Freiheit braucht Regeln
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- Veröffentlicht: Dienstag, 27. Januar 2015 13:46
- Geschrieben von Sigrid Probst
Runder Tisch in der Braunschweiger Zeitung am 21.1.2015
Freiheit braucht Regeln, unsere Verfassung ist verbindlich für alle hier, wichtig ist das Miteinander, aber auch dass man miteinander reden kann. Wer sich nicht artikulieren kann, kann von seiner Freiheit keinen Gebrauch machen, wer hier leben will, sollte auch deutsch lernen. Diese bedeutenden Sätze sagte der Geschäftsführer des islamischen Kulturzentrums in Wolfsburg Mohamed Ibrahim.Am Mittwoch letzter Woche fand ein runder Tisch in der Braunschweiger Zeitung statt zu dem Oberthema Freiheit.
Es war ein ungewöhnlicher, ein ehrlicher und bemühter Abend mit wichtigen Eingeladenen. Es diskutierten Christen, Muslime, Juden und Menschen ohne Religion miteinander. Der Chefredakteur Herr Armin Maus hatte die Leitung des Gespräches übernommen. Natürlich haben die Pegida Demonstrationen und die steigenden Flüchtlingszahlen dieses Vorgehen ausgelöst. Unsere Gesellschaft ist erheblich aufgescheucht und auch besorgt, in Anbetracht des mörderischen Tötens in Paris, sowie auch über die Zustände in Syrien, im Irak und anderswo.
Die Rede vom Oberbürgermeister Ulrich Markurth auf dem Schlossplatz vor ca. 10.000 Zuhörern, hat vielen Mitbürgern Mut gemacht Er äußerte, dass der Rechtsstaat die Pegida Demonstrationen aushalten muss, er erwartet aber auch, das Menschen sich mehr einbringen müssen. Wir können es diesen Demonstranten nicht überlassen. Egal ob sie nicht in der Nazi Ecke stehen, oder nur Ihr persönliches Befinden beklagen wollen.
Pröpstin Uta Hirschler fand es sehr gut, dass es in Niedersachsen eine Imam-Ausbildung gibt. Es war immer ein Defizit, wenn Imame unsere Sprache nicht sprechen und somit nicht mit uns in einen interreligiösen Dialog treten können.
Die Dompredigerin Cornelia Götz sprach auch Herrn Sievers, den Landesrabbiner und Herrn Ibrahim an und meinte, dass es fast keine Begegnungsflächen gibt. Wir müssen auch die Schmerzpunkte voneinander kennen.
Für den katholischen Propst Heinrich Heine sind Großdemonstrationen nur ein Austausch von Sprechblasen. Sie führen in der Auseinandersetzung nicht weiter. Es sind auch diffuse Ängste, die Menschen umtreiben. Er möchte Gespräche auch in der Kirche über politische Verantwortung.
Zu Recht hat der Landesrabbiner auf die Vorkommnisse in Paris hingewiesen und beklagt, dass auch Juden umgebracht wurden. Es gibt Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft und er würde nicht mehr so ganz leicht seine Kippa z.B. in der Weststadt oder gar in Berlin-Neukölln tragen. In Berichten über den arabisch-palästinensisch-israelischen Konflikt werden Stereotype transportiert. Sie erzeugen Hass auf Juden.
Dazu sagte Herr Ibrahim: Ich bin auf ihrer Seite. Kein Jude darf angegriffen werden, aufgrund seines Judenseins. Er möchte sich zur Israel Politik äußern dürfen, ohne gleich Antisemit zu sein.
Für mich ist die Pressefreiheit fast unbegrenzt. Es geht um einen respektvollen Umgang miteinander und somit sage ich nicht: Ich bin Charly, habe aber auch nichts mit den Angreifern zu. Den Muslimen unter uns sage ich: Ignoriert diese Karikaturen, lasst Euch nicht provozieren, schreibt Leserbriefe, dann erfährt man von eurem Standpunkt.
Die Dompredigerin Cornelia Götz meinte, sich nicht provozieren zu lassen, sei friedensdienlich. Dinge zu ignorieren sei auch kein Weg. Sie sei auch nicht Charly. Was anderen heilig ist, müsse nicht karikiert werden. Außerdem seien unter den Opfern nicht nur Zeichner, sondern auch Juden.
Gegen Ende meinte Mohamed Ibrahim, dass Extremisten unter uns sind, es darf aber nicht zugelassen werden, dass eine Minderheit das ganze Bild einer Religion bestimmt.Darüber müssen wir einen Diskurs intern führen, ohne Druck von außen.
Gehört der Islam zu Deutschland? Diese Frage musste kommen.
Herr Ibrahim meinte dass alle darüber reden. Worin zeigt sich, dass das Christentum und das Judentum zu Deutschland gehören? Diese Fragen müssen zuerst beantwortet werden. Das ist ein langer Prozess.
Der Oberbürgermeister sagte: Dieser Satz sei ihm viel zu zukleisternd. Gibt es das Christentum, den Islam? Es ist nicht hilfreich zu sagen, alle gehören zu Deutschland. Seine Meinung dazu lautet: Alle hier lebenden Moslems, die auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen, sind herzlich willkommene deutsche Staatsbürger.
Es war fast eine Sternstunde unter der Führung von Armin Maus. Eine Lernstunde in jedem Falle.
Im Publikum saßen relativ viele junge Muslime. Junge Frauen mit Kopftuch und ohne. Wo waren jüngere Deutsche? Es gab Fragen zu stellen, einige sagten, dass sie die spürbare Veränderung in unserer Gesellschaft nicht gutheißen können. Eine junge Muslima mit Kopftuch fühlt sich zu Zeit unter Beobachtung.
Friedliche Menschen dürfen in unserem Land keine Angst haben.