Schröder-Buch II:
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 26. Oktober 2006 02:00
- Geschrieben von Prof. Dr. Hans-Joachim Selenz
Die Frage, wie Gerhard Schröder Kanzler wurde, ist weitaus spannender als die, was er als Kanzler machte und bewirkte. Wer weiß schon, wie er überhaupt ins Amt kam? Der Sage nach stand er bereits in jungen Jahren am Rhein. Der spröde Beton des Kanzleramtes zog die SPD-Hoffnung gleichsam magisch an. Beherzt rüttelte er an den Eisenstäben. Dabei rief er - der Sage nach: „Ich will da rein!“ Neben „Hol mir ma` `ne Flasche Bier“ der wohl bedeutendste Spruch des Altkanzlers dereinst für die Geschichtsbücher. Ende der Sage. Denn das Wunder, üblich an den Gestaden von Vater Rhein, blieb aus. Der Zaun öffnete sich nicht. Gerhard blieb draußen, musste warten. Er kämpfte sich auf andere Weise rein. Wie? Dieser Kampf war mindestens so wundersam wie manches „reale“ Wunder. Denn seine Genossen vom Rhein, die seinen Ruf vernommen hatten, wollten genau das verhindern. Mit durchaus unfeinen Mitteln. Und das kam so:
Wir schreiben die Jahreswende 1997/98. Just zu dieser Zeit will Gerhard Kanzlerkandidat der SPD werden. Ein großer Sieg in Niedersachsen muss her. Der soll ihn aufs Schild seiner Partei heben. Die Parteifreunde vom Rhein indes schmieden andere Pläne. Sie stellen ihm eine Falle. Mitten im Wahlkampf an der Leine verkaufen sie seine Stahlwerke am Mittellandkanal an die Voest. Die Voest sitzt an der Donau. Das ist im Ausland. Es ist der 8. Januar 1998. Die Wahl soll schon am 1. März 1998 sein. Gerhard stand nun ganz schön dumm da. Jede Menge Stimmen hätte das gekostet. Er hatte laut getönt, die Stahlwerke würden nicht verkauft. Nur über seine Leiche! Doch er wollte überleben. Und ins Kanzleramt wollte er auch. Jetzt war guter Rat teuer.
Verkauft hatte das Stahlwerk ein gewisser Friedel Neuber, Chef der West LB. Friedel war der beste Freund von Johannes Rau. Johannes war Chef am Rhein. Johannes hatte seinen Freund Friedel gebeten, Gerhards Stahlwerke zu verkaufen. Er wollte lieber Oskar Lafontaine als Kanzler. Der STERN titelte frech: „Intrigantenstadl.“ Oskar hatte ihm - angeblich - versprochen, ihn ins Schloss Bellevue zu bringen. Da wohnt der Bundespräsident. Gerhard konnte sich das damals - noch - nicht vorstellen. Friedel hatte Johannes öfter mal fliegen lassen. Im Jet mit dem Nummernschild D-CLAN. D steht für Deutschland und was CLAN bedeutet, steht im Wörterbuch. Dabei ging es mitunter lustig zu. Man sprach von „Luftnummern“. Die Flüge waren entsprechend teuer. Den SPIEGEL 7/2000 erinnerte „auch das an Mafia“. Um die Abrechnungen der Flüge von Johannes kümmerte sich sein Büro. Bezahlt hat die Flüge dann der Friedel. Die Rechnungen der beiden Freunde waren außerordentlich seltsam. Im Klartext: Ungesetzlich. Doch weder Finanzamt noch Staatsanwaltschaft interessierten sich dafür. Friedel hatte zudem Verträge gebrochen und Bilanzen gefälscht. Aus ehemaligem Staatsvermögen machte er auf diese Weise - oh Wunder - „operative Gewinne“. Es ging um runde 2,5 Mrd. DM. Das wusste Gerhard.
Am 9. Januar 1998 fuhr Gerhard nach Düsseldorf. Dort besuchte er Friedel und dessen Hiwi, Michael Frenzel. Gerhard ließ beide tief in die Zahlen schauen. Er gehe davon aus, sagte Gerhard final, alles laufe nach gültigem Recht ab.... Andernfalls müsse man intensiv nachschauen...* Friedel verstand und gab dem Gerhard die Stahlwerke, die er tags zuvor ins Ausland verkauft hatte. Zum Sonderpreis - versteht sich. Mit den Stahlwerken gewann Gerhard nicht nur die Wahl in Niedersachsen. Am 27. September 1998 öffneten sie ihm auch das Tor zum Kanzleramt. Das Wunder wurde Wirklichkeit. Nunmehr drin, entschied sich Neukanzler Gerhard, die gefälschten Bilanzen ganz einfach zu vergessen und nicht intensiv nachzuschauen.... Man darf gespannt sein, ob Gerhard diese „Entscheidungen“ in seinen gleichnamigen Memoiren gebührend erwähnt. So konnten Friedel und Michael weitere Milliarden ehemaligen Staatsvermögens verbrennen, Zehntausende Mitarbeiter bei Preussag/TUI und Babcock Borsig AG um ihre Arbeitsplätze bringen und einen riesigen Schuldenberg aufbauen. Wie es der Zufall will, steht Hiwi Michael aktuell mal wieder für Geld an - öffentliches Geld (FAZ 22. 10. 2006: „Außen hui, innen TUI“).
*„Wildwest auf der Chefetage“ Schröders Kampf um Salzgitter und die Kanzlerschaft
**Titel mit freundlicher Genehmigung des SPIEGEL-Verlages Buch&media ISBN 3-86520-140-7
Peine, den 25. Oktober 2006 gez: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz
Siehe auch Schröder-Buch I