Antikriegstag 2011 auf dem Kohlmarkt
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- Veröffentlicht: Samstag, 03. September 2011 17:28
- Geschrieben von Uwe Meier
Den Antikriegstag auf dem Kohlmarkt jährlich gemeinsam zu begehen, ist das Anliegen zahlreicher Friedensgruppen, Parteien, Initiativen und Organisationen. Die Veranstalter, das Braunschweiger Bündnis für den Frieden und das Friedenszentrum Braunschweig rufen jährlich zu dem Antikriegstag auf und laden zu vielfältigen Aktionen ein. » video auf youtube
Afghanistan – » Rede am Antikriegstag 2011
Das berühmte Gemälde "Guernica" von Pablo Picasso war Vorlage für zahlreiche Aktivitäten von Hobbykünstlern.
Für das Braunschweiger Friedenszentrum als Mitorganisator ist der Antikriegstag nur ein Datum unter vielen Aktivitäten.
"Cuba Si" hatte wie jedes Jahr einen Stand, auch um für Produkte aus Kuba zu werben. Die Dame im Vordergrund in Blau-Gelb hält demonstrativ eine Visitenkarte vom Braunschweig-Spiegel.
Der Antikriegstag stand natürlich auch im Zeichen des Kommunalwahlkampfes. Es waren daher auch die Parteien mit ihren Ständen vertreten.
Alle Parteien? Nein, nicht alle! Die CDU fehlte. Die sich christlich nennende Partei führt ihren Wahlkampf mit gezielt irreleitenden, industriegesponserten Briefen, die amtlichen Charakter vertäuschen sollen und inzwischen moralische Grenzen überschreiten. Im Zeitalter der neoliberalen Machtübernahme und des Demokratieabbaus sind die "Christlichen" voll dabei.
Die BIBS durfte auf dem Kohlmarkt nicht fehlen. Hat sie doch jeden Sonnabend ihren Stand am Kohlmarkt, quasi "Platzrecht".
Eingebettet zwischen DKP und "Die Linke" hatte die FDP ihren Stand. Sie hatte keine Berührungsängste und mit Prof. Klages lohnt es sich ohnehin immer zu reden. Leider wird er aus dem Rat ausscheiden, ist er doch immer erfrischend überraschend in seinen Ansichten. Andere sagen unberechenbar. Vielleicht strahlte vom FDP-Stand etwas Liberalismus auf die Nachbarstände und von den Nachbarständen etwas soziale Verantwortung auf die FDP rüber.
Udo Sommerfeld und seine Frau Gisela Ohnsorge verteilten gelb-rote Äpfel in selbstgebastelten Körbchen. Das Farbenspiel der Äpfel war rein zufällig, ohne jegliche Spekulation und damit Zumutung.
Ein Teil der grünen "Standbesetzer" war ausgeflogen.
Man fand sie fröhlich am SPD-Stand. Christoph Bratmann im Hintergrund ist neuer Unterbezirksvorsitzender der SPD. Viele Hoffnungen verbinden sich mit diesem Sympathieträger.
Die Piraten sind neu im Braunschweiger Politgeschäft. Diesmal wollen sie es wissen und erwarten den Einzug in den Stadtrat.
Zum Antikriegstag ein hoffnungsfrohes Bild. Na ja, wer weiß was kommt.
Afghanistan – Rede am Antikriegstag 2011
Am 7. Oktober jährt sich zum zehnten Mal der Beginn des Krieges am Hindukusch. Damals startete die US-Regierung ihre Luftangriffe auf Afghanistan, unterstützt durch die Internationale Koalition gegen den Terror. Das Ziel war Osama bin Laden zu fassen.
Die verheerende Kriegsbilanz: 70.000 tote Afghanen, die Wirtschaft liegt am Boden, Menschen- und Frauenrechte, die später als Grund für den Angriff genannt wurden, sind Makulatur.
Jede Aufstockung des Militärs in den letzten Jahren wurde damit begründet, den Krieg schneller beenden zu können. Tatsächlich hat der Krieg sich dadurch verlängert und jedes Jahr mehr Todesopfer gekostet und zu mehr Zerstörung geführt. Nach Angaben der UN hat das erste Halbjahr 2011 die größten Opferzahlen unter Zivilisten in Afghanistan ergeben. Das heißt, dass durch die Ausweitungen der Kriegshandlungen, durch den Einsatz der Drohnen und durch individuelle Terroranschläge in diesem Jahr mehr Menschen getötet wurden, als in jedem Jahr zuvor seit Beginn des Krieges.
Morgen am 4. September jährt sich auch der zweite Jahrestag des Kundus-Massakers. Auf Befehl des deutschen Oberst Klein wurden Raketen auf 2 von den Taliban entführte Tanklastwagen abgefeuert. Trotzdem dem Offizier durchgegeben wurde, dass sich Menschen in der unmittelbaren Nähe der Tanklastwagen befänden, gab er den Befehl zur Bombardierung. Bei dem Bombardement und der Explosion starben mehr als 140 Menschen, darunter Kinder und Jugendliche. Die hohe Zahl an getöteten Menschen war sowohl in der Geschichte der Bundeswehr und als auch durch andere Kräfte der ISAF (International Security Assistance Force) die größte Zahl an Opfern, die bisher bei einem Angriff bekannt wurde. Dieses Massaker bildet einen traurigen Höhepunkt der Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Afghanistan. Es hat zudem zu einen extremen Vertrauensverlust unter der Zivilbevölkerung geführt, nicht nur was den militärischen Anteil betrifft. Die Hinterbliebenen kämpfen weiterhin für eine Entschädigung um den Verlust ihrer Angehörigen. Wobei allen klar ist, dass es nur um eine symbolische Entschädigung geht.
