Asse und Krebs - Menetekel oder Zufall
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- Veröffentlicht: Samstag, 27. November 2010 19:56
- Geschrieben von Uwe Meier
Wenige Wochen ist es her, daß die Atom-Kanzlerin Frau Merkel (CDU) in einer Nacht- und Nebel-Aktion den Atomkonsens aufkündigte. Die vier Atomkonzerne diktierten ihr, wie sie sich Atompolitik vorstellen, und so geschah es dann auch. Der Rest war ein parlamentarisches Durchpeitschen in Verbindung mit einem großen Werbefeldzug, in dem der Bevölkerung verkauft werden sollte, dass Öko-Strom nur über Atomstrom zu haben sei. Die Lüge in der Atompolitik wird fortgeführt. Das kennt man. Wissenschaft, Politik und Wirtschaft haben bei der Asse über Jahrzehnte gelogen. Das Atommüll-Abkippen mußte nur als Forschung deklariert werden, und schon ging die Unverantwortlichkeit ihren Gang. Natürlich ist niemand verantwortlich! Es besteht nicht der geringste Anlass zu glauben, daß sich die seit 40 Jahren gewohnheitsmäßige Lügerei und Verantwortungslosigkeit geändert hat.
Die Reaktionen der Politik sind wie üblich. Verlangt und verlautbart wird: Rückhaltlose Aufklärung; der Sache auf den Grund gehen; zügige, transparente Aufklärung; kein Anlass zur akuten Sorge; das Lager ist seit 1966 auf Strahlung überwacht - kein messbarer Eintrag von Radioaktivität in die Umwelt (Umweltministerium). Nichts hat sich geändert, sogar die verbalen Rituale sind die gleichen geblieben! Es scheint wie ein Menetekel, daß gerade jetzt festgestellt wird, daß Krebsfälle um die Asse verstärkt auftreten.
Die Ursache der Lüge ist die Angst vor Machtverlust. Es geht um viel Geld und Eitelkeit. Was wäre, wenn eine maßgebliche Politikerin die Wahrheit sagen würde? "Das Arbeiten mit radioaktiven Materialen, seien sie auch noch so gering radioaktiv, ist mit Risiken verbunden. Wir versuchen die Risiken zu minimieren, aber auszuschließen sind sie nicht vollständig. Die Restrisiken hat die Bevölkerung in Kauf zu nehmen, auch mit einer erhöhten Krebs- und Sterberate. Das ist der Preis des Fortschritts. Ich, die Politikerin, bin der Auffassung, und so ist meine Politik, dass wir das leidvolle Menschenopfer den vier großen Atomkonzernen schulden." Diese Politikerin würde schnell und sicher "entsorgt" werden.
Der Streit geht um die Auswirkungen von geringen radioaktiven Dosen – seit etwa 20 Jahren. Man hatte festgestellt, daß um Kernkraftwerke die Krebsraten erhöht sind. Sicher, die Asse ist kein Kernkraftwerk. Aber darum geht es nicht, es geht um äußerst geringe radioaktive Dosen und ihre Wirkungen. Ein Streit entbrannte.
Es wurde im Jahr 2007 die "Epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken" (KiKK) erstellt.
Zusammenfassung:
Das Risiko für 0-4jährige Kinder an Leukämie zu erkranken nimmt zu, je näher ihr Wohnort an einem Kernkraftwerkstandort liegt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz, die im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) durchgeführt wurde. Im 5-km-Umkreis um die Reaktoren wurde im Untersuchungszeitraum von 1980 bis 2003 festgestellt, dass 37 Kinder neu an Leukämie erkrankt sind. Im statistischen Durchschnitt wären 17 Fälle zu erwarten gewesen. Etwa 20 Neuerkrankungen sind also allein auf das Wohnen in diesem Umkreis zurückzuführen.
(Der Abschlussbericht ist zu finden im Digitalen Online Repositorium und Informations-System DORIS des Bundesamtes für Strahlenschutz.)
Aus einer IPPNW-Pressemitteilung vom 23.11.2010:
Weniger Mädchen in der Umgebung von Atomkraftwerken - Ionisierende Strahlung aus den Atomkraftwerken scheint Erbgut zu schädigen
In der Umgebung von Atomkraftwerken kommen in Deutschland und der Schweiz weniger Mädchen auf die Welt. Das geht aus einer im Oktober 2010 veröffentlichten wissenschaftlichen Studie von Ralf Kusmierz, Kristina Voigt und Hagen Scherb hervor. In den letzten 40 Jahren haben Mütter, die in Deutschland und in der Schweiz im Umkreis von 35 km einer der untersuchten 31 Atomanlagen leben, bis zu 15.000 Kinder weniger geboren als durchschnittlich zu erwarten gewesen wäre, die Mehrzahl davon Mädchen. Für die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW untermauert diese Studie den ursächlichen Zusammenhang von radioaktiver Strahlung und einer Schädigung von Zellen – insbesondere bei Embryonen.
Warum wird nicht endlich Folgendes zur Kenntnis genommen? Selbst wenn "erlaubte" Grenzwerte nicht überschritten werden, sind ungeborene Kinder offensichtlich in Gefahr. Die Regelwerke für diese Grenzwerte sind veraltet und unterschätzen das wahre Risiko.
"Die jüngsten Ergebnisse der fehlenden Mädchengeburten alarmieren genauso wie die Ergebnisse der Kinderkrebsstudie", sagt Reinhold Thiel, Mitglied des Vorstandes der IPPNW Deutschland. "Es ist bekannt, daß radioaktive Nuklide auch schon im Niedrigstrahlungsbereich Keimzellen, Embryonen und Stammzellen durch ionisierende Strahlung extrem gefährden. Vermutlich reagieren weibliche Embryonen auf radioaktive Strahlung empfindlicher als männliche. Von einer Schädigung tausender männlicher Embryonen ist jedoch zusätzlich auszugehen", erklärt IPPNW-Kinderarzt Dr. Winfrid Eisenberg.
Die IPPNW Deutschland fordert die Bundesregierung auf, diese Gefährdung zu verringern. Um der Strahlenempfindlichkeit von Embryonen und Kleinkindern Rechnung zu tragen, müssen sich Strahlenschutzstandards und Grenzwerte nicht an einem gesunden, jungen Mann (Reference Man), sondern am extrem strahlensensiblen Embryo (Reference Embryo) orientieren.