Tierhaltung in Massen - Wer trägt die Verantwortung? Teil 3
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- Veröffentlicht: Montag, 07. November 2011 11:55
- Geschrieben von Uwe Meier
Der Verbraucher - das zahnlose Wesen
Die Skandale der Lebensmittelindustrie, die der Fleischindustrie und die der Massentierhaltung und die Konsequenzen daraus zeigen es deutlich: Im Grunde ändert sich auf der Verbraucherseite nichts, obwohl er informiert ist oder zumindest sein könnte, so er denn wollte. Im Gegenteil, die Ställe und Schlachthöfe werden größer, es wird weiter illegal gehandelt (z. b. Antibiotikaanwendung als Standardmaßnahme, Schnäbel- und Krallenkürzungen usw.). Für Justiz und Politik sind das eher bußgeldbewehrte Kollateralschäden. Agrarlobbyisten werden Minister oder sitzen als Beamte in den Ministerien und der Verbraucher freut sich über das wöchentlich in den Zeitungsbeilagen angebotene Billigfleisch. Das kann natürlich nur in den Massenanlagen produziert werden. Die in den Medien gelegentlich verbreiteten Umwelt- und Menschenrechtsprobleme beim Anbau von gentechnisch verändertem Futtersoja in Südamerika für unsere Nutztiere interessieren schon gar nicht, denn diese Probleme sind weit weg.
Die Empörung durch Skandale ist zunächst bei den Verbrauchern und der Polik groß. Kommissionen werden eingerichtet, unnachsichtige Kontrollen versprochen. Bei BSE wurde jedoch die Landwirtschaft und die Fleischindustrie "sehr aktiv". Sie richtete das System "Qualität und Sicherheit" (Q-S) ein. Alles wird gut, so die Signale. Nicht der Umgang mit Tieren war jedoch das Problem, sondern der Absatzeinbruch über 30 %. Den galt es mit den Offizialreaktionen gemeinsam mit Handel und Agrarindustrie zu bekämpfen. Und das gelang dann ja auch hervorragend.
Eine besondere Rolle spielen die Empörten, die sich persönlich getroffen fühlen. Doch die sind bereits " eingepreist" in den Skandal, denn die haben keine Macht und können daher ohnehin nichts ändern. Aber auf jeden Fall fühlt man sich als Empörte/r auf der richtigen Seite, der moralischen, der guten. Diese Selbstbefriedigung der Empörten, denen es oft reicht empört zu sein, ohne darüber hinaus zu selbstständigen Aktivitäten zu gelangen oder sich in einem Verband zu engagieren, sind mit eine Ursache des Verbraucherversagens bei den Skandalen. Viele haben nicht erkannt, dass es gilt über die Verbände Macht in die Hand zu bekommen. Macht sowohl auf der Straße als auch in der Politik. Die persönliche Betroffenheit und gelegentlich ein Leserbrief, über den man sich freut, dass er abgedruckt wurde, ist belanglos, weil machtlos. Aber vielleicht reicht es den Empörten gute Gefühle, ob des Aufschreis zu haben. Man hat ja was getan und ist ein guter Mensch!
In Deutschland gibt es etwa sechs Millionen Vegetarier. Davon sind 5000 im Vegetarierbund Mitglied. Was wären die Vegetarier für eine Verbrauchermacht, wenn sie sich im Vegetarierbund engagieren würden. Dass sie das nicht sind, weist doch entweder auf geringes politische Bewusstsein oder Egozentrismus hin. Vielleicht reicht den Millionen Vegetariern das Empörtsein ohne organisierte Verantwortung. Unzählige Organisationen gibt es, in den sich Empörte (und auch nicht Empörte) engagieren können. Wenn es um Hunger, ungerechte Landverteilung, landgrabbing, Urwald und "Gensoja" geht z. B. bei FIAN. Wenn es um Massentierhaltung und Nahrungsmittel geht bei Foodwatch. Und natürlich bei Slow Food, einer Organisation, die gegen Massentierhaltung ist und die auf Fleischreduktion bei der Ernährung setzt.
Ohne Stärkung und Engagement in diesen und anderen Organisationen wird es keine Verbraucherlobby geben, die mit Macht etwas durchsetzen kann. Empörung reicht nicht, und schon gar nicht anonym in den Chats.