53 deutsche Soldaten mussten bisher ihr Leben in Afghanistan lassen. Angesichts der Zahl an Opfern und Mangels der Ziele auf Seiten der westlichen Kriegsparteien wird weiter am Kriegseinsatz festgehalten, auch mit der Begründung, dass „die Soldaten nicht umsonst gestorben sein dürfen“. Diese Begründung schockiert mich zutiefst und ist menschenverachtend.
Die Bundeswehr schützt und stützt eine mafiöse Regierung. Wichtige Ministerien der Karzai-Regierung sind unter regionalen Warlords und der Drogenmafia aufgeteilt. Der einzige blühende Wirtschaftszweig ist der Opiumhandel. Dieser Apparat wird von unseren Steuergeldern am Leben gehalten.
Während die deutsche Regierung gezwungener Maßen in Tunesien und Ägypten wahrnehmen musste, dass es eine Zivilgesellschaft gibt, die ernsthaft an dem Aufbau von demokratischen Strukturen in ihren Ländern arbeitet und die deutsche Regierung mittlerweile auch ihre Unterstützung zugesichert hat, so ignoriert sie mit Beharrlichkeit die außerparlamentarische Opposition in Afghanistan. Blicken wir zurück auf das Jahr 2009, so wissen wir, dass Präsident Karsai nur durch Wahlfälschungen im Amt geblieben ist und die Bevölkerung ihn mehrheitlich nicht gewählt hat. Karsai hat damals die UN und seine westlichen Partner vorgeführt. Allerdings darf die Frage erlaubt sein, ob seine Ignoranz nicht letztendlich den Interessen seiner westlichen Partner gedient hat?
Aber nicht nur Karsai hat der Glaubwürdigkeit und der Integrität der UN einen großen Schaden zugefügt. Die NATO und die westlichen Kriegsparteien haben durch den Krieg in Afghanistan und in Libyen der UN und dem Völkerrecht schwer geschadet. Durch wiederholten Bruch von UN-Mandaten und Ignoranz des Völkerrechts werden doppelte Standards geschaffen.
NATO-Hubschrauber fliegen von Afghanistan aus Ziele auf pakistanischem Grenzgebiet an, verletzten die Souveränität des Staates Pakistan und erhöhen die Spannungen in diesem Gebiet. Die gezielten Tötungen durch unbemannte Drohnen verstoßen gegen internationales Recht. Diese Tötungen sind Mord.
Einen Höhepunkt der Selbstjustiz stellt die Ermordung von Osama bin Laden in Pakistan dar. Osama bin Laden ist ein Verbrecher gewesen. Er hat zum Terror gegen einzelne Staaten und Zivilisten aufgerufen und bekannte sich zu zahllosen Anschlägen. Dafür hätte er sich vor dem internationalen Gerichtshof verantworten müssen. Doch das wussten die USA zu verhindern, indem sie ihn vorzeitig lynchten.
Das internationale Recht wird durch die kriegführende NATO ausgehebelt. In diesem Militärbündnis formuliert man seine eigenen Gesetze und die Konflikte werden militärisch gelöst. Die Diplomatie bleibt auf der Strecke.
Die Diplomatie ist jedoch unsere stärkste Waffe zur Verhinderung von Kriegen. Das Völkerrecht ist eine Norm, die auf internationaler Ebene Regeln festsetzt im Umgang miteinander und den einzelnen Ländern und auch uns Sicherheit schafft. Deshalb ist es wichtig für die Einhaltung der internationalen Normen und das Völkerrecht zu kämpfen. Durch Einhaltung dieser Normen werden Kriege verhindert und Konflikte friedlich gelöst.
Auch der Krieg in Afghanistan ist nur diplomatisch zu befrieden und in einem friedlichen Prozess zu lösen. Deshalb fordern wir:
- die Beendigung aller Kriegshandlungen in Afghanistan, d.h. ein sofortiger Waffenstillstand,
- den Abzug der Bundeswehr und internationaler Truppen aus Afghanistan,
- die Offenlegung bisher geheim geführten Gespräche zwischen den USA und den Taliban,
- die Beteiligung der Zivilgesellschaft an einem Friedensprozess.
Am 5. Dezember 2011 wollen sich die am Afghanistan-Krieg beteiligten NATO-Regierungen mit Vertretern des Karzai-Regimes zur „Petersberg II – Konferenz“ in Bonn treffen.
Die Friedensbewegung ruft in diesem Zusammenhang zu einem Aktionsherbst für die Beendigung des Afghanistankriegs auf. Friedens- und Antikriegsorganisationen planen für den 3. Dezember in Bonn eine bundesweite Großdemonstration gegen den Krieg. Für den Dezember ist zudem eine internationale Gegenkonferenz in Vorbereitung. »Der Gewöhnung an Krieg und Gewalt« soll entgegen gewirkt werden. Im Fokus stehen auch Kriegsverbrechen der westlichen Koalitionäre und die Unmöglichkeit »humanitärer« Kriegseinsätze.
Ute Lampe
Friedensbündnis Braunschweig