - Ein Ausweg aus der Krise? Zwischen Illusion und Wirklichkeit". Moderiert wird die genannte Veranstaltung von Annette Bartsch.

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