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Gerichtsverfahren Abwassergebühren Teil II: Einrichtung und Ausbau der Braunschweiger Stadtentwässerung im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Anlässlich des Gerichtsverfahrens über Abwassergebühren am 24.09.2013 - Teil II: Einrichtung und Ausbau der Braunschweiger Stadtentwässerung im ausgehenden 19. Jahrhundert.

(Teil I: Abwassergebühren: Berufungsverfahren des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg findet am 24. September in Braunschweig statt)

Im Zuge der Industrialisierung bildeten sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts großstädtische Ballungszentren, eine Entwicklung, die in ganz Deutschland verstärkt wurde durch den gründerzeitlichen Wohlstand nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich. Dies führte auch in Braunschweig zu "zwingenden" Entsorgungsproblemen des vermehrt anfallenden Schmutzwassers.

Man war schon seit Jahren zu der Überzeugung gelangt, daß die Ableitung des Himmels- und Schmutzwassers von den Straßen und Häusern der Stadt die Anforderungen der öffentlichen Gesundheitspflege und der Reinlichkeit weitaus unerfüllt läßt, und daß die Verhältnisse zu einer Entwässerung des gesammten bebauten Stadtgebiets mittelst eines einheitlichen Canalsystems um so mehr zwingen, als der Wasserverbrauch und damit die Wasserverunreinigung in den Haushaltungen durch die Zunahme der Bevölkerung und durch die Benutzung des städtischen Wasserwerks von Tag zu Tag sich steigert. (Verwaltungsbericht des Stadtmagistrats für 1881, S. 34)

Eine leistungsfähige und lückenlose Ableitung und Kanalisierung des Schmutzwassers sollte das Problem lösen.

Vom theoretischen Standpunkte aus soll die Canalisation neben unterirdischer Ableitung des Regenwassers, durch die sofortige Beseitigung der in den Haushaltungen ec. entstandenen flüssigen Unreinigkeiten mit Einschluss der Fäcalstoffe verhindern, dass dieselben in den Boden gelangen oder die Luft unserer Wohnungen verderben (Verwaltungsbericht für 1881, S. 34).

Aber Lösungen gestalteten sich schwierig, denn die

obligatorische Einführung von Wasserclosets mit Ableitung deren Inhalts in das Canalsystem konnte aber aus dem Grunde nicht in's Auge gefaßt werden, weil die Landespolizei in Vertretung des sanitären Interesses der unterhalb der Stadt an der Oker belegenen Ortschaften eine allgemeine Ableitung der städtischen Fäcalien in den Fluß nicht dulden wollte. Der Magistrat entschied sich unter solchen Umständen dahin, daß die Stadtentwässerung die Frage wegen zweckmäßiger Beseitigung der menschlichen Auswurfstoffe offen zu lassen, ihrer practischen Lösung nach keiner Richtung hin vorzugreifen habe. (Verwaltungsbericht 1881, S. 34-35)

Der Magistrat begnügte sich aber nicht nur mit dem Aussitzen der Probleme um den menschlichen Stuhl. Seuchengefahren, wie die "Abwehr und event. Bekämpfung der im Sommer 1884 aus Frankreich drohenden Cholera" (Verwaltungsbericht 1884, S. 31), die im August 1892 auch "in Hamburg zu wüthen anfing" (Verwaltungsbericht 1892-1896, S. 152), trieben den Ausbau der Stadtentwässerung entscheidend voran. Zugleich verdeutlichten die Gefahren, dass die Entwässerung nicht allein privater Annehmlichkeit diente, indem sie durch die "zweckmäßige Beseitigung der menschlichen Auswurfstoffe" dafür sorgte, dass diese Stoffe nicht länger "die Luft unserer Wohnungen verderben" konnten. Die Entwässerung diente auch dem Gemeinwohl.

Nachdem eine beantragte chemische Reinigung der Abwässer nach dem "Röckner-Rothe'schem System" von der herzoglichen Kreisdirektion nicht zugelassen wurde, weil

nach sachverständigem Gutachten zu befürchten sei, die Abwässer würden trotz der Reini­gung den Okerfluss, namentlich in wasserarmer Zeit, in unzulässigem Maße verderben (Verwaltungsbericht 1887-1891, S. 180),

entschloss man sich, dem Rat des Oberingenieurs Mitgau und diverser Gutachten folgend, nach Berliner Vorbild das von einer lückenlosen Kanalisation aufgenommenen städtische Abwasser flussabwärts auf landwirtschaftlichen genutzten Feldern (Gut Steinhof) zu "verrieseln", mit dem erfreulichem Resultat,

daß die im Jahre 1886 (durch Kanalisation der südöstlichen Außenstadt, der Schleinitz- und der Spielmannstraße und durch Kanalisirung des Okergrabens vom Ruhfäutchenplatz bis zur Hagenbrücke) begonnene und jetzt im Großen und Ganzen beendigte Entwässerung der Stadt und der Wohnungen eine Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes bewirkt hat, die der Gesammtheit und jedem Einzelnen zu Gute kommt (Verwaltungsbericht 1892-1896, S. 151).

(Es soll weitergehen mit einem Abriss der - kostendeckenden - Finanzierung des Braunschweiger Entwässerungssystems)

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