Der Jemen wird zerbombt und der Iran bedroht - mit deutschen Waffen für Saudi-Arabien
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 27. September 2018 11:53
- Geschrieben von Andreas Matthies
„Deutschland muss Verantwortung übernehmen“! Durch Waffenlieferungen für den Jemenkrieg?
„Wir können doch nicht nur zusehen, wir müssen Verantwortung übernehmen“, das ist die Begründung der Bundesregierung für alle möglichen unpopulären Entscheidungen in Sachen Außenpolitik. Inzwischen wirkt das schon ziemlich monoton, wie ein Modewort, das sich immer stärker abnutzt. Andererseits ist es doch recht geschickt, denn den Kritikern wird so unterstellt, sie drückten sich vor der Verantwortung, sie seien nur zu bequem, sich für das moralisch Hochstehende einzusetzen und abzurackern. Der Begriff der Verant-wortung enthält also hier immer schon den Vorwurf der Verantwortungslosigkeit, was den Kritiker schachmatt setzen soll (und auch kann, wenn er nicht aufpasst).
Was wäre verantwortliches Handeln angesichts des blutigen Jemenkrieges?
Unter Führung Saudi-Arabiens führt eine Koalition von sieben arabischen und zwei afrikanischen Staaten einen grausamen Krieg im Jemen. Millionen von Menschen sind vertrieben; die große Mehrheit ist auf Lebensmittellieferungen angewiesen, die aber nur noch spärlich durchkommen; das Gesundheitswesen ist fast völlig zusammengebrochen. Eine Gruppe von Experten der UNO beschuldigte die Koalition erst vergangene Woche, schwerwiegende Kriegsverbrechen begangen zu haben. Anfang August etwa nahm eine saudische Bombe 40 jemenitischen Kindern das Leben, am 23. August tötete ein weiterer Luftschlag 27 Zivilisten, die meisten davon Kinder. Amnesty International spricht nüchtern von „enormen Schäden, die der jemenitischen Zivilbevölkerung zugefügt“ werden.
Was erwarten wir von unserer Regierung, wenn sie sich verantwortlich verhalten will?
Sie müsste erstens immer wieder diesen Krieg zum öffentlichen Thema machen und die schlimmen Folgen nach Kräften anprangern. Sie müsste zweitens alle Staaten, die den Konflikt durch Waffenlieferungen noch befeuern, öffentlich kritisieren, und zwar „ohne Ansehen der (staatlichen) Person“; wenn es sich also um verbündeten NATO-Staaten wie die USA, Großbritannien, Frankreich, Spanien und andere handelt, die bereits Waffen im Wert von Milliarden geliefert haben, dann gilt es diese hart zu kritisieren, und dies auch im NATO-Bündnis selber. Drittens müsste unsere Regierung alle Hebel in Bewegung setzen, um mit anderen Staaten zusammen nach einer friedlichen Lösung des Konflikts zu suchen.
Die Bundesregierung tut nichts von alledem.
Was aber tut unsere Regierung tatsächlich? Selber Waffen liefern!
Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Bundesregierung gerade Waffenexporte an Saudi-Arabien, an Jordanien und an Ägypten genehmigt hat, an drei Staaten also, die am grausamen Krieg im Jemen beteiligt sind. Nach dem Motto „Was kümmert mich mein Koalitionsgeschwätz von gestern“ setzt sie sich dabei sogar über die gerade mal ein halbes Jahr alte Vereinbarung hinweg, keine Waffen an Staaten zu liefern, die am Jemenkrieg beteiligt sind. 48 Gefechtsköpfe, 91 Zielsuchköpfe, 385 tragbare Panzerabwehrwaffen und Einiges mehr soll nun geliefert werden. Und dies zu einem Zeitpunkt, wo sogar Spanien den schon vereinbarten Verkauf von 400 lasergesteuerten Laserbomben an Saudi-Arabien storniert hat. 10,6 Millionen Dollar, die Saudi-Arabien angezahlt hat, sollen zurückerstattet werden.
Wer sitzt im Bundessicherheitsrat?
Wirtschaftsminister Altmaier teilt mit, dass der Bundessicherheitsrat die Genehmigungen erteilt hat. Ihm gehören neben der Kanzlerin acht Minister an, darunter die Minister Scholz, Maas und Barley von der SPD. Wenn sie gewollt hätten, wäre es ein Leichtes gewesen, den Beschluss unter Verweis auf die Koalitionsvereinbarung zu verhindern. Das haben sie offenbar nicht getan. Frau Nahles als Fraktionsvorsitzende auch nicht. Weder Partei noch Fraktion machen sich gegen den Beschluss stark. Vielmehr ist es auffällig ruhig. Gleiches gilt für die CDU-Seite. Natürlich war auch die Verteidigungsministerin am Beschluss beteiligt, übrigens auch Minister Müller vom BMZ.
Offenbar werden hier ganz andere Ziele verfolgt, als Verantwortung für das Schicksal eines schwer leidenden Volkes zu zeigen.
„Wir müssen Verantwortung übernehmen“ – man sollte diesen Satz künftig als Alarmsignal nehmen, genauer hinzuschauen, welche Ziele die Regierung oder einzelne Politiker im konkreten Fall wirklich verfolgen.