Liebe Leser und Leserinnen des b-s! Der b-s hat ab 1. Mai 2019 unter braunschweig-spiegel.de einen neuen Auftritt. Unter archiv.braunschweig-spiegel.de erreichen Sie den b-s von 2008 bis April-2019 in seiner letztmaligen Form, incl. funktionsfähiger interner Beitragslinks, als historisches Dokument.

Die Suchfunktion der Archivfassung ist NICHT mehr aktiv. Sie finden die Beiträge der Jahre 2005 bis 2019 jedoch über https://www.braunschweig-spiegel.de
Die Menüstruktur der Archiv-Fassung ging dabei jedoch komplett verloren.

Die Veränderungen die in der Amtszeit von Ex-OB Dr. Gert Hoffmann stattfanden (https://de.wikipedia.org/wiki/Gert_Hoffmann#Oberb%C3%BCrgermeister_in_Braunschweig) sind hier dokumentiert. Hierunter fallen umstrittene Privatisierungen, Flughafenausbau, Schlossparkvernichtung, und Errichtung von ECE-Schlossarkaden ...

Chronologisch beginnt der b-s hier: http://archiv.braunschweig-spiegel.de/index.php/diese-zeitung-seit-2005


„700 Schiffe blockiert“: Hat Anne Will gelogen?

Man wurde den Eindruck nicht los, dass die Moderatorin Anne Will sich in der Rolle der Anklägerin gefiel. So schleuderte sie Dietmar Bartsch von den Linken in ihrer Talkshow entgegen, was er denn zu den Rechtsbrüchen Russlands zu sagen habe (Sendung „Anne Will“, ARD, am 2.12.2018). Nachdem Bartsch sich schon dafür ausgesprochen hatte, den Konflikt in der Straße von Kertsch zunächst einmal genau zu untersuchen, weil man ja noch gar nicht wissen könne, wer an welcher Stelle was getan habe, war sie schon kaum darauf eingegangen.

 Nun setzte sie nach:

 „Aber dass die Einfahrt blockiert wird … (sie wird kurz unterbrochen, A.M.),

das passiert aber ja dauernd, mehr als 700 Schiffe werden daran gehindert, einzufahren in das Asow´sche Meer.“ (ca. 21. Minute der Sendung)

Eine Minute zuvor war ein Redeausschnitt der Kanzlerin eingeblendet worden: „Fragen Sie mal die Hafenarbeiter in Mariupol, was da los ist, wenn da keine Schiffe mehr anlanden können.“ Die Stadt und die Region der Südostukraine dürften „nicht einfach abgeschnitten“ werden. Und nun also die Behauptung der Moderatorin selber, dass über 700 Schiffe vor der Straße von Kertsch blockiert würden.

Der Eindruck, dass Russland einen Teil der Ukraine wirtschaftlichen stranguliert, war eindeutig. Und er blieb nicht ohne Wirkung, zumal ihrer Darstellung von keinem der Diskussionsteilnehmer widersprochen wurde.

Nun teilt allerdings eineinhalb Tage später der ukrainische Verkehrsminister Omelyan mit, die Schiffe könnten die Meerenge von Kertsch wieder passieren. Der Leser sieht schon die 700 Schiffe vor seinem geistigen Auge, die sich nun wie eine schier endlose Schlange durch die Meerenge winden. Aber halt – Omelyan gibt noch eine weitere Information, wie ntv am 4.12.18 mitteilt:

„Ihm zufolge warten vor der Meerenge 17 Schiffe auf die Einfahrt ins Asowsche Meer. Neun weitere lägen noch in den (ukrainischen, A.M.) Häfen.“

Also 26 Schiffe, wenn wir richtig gerechnet haben, nicht über 700! Die Moderatorin hat ganz offenbar die Unwahrheit gesagt. „Lüge“ müsste man es nennen, wenn sie es bewusst getan hätte. Jeder kann sich selbst überlegen, wie er das einschätzen möchte. Eins aber ist sehr klar: sie hat mit ihrer Falschbehauptung massiv daran mitgewirkt, in einer brenzligen Situation noch Öl ins Feuer zu gießen, also eine Eskalation zu fördern, an deren Ende ein kriegerischer Zusammenprall stehen könnte. Zur besten Sendezeit. Vor Millionen von Zuschauern.

Übrigens: Frau Will stand damit nicht allein, viele andere Medien haben ähnliche Fehlinformationen verbreitet, einige haben der Glaubwürdigkeit halber zwei- oder dreihundert Schiffe abgezogen oder nur von „Hunderten“ gesprochen. Anscheinend gilt die Devise „Immer drauf, wenn´s um Putin und Russland geht, kann man gar nichts falsch machen!“ Das spiegelt sich auch in der Berichterstattung über die „Aufhebung der Blockade“ wider: die erfolgt nämlich entweder gar nicht oder so kurz und versteckt, dass man sie kaum wahrnimmt.

Additional information

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.