"Finanzielle Bürgernähe": Vorsitzender der Kieler Piratenfraktion zahlt Abgeordnetenbezüge in Höhe von über 20 Tausend Euro zurück
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 17. Januar 2013 10:52
- Geschrieben von PM Dr. Patrick Breyer
Der Vorsitzende der Piratenfraktion im schleswig-holsteinischen Landtag Patrick Breyer hat Abgeordnetenbezüge in Höhe von 22 893 Euro an das Land zurücküberwiesen. Es handelt sich um die seit seiner Wahl gezahlte 72-prozentige Gehaltszulage für Fraktionsvorsitzende. Seinen außergewöhnlichen Schritt erklärt der Abgeordnete der Piratenpartei so:
,,Wiederholte Erhöhungen der Fraktions-, Partei- und Abgeordnetenfinanzierung in intransparenten Schnellverfahren haben bei den Bürgern den traurigen Eindruck hinterlassen, Politiker seien vor allem auf ihren eigenen Vorteil bedacht und nicht auf das Wohl der Bürger.
Viele Menschen haben sich vor der Landtagswahl mir gegenüber besorgt gezeigt, wenn die PIRATEN erst einmal im Parlament seien, würden auch sie 'wie alle anderen in die Staatskasse greifen'. Dass ich als einziger Fraktionsvorsitzender im Land freiwillig auf hohe Zulagen und auch auf einen persönlichen 'Chefwagen' mit 'Chefwagenfahrer' im Wert von 50.000 Euro pro Jahr verzichte, ist ein klares Zeichen an die Bürger, dass auf uns PIRATEN Verlass ist und wir PIRATEN unserem Anspruch 'Klarmachen zum Ändern' im Parlament auch tatsächlich gerecht werden. Wir lassen uns nicht von dem System einwickeln, das wir reformieren wollen!
Für mich ist es ein Gebot sozialer Gerechtigkeit, dass ich als finanziell ohnehin privilegierter Abgeordneter in Zeiten der Schuldenkrise den Rotstift zuallererst bei mir selbst ansetze. Das Geld, das wir Schleswig-Holsteiner alleine an Zinsen für den Schuldenberg der früheren Landesregierungen aller Couleur aufbringen müssen, fehlt für die unterfinanzierte Betreuung, Bildung und Zukunft unserer Kinder. Bei Polizei und Justiz müssen Stellen gestrichen werden, Landesbedienstete verdienen immer weniger und Verbraucherberatungsstellen droht die Schließung. Insgesamt ist für mich klar: Die Schleswig-Holsteiner brauchen diese Mittel dringender als ich, dieses Geld steht ihnen zu. Deswegen werde ich die Rückzahlung der Zulage auch bis auf weiteres fortsetzen.
Bürgernähe bedeutet für mich in finanzieller Hinsicht, nicht so viel verdienen zu wollen wie drei Schleswig-Holsteiner zusammen. Einkommensmäßig extrem privilegierte Abgeordnete verlieren die finanzielle Situation der Bürger, deren Interessen sie vertreten sollen, allzu leicht aus den Augen. Dass Fraktionsvorsitzende in Schleswig-Holstein aufgrund ihrer Gehaltszulage ähnlich viel verdienen wie ein Ministerpräsident, ist in meinen Augen vermessen. Im Parlament muss wieder gelten: Gleiches Geld für gleiche Volksvertreter. Die Extra-Diäten müssen weg. Alle Abgeordnete gleich zu bezahlen, verhindert, dass sich Abgeordnete allein aus finanziellen Gründen an Posten klammern und es dadurch zu einer personellen Verkrustung in Parlamenten kommt, in denen frischer Wind und personelle Erneuerung dringend Not täte."
Hintergrund:
Auf die monatliche Abgeordnetendiät von rund 7.300 Euro brutto erhalten die fünf Fraktionsvorsitzenden im schleswig-holsteinischen Landtag eine 72-prozentige Zulage und verdienen so etwa 12.500 Euro brutto monatlich. Nur 1% aller Steuerzahler in Deutschland haben ein so hohes Einkommen. Insgesamt zahlt das hochverschuldete Land Schleswig-Holstein jährlich über eine halbe Million Euro Zulagen an die elf Fraktionsvorsitzenden und parlamentarischen Geschäftsführer im Landtag.
Unter Ministerpräsident Albig sind die Bezüge der Regierungsmitglieder um insgesamt 75.000 Euro jährlich gekürzt worden. ,,Man kann nicht von seinen Mitarbeitern in den nächsten Jahren viel verlangen und selber gar nichts beitragen", erklärte Albig. Weil die Landtagsabgeordneten der etablierten Parteien demgegenüber nicht einmal zur Abschaffung der bereits vor Jahren für verfassungswidrig erklärten Extra-Diäten für parlamentarische Geschäftsführer bereit sind, sind die PIRATEN im Oktober 2012 vor das Landesverfassungsgericht gezogen.
Schon zuvor haben sich die PIRATEN im schleswig-holsteinischen Landtag als einzige Fraktion zusammen mit dem Landesrechnungshof gegen die drastische Erhöhung der Fraktionsmittelsätze um 33% pro Abgeordnetem gewandt und auch als einzige Fraktion gegen die im September ohne Aussprache beschlossene automatische jährliche Diätenerhöhung gestimmt. Ferner veröffentlichen allein die PIRATEN die Nebeneinkünfte aller ihrer Abgeordneten betragsgenau im Internet.
Nach einer Umfrage im Auftrag der EU-Kommission bereitet die hohe Staatsverschuldung den Deutschen aktuell die größten Sorgen (34%) und liegt damit weit vor anderen Problemen wie Renten (15%) oder Kriminalität (12%). Schleswig-Holstein weist die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung unter allen deutschen Flächenländern auf. Die PIRATEN fordern immer wieder, dass die Politik bei Ausgabenkürzungen (,,Schuldenbremse") mit gutem Beispiel voran gehen muss, statt für die Bürger Wasser zu predigen und sich selbst Wein einzuschenken.
Kurzer Kommentar von Lord Schadt:
Ein vorbildhaftes Verhalten, das ich mir auch von Braunschweiger Politikern wünsche, die die "Schuldenbremse" zu ihrem Hauptanliegen erklärt haben ...