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BIBS-Antwort zur Parteien-Umfrage zum Zentrenkonzept

Die Redaktion des Braunschweig-Spiegel hat an alle Parteien, die für den Rat der Stadt kandidieren, drei Fragen zum Zentrenkonzept gestellt "Anfrage an die Parteien zum Zentrenkonzept". Hintergrund ist, dass der Braunschweiger Zeitungs Verlag (BZV) den Standort an der Hamburger Straße aufgeben möchte. Zu diesem Vorhaben und den möglichen Folgen hat Andreas Matthies im Braunschweig-Spiegel unter der folgenden Überschrift einen Beitrag geschrieben: "Lässt sich die Braunschweiger Politik erpressen?"

Hier die Antwort der Wählergemeinschaft BIBS

 


1.) Finden Sie den Vorwurf von Andreas Matthies berechtigt, dass der BZV Druck auf die Politik ausübt?

Wie intensiv der Druck von Zeitung und Investor auf die Verwaltung und die entscheidende politische Mehrheit tatsächlich ist, kann hier nur vermutet werden. Dass Andreas Matthies das Thema zur öffentlichen Diskussion stellt, ist mehr als berechtigt. Die Durchschaubarkeit solcher Vorgänge - wer beherrscht die Stadt? - ist Grundlage politischer Hygiene. Städtebauliche Planung sollte ein Primat der Politik bleiben und nicht dem Partikularinteresse von Investoren dienen, schon gar nicht dem Eigeninteresse von Parteien, soweit diese sich durch Parteispenden für partikulare Investorenwünsche gefügig machen lassen.

Dabei können von der planerischen Aufwertung eines Grundstücks - um die es hier geht - ja immer zwei Seiten bei einer Veräußerung profitieren: Verkäufer und Käufer. Den durch willige Grund­stücksaufwertung der Stadt entstandenen Mehrwert können sie sich als willkommene Beute teilen. Durch die entfesselte Subventionspolitik der letzten Jahrzehnte haben Investoren mit den Kommu­nen leichtes Spiel. Gibt eine Kommune nicht die offenen oder verdeckten Subventionen, die der Investor fordert, dann holt er sie eben von der Nachbarkommune.

Und während zuvor hauptsächlich die Armut durch Subventionen gemildert wurde (man nennt das "Sozialstaat"), wird in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich der Reichtum subventioniert und bis zu Finanzblasen aufgebläht. Unter dem Deckmäntelchen der magischen Worte "Investitionen" und "Arbeitsplätze" wird Investoren jeder Wunsch von den Lippen abgelesen und jede bestehende Planung flugs zu ihren Gunsten über den Haufen geworfen. Auch wenn man da nicht immer gleich von einer "Korrumpierung" sprechen kann, werden hier doch klare Grenzziehungen dazu auf gefährliche Weise aufgeweicht und verwischt.

2.) Wie stehen Sie zum Zentrenkonzept?

Das Zentrenkonzept bietet letztlich eine planerische Normengrundlage zum Erhalt der traditionellen Besiedelungsstrukturen einer gewachsenen Stadt mit ihren dichten Verflechtungen von Wohnen, Handel und Gewerbe. Für die BIBS ist das Zentrenkonzept ein zentrales Anliegen der Kommunal­politik. Braunschweig war damit in Deutschland Vorreiter und Vorbild. Hauptsächlich geht es um eine Begrenzung der verdrängenden Konkurenz des großflächigen Einzelhandels an verkehrsgün­stigen Plätzen außerhalb der Innenstädte auf der "grünen Wiese". Weiter geht es um die Sicherung der Nahversorgung von Wohngebieten in fußläufiger Entfernung mit Waren des täglichen Bedarfs, d. h. mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln.

Nun rückt die so genannte "grüne Wiese" mehr und mehr ins Zentrum der Städte, indem städtische Parks und großräumige Gewerbeflächen in den Randgebieten für den konzentrierten großflächigen Einzelhandel freigegeben werden. In dem Maß, wie solche Flächen planerisch zu Einzelhandels­flächen aufgewertet werden, erleiden die bestehenden, oft kleinteiligeren Handelsflächen der gewachsenen Innenstadt einen Funktionsverlust mit einem entsprechenden Wertverlust.

3.) Wie steht Ihre Partei zum Antrag des BZV auf Änderung des Bebauungsplans, wie haben sich die Vertreter Ihrer Partei im Planungsausschuss verhalten.

Erst einmal ist es äußerst degoutant, wenn superreiche Eigner großer Wirtschaftsunternehmen bei Kommunen um Almosen betteln (Subventionen), um durch eine planerische Aufwertung ihrer Grundstücke einen außerordentlichen Gewinn einzufahren.

Soweit es sich um Wohnbebauung handelt, ist eine Bebauung auf dem jetzigen Areal der Braunschweiger Zeitung aber ansonsten zu begrüßen. Denn Wohnbebauung sollte hauptsächlich in bestehenden städtischen Bebauungszusammenhängen gefördert werden, in denen eine Infrastruktur schon vorhanden ist und nicht erst neu eingerichtet werden muss. Das ist hier der Fall. Da mit der Belegung zusätzlichen Wohnraums auch der Absatz von Artikeln des täglichen Bedarfs ansteigt, ist zu überprüfen, ob die nah vorhandenen Verbrauchermärkte für die Versorgung ausreichen oder ob ein zusätzlicher Verbrauchermarkt für die fußläufige Nahversorgung benötigt wird. 3.900 qm sind aber auf jeden Fall überdimensioniert und sollten nicht genehmigