Stadtgespräche - "Wie sehen wir Braunschweig 2035?"
- Mittwoch, 09. Juni 2010 02:00
- Sigrid Probst
Durch das breit angelegte Themenspektrum konnten viele Fragestellungen nur schlaglichtartig gestreift werden. Einige Kernaussagen regen aber durchaus zum Nachdenken an und werden nachfolgend in der Art eines Kurzprotokolls wiedergegeben:
Frau Prof. Gabriele Kiefer, Landschaftsarchitektin aus Berlin, die auch einige Jahre in Braunschweig lebte, findet z.B. die kleinen Plätze Braunschweigs "unsensibel" ausgestaltet. Sie meint aber auch: "Das östliche Ringgebiet war schon vor 15 Jahren besonders schön."
Herr Martin Hansen, Filmemacher aus Amsterdam, der in Braunschweig an der HBK studiert hat und ebenfalls seinerzeit im östlichen Ringgebiet wohnte, ist entsetzt über das Ausmaß des "Schlosses" in der Innenstadt und meint schlicht: "Für mich ist das ein Lacher. Die ganze Innenstadt ist nur noch für den Konsum gedacht." Außerhalb des Ringes ginge es für ihn entspannter zu.
Herr Walter Ackers, Stadtplaner und Prof. aus Braunschweig, möchte die Stadt sozial "brauchbar" machen. Es gäbe keine Flucht- und Schutzräume im Verkehr z.B. am Bohlweg.
Herr Klaus Hornung, Stadtplanungsamt Braunschweig, kann spannende Entwicklungen in Braunschweig in den letzten 10 Jahren entdecken. Zum Thema Stadthäuser am Beispiel Buchlergelände meint er: "Es braucht keine Eile."
Frau Kiefer bemerkt, dass sich die Stadt einem schlecht erschließe, sie sei eine Insider-Stadt: "Die Stadt macht es einem schwer, es braucht Zeit."
Prof. Ackers meint, daß Hannover nach dem Krieg ordentlich aufgeräumt habe. Zum Thema "öffentlicher Raum" stellt er fest, dass das Tangentensystem alles zerlegt habe. Bürgersteige seien "sozialer Wurzelraum"; dennoch sei hier permanent beschleunigt worden.
Herr Hansen gibt den Tipp: "Sucht die Schleichwege, es gab doch früher Tweten, die sind wunderbar. Mit dem Fahrrad ist man in Amsterdam viel schneller."
Herr Ackers spricht sich für den Erhalt des Rathaus-Neubaues aus, denn man müsse nicht jeder Zeit nachrennen. (Er erinnerte daran, dass er für den „Schlossbau“ gestimmt habe, und dadurch sehr viel Ärger bekommen habe.)
Frau Kiefer spricht von einer "Schnuckeligkeit" im Bezug auf Braunschweig. Herr Hornung meint, vorhandene Grundrissstrukturen müssten erhalten bleiben, wie z.B. am Wallring.
Prof. Ackers: "Es gab hier 5 Städte ... Marketing ist immer was Vorübergehendes ... Es braucht Widerstand gegen immer neue Ladenzeilen."
Herr Hornung meint, man hätte sich früher immer an Peine und Königslutter orientiert. Nun gäbe es eine neue Identifizierung: das "Schloss"! Lautes Gelächter im Publikum.
"Das östliche Ringgebiet hat kaum Luft zum Atmen" stellt Herr Prof. Ackers fest. "Der Parkraum wird gebraucht. Im Jahr 2035 wird es andere Autos geben. Die Fahrbahnen müssen schmaler werden."
Eine der sich anschließenden Zuhörerfragen bezieht sich auf "Stadtvillen", also auf die stark verdichtete Bauweise. Dazu Herr Hornung: "Heißt das, wir sollen nichts mehr verändern?"
Und weiter: "Wo sind sie gewesen, als die alten Platanen (am Ritterbrunnen) auch noch umgehauen wurden?" Das "Schloss" sei eine Mogelpackung.
Die Frage der Notwendigkeit des Umbaus des Kennedyplatzes wird auch von Zuhörerseite thematisiert: "Der Kennedy Platz hat sich bewährt, selten ist dort Stau." Prof. Ackers meint dazu, dass es zum Stau kommen soll; über eine autofreie Siedlung sei nie diskutiert worden. In diesem Zusammenhang fällt dann auch endlich einmal mal das Wort "schadstofffreie" Stadt: "Wenn man in Amsterdam einen Parkplatz findet, zahlt man 5 Euro pro Stunde" (Hansen).
Zum Thema Weststadt wird geantwortet, daß es sich dort besser lebe als immer behauptet wird.
Es wäre gut, die BürgerInnen bei der Stadtplanung mehr einzubeziehen, fordert ein anderer Zuhörer.
Ein Fazit Prof. Ackers: "Kurze Wege, statt lange Entfernung."
Eine andere Äußerung aus dem Publikum: "Braunschweig ist extrem bürgerlich und politisch dominiert."
Die nächsten "Stadtgespräche" finden am 14. Juni zum Thema "Wie wollen wir wohnen?" und am 21. Juni zum Thema "Liebe Deine Stadt" um 19.00 Uhr im Kino Universum statt.