Woran arbeitet die Friedensforschung?
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- Veröffentlicht: Sonntag, 16. Dezember 2012 22:32
- Geschrieben von Daniel Gottschalk und Frieder Schöbel
Friedensforschung ist die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Problemen und Lösungen rund um den Erhalt und die Schaffung von Frieden auf der Welt auseinandersetzt. Verknüpfungspunkte existieren mit fast allen anderen Wissenschaften.
Fundamentale Antriebskraft in der Friedensforschung ist die Forderung nach der Vermeidung von Krieg. Dabei fehlt aber der heutigen Friedensforschung immer noch eine einheitliche Definition von Frieden. Einheitliche Definitionen existieren allenfalls vom Krieg. Dass die einfache Verneinung von Krieg nicht ausreicht, um den Zustands- und Prozesscharakter von Frieden zu beschreiben, ist offensichtlich. Denn letztlich können neben dem akuten Konfliktcharakter eines Krieges auch Katastrophen wie Hungersnöte oder extreme gesellschaftliche Missstände den (sozialen) Frieden gefährden.
Heute spricht die moderne Friedensforschung vom „positiven“ und „negativen“ Frieden. Negativer Frieden beschreibt die bloße Abwesenheit von Krieg. Um diese Situation zu erhalten, sieht sich die Politik als Friedensakteur und setzt dabei auf Sicherheitsmaßnahmen. Ein Beispiel dafür ist die Außenpolitik der BRD, die auf sicherheitspolitischen Überlegungen basiert.
Wird der positive Frieden untersucht, so muss man als Friedensforscher zunächst anerkennen, dass nicht nur der Krieg bzw. der begonnene Konflikt allein ein nicht-friedlicher Zustand ist, sondern auch, dass dazu jede Art von Gewalt zu zählen ist, egal ob direkt sichtbare Gewalt oder die unsichtbaren strukturellen und kulturellen Gewalten.
Der renommierte norwegische Friedensforscher Johan Galtung hat die Debatte um eine einheitliche Definition von Frieden in den 1970er Jahren mit den Begriffen der strukturellen und kulturellen Gewalt ergänzt. Strukturelle Gewalt bezeichnet nach ihm zum Beispiel eingeschränkte Lebenschancen und ungleiche Machtverhältnisse. Kulturelle Gewalt beschreibt zum Beispiel Zustände von Kapitalismus oder Sexismus, die mittlerweile durch Mode, Tradition und Medien selbstverständlich geworden sind.
In Deutschland war es Anfang der 1970er Jahre Bundespräsident Heinemann, der sich für eine Förderung der Friedensforschung stark machte. In der Aufbruchsstimmung jener Zeit, befruchtet durch den Beginn einer neuen Ostpolitik, wurden meist in Anlehnung an Universitäten die ersten deutschen Friedensforschungsinstitute gegründet. Die bekanntesten davon sind die „Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung“ in Frankfurt am Main und das Hamburger „Institut für Friedens- und Sicherheitspolitik“. Hinzu kommen Forschergruppen an vielen Universitäten, die an friedenspolitischen Themen arbeiten.
In den letzten Jahrzehnten liefert die Friedensforschung umfassende Ergebnisse, die für friedensbewegte Menschen und Regierungen eine wichtige Informationsquelle sind. Ein Paradebeispiel dafür ist das Friedensgutachten, das von fünf Instituten gemeinsam in Form eines Jahrbuchs veröffentlicht wird. Im Jahrbuch 2003 zum Beispiel wurde eines der wichtigsten friedenspolitischen Themen aufgegriffen: die Ausarbeitung von Strategien zum Wegkommen vom allein militärischen Denken hin zu ziviler Bearbeitung von Konflikten und Aussöhnungsprozessen.