Bericht aus Bumsdorf II - Damentoiletten hinter Schlossfassaden
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- Veröffentlicht: Dienstag, 24. Juli 2007 02:00
- Geschrieben von Axel Klingenberg
Ich bin einer der ganz ganz harten Kerle.
Auch wenn viele Menschen das wohl anders sehen dürften und mich eher der Kategorie der Fußbadnehmer und Milchtrinker zuordnen dürften. So ganz unzutreffend ist das ja auch nicht, auch wenn ich eher Whirlpools als Fußbäder mag und Milch nur als Färbemittel für Kaffee akzeptiere. Aber es stimmt: ich wasche in meiner Familie die Wäsche (immer), mache den Einkauf (meistens) und bereite die Mahlzeiten zu (die man manchmal sogar essen kann).
Ja, ich bin ein moderner Mann und dazu stehe ich auch. Das ist auch gar kein Problem für mich. Nee, echt nicht. Nur...
Den Aufgabenbereich des Windelwechselns, den würde ich schon ganz gerne abgeben. Ich meine jetzt vollständig. Und lieber heute als morgen. Leider geht das nicht immer.
Besonders wenn ich mit unserem Sohn alleine unterwegs bin, komme ich nicht umhin, ihn im Zweifelsfalle auch mal zu wickeln.
Zuhause ist das relativ einfach, denn dort haben wir einen Wickeltisch im Badezimmer. Wenn ich jedoch z.B. in der City bin (beim Shoppen oder was wir Hausfrauen und -männer mit unserer übermäßig vorhandenen Freizeit eben so anfangen), muss ich auf die hier vorhandene Infrastruktur zurückgreifen. Und die ist nicht immer die beste.
Beispiel gefällig? Bitte sehr:
Endlich hat meine kleine Heimatstadt wieder eine Öffentliche Bücherei. Diese ist nämlich einige Wochen lang geschlossen gewesen, weil sie umgezogen und mit anderen medialen Ausleihinstitutionen zusammengelegt worden ist.
Jetzt ist sie ganz neu und wenn man das „Schloss“ genannte Gebäude betritt, in dem sie sich befindet, riecht es auch so. Die Bücherei ist an sich ganz hübsch, für meinen Geschmack hätte sie allerdings auch eine Nummer kleiner und weniger feudal sein dürfen, aber ich will nicht meckern...
Mein Sohn ist auch ganz begeistert, auch wenn ihn mehr die überlebensgroßen Kuscheltiere begeistern, als die Bilderbücher, die ich mich bemühe, mit ihm anzuschauen.
Beim Rausgehen bemerke ich ihn dann, den Geruch gegessenen Essens. Aber das ist kein Problem, denn an der Ausleihtheke teilt man mir mit, in welchem Stockwerk der Wickeltisch zu finden ist. Die Dame vergisst nur, mir zu sagen, dass sich dieser auf der Damentoilette befindet – und zwar nur dort.
Ich entschließe mich trotzdem, ihn zu benutzen und die Weibsleute, die ich dort treffe, haben auch viel Verständnis für meine Situation – und doch fühle ich mich etwas unwohl dabei, so in den sanitären (um nicht zu sagen: intimen) Bereich der Frauenwelt einzudringen.
Als ich das Personal auf diesen Umstand hinweise, wird eifrig genickt und mir mitgeteilt, dass seit der Eröffnung jeden Tag ein Mann vorbeikäme und sich beschwere. „Das Problem“ sei ihnen „bisher nicht bekannt gewesen“. Sie versprechen aber Abhilfe und Nachbesserung.
Und das ist vielleicht ein ganz schönes Beispiel dafür, was für ein Weltbild das Braunschweiger Schloss verkörpert: Als Männer noch Reserveoffiziere waren und Frauen noch Mütter, haben die Herren der Schöpfung eben noch keine Windeln gewechselt.
Bei allem oben beschriebenen Widerwillen – in so einer Welt möchte ich dann doch nicht leben.
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