Hoffmanns Bilanz: Das Phantom von der Oker
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 27. März 2014 20:09
- Geschrieben von Peter Rosenbaum
Was für ein Abgang nach 13jähriger Herrschaft im Braunschweiger Rathaus. In der Region manövrierte er sich bis zuletzt mit Äußerungen ins Abseits, er habe nur einen Fehler gemacht, er habe Wolfsburg zu groß werden lassen.
Wenigstens bei den Finanzen soll es nun das Größte sein, wofür ihn nicht nur alle anderen Städte, sondern sogar viele Firmen beneiden würden. Daraus wird nun nichts:
"Konsolidierte Bilanz" nicht unterschrieben
Einfachste Nachfragen im Verwaltungsausschuss der Stadt am 25.3.2014 zum Charakter von Vermögenswerten des ganz neu vereinnahmten Abwasserverbandes (AVB) von immerhin rd. 268 Mio. € führten zu Ausflüchten und betretenem Schweigen; das würde dann irgendwann schriftlich beantwortet und überhaupt stünden die Gremienberatungen ja erst Ende des Jahres an. Auf die Ungeprüftheit des vorgelegten Zahlenwerkes zog man sich verwaltungsseitig zurück, alles sei nur ein vorläufiger Entwurf.
Drei Tage zuvor, auf der eigens einberufenen Pressekonferenz, klang das noch ganz anders. Ein schönes Bild habe er zu seinem Abschied da abgeliefert, lobte der scheidende Oberbürgermeister Hoffmann sich gegenüber der Presse selbst.
Mobilisierung letzter Reserven
Bekanntlich aber ist der schöne Schein nicht immer auch das ungeschminkte Sein:
- Abwasserverband Braunschweig: so ist in der für den "Gesamt-Konzern Stadt" vorgelegten Bilanz 2012 erstmals der Abwasserverband Braunschweig AVB einbezogen (wegen seinerzeitiger kredit-ähnlicher Verpflichtungen aus der Abwasserprivatisierung).
Damit soll sich der städtische Gesamtabschluß um sage und schreibe 193 Millionen € verbessern; aber Vorsicht - wie nun aus der Verwaltung selbst eingeräumt - das Zahlenwerk ist mitnichten offiziell geprüft, so dass die Hinterfragung eines kreditähnlichen Geschäftes zwischen AVB und Stadt von immerhin 178 Millionen € noch nicht abschließend bewertet wurde.
- Wohnungswerte der Nibelungen Wohnbau GmbH verdoppelt: Die städtische Nibelungen Wohnungsgesellschaft wurde mit einem Federstrich um 159 Millionen wertvoller gemacht, das städtische Klinikum um 19 Mio.€ und selbst die städt. Volkshochschule ist plötzlich rd. 1 Mio.€ reicher.
Übrigens: noch in den Jhren 2004 bis 2007 wurden zusammen rund 1.000 Wohnungen en bloc an eine private Wohnungsgesellschaft zum Gesamtpreis von nur rd. 20 Millionen € verkauft - also für nur 20 Tausend € pro Wohnung! Nun erst erkennt man im Rathaus das verkannte Juwel.
Basis Reinvermögen stagniert
Das Sich-Reich-Rechnen ändert aber nichts daran, dass die Stadt in den vergangenen Jahren fast das gesamte rentierliche Vermögen verscherbelt hat und die daraus eingenommenen rd. 750 Mio.€ unwiderbringlich ausgegeben und damit für die Stadt verloren sind.
Ablesbar ist dies bei einer bereinigten Vermögensbetrachtung:
So hatte die Stadt noch im Jahre 2001 (also vor Hoffmann) ein Reinvermögen von rd. 800 Mio.€.
Jetzt weist man im Gesamtkonzern-Abschluß für 2012 491 Millionen € als Reinvermögen aus! Und dieses Reinvermögen besteht noch zu rd. 328 Mio. € aus sog. Infrastrukturvermögen - also Straßen, Plätze und Stadt-/Straßenbäumen... ja, wir lesen richtig, selbst die Stadt-Bäume tragen mit 25 Millionen € zum Vermögen bei.
Aus einer gut aufgestellten Stadt mit eigener Daseinsvorsorge, Bädern, Stadtwerken und solider Wohnungsgesellschaft wurde unter der Privatisierungspolitik rd. 1 Milliarde € herausgepresst und für fragwürdige Prestigeprojekte vergeudet.
Die vorgelegte Hoffmannsche Gesamtbilanz kann das bei genauem Hinsehen nicht verdecken. Das dürfte dann auch der Grund sein, weshalb dieses Papier (vorsorglich?) von ihm nicht einmal unterschrieben wurde.
Hoffmanns Bilanz ist damit eine Mischung aus großmäuliger Arroganz und Fälschung.
Braunschweiger Zeitung schwer beeindruckt
Während die nb in ihrer Sonntags-Ausgabe vom 23.03.14 über die Bilanz-Super-Show etwas vorsichtiger im Konjunktiv berichtete, machte sich Herr Noske von der Braunschweiger Zeitung - schon fast wie zu alten, berüchtigten Hofberichts-Zeiten - die Fabelzahlen völlig unkritisch zu eigen.
Ist die "Operation Haushalt" gelungen?
Verfestigt sich nun die Legende vom Super-Haushälter Hoffmann als Glücksfall für Braunschweig?
Jetzt auf eine Taktik "Wegducken und Aussitzen" zu setzen, wäre hilflos und gefährlich.
Stattdessen müssen die Manipulationen und Verfälschungen in den vorgelegten Zahlenwerken schonungslos herausgestellt und das Ausmaß der Vergeudung städtischen Vermögens der vergangenen Jahre von Schlossfassade über Otto-Jahr, Hochzeit einer Kaiser-Tochter bis hin zu Privatisierungskosten und Millionen-schweren Beraterhonoraren aufgelistet werden. Erst so wird das eine Gesamtbilanz der Privatisierungspolitik.