Weniger Antibiotika in der Tiermast nur mit Abkehr von Massentierhaltung
- Details
- Veröffentlicht: Samstag, 26. Mai 2012 00:14
- Geschrieben von Christian Meyer, Grüne Landtag
PRESSEMITTEILUNG von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Niedersächsischen Landtag
Schutz der Bevölkerung vor multiresistenten Keimen muss absoluten Vorrang haben.
Nach Einschätzung der Landtagsgrünen ist eine entscheidende Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tiermast nicht ohne eine Abkehr von der industriellen Massentierhaltung möglich. "Wenn die bisherigen Haltungsformen mit dichtem Besatz von mehreren zehntausenden Tieren in einem Stall nicht aufgegeben werden, gibt es nur ein Herumdoktern an den Symptomen, aber keine Abwehr der Gefahren von multiresistenten Keimen", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christian Meyer vor einem Grünen-Fachgespräch zu diesem Thema am Freitag (heute) in Hannover. "Tiere brauchen mehr Platz, kleinere Bestände und ein Ende des Einsatzes von Antibiotika als Wachstumsbeschleuniger!". Der Grünen-Politiker wies in diesem Zusammenhang auf zwei neue Studien des Bundeslandwirtschaftsministeriums (NDR zu Schweinen, WDR) hin, die nachweisen, dass in ökologischen Haltungen deutlich weniger Antibiotika eingesetzt werden und auch weniger gefährliche Keimbelastungen entstehen.
Meyer bezeichnete es als "unverantwortlich", dass die Landesregierung weiterhin Tierfabriken fördert und ansonsten das Problem offenbar einfach aussitzen will. Der Schutz der Bevölkerung vor diesen Keimen muss Vorrang vor Lobbyinteressen haben." Die Grünen fordern deshalb die Anordnung einer Filterpflicht für große Ställe und die Berücksichtigung von Keimschutzvorgaben in Genehmigungsverfahren.
In einem Entschließungsantrag erläutern die Grünen ein Maßnahmenpaket zur Halbierung des Antibiotikaeinsatzes in den nächsten 5 Jahren. Dazu gehören mehr Tierschutz, geschlossene Systeme und der Baustopp von Tierfabriken. "Betriebe, die über dem Durchschnitt Antibiotika verwenden, müssen verstärkt beraten und kontrolliert werden", sagte der Grünen-Politiker. Außerdem müssten umfassende Melde- und Kontrollsysteme aufgebaut werden und der Verdienst des behandelnden Tierarztes künftig vom Medikamenteneinsatz entkoppelt werden.
Nach Meyers Angaben geht das Robert-Koch-Institut von 400.000 bis 600.000 Menschen aus, die jährlich mit multiresistenten Keimen infizierten werden; bis zu 15.000 Erkrankte sterben daran. Besondere Gefahren sehen Experten in Resistenzbildungen in der Massentierhaltung. 2010 wurden in der Tierhaltung dreimal so viele Antibiotika eingesetzt wie in der Humanmedizin. Die Verabreichung in der Tiermedizin stieg in den letzten fünf Jahren von 780 auf 900 Tonnen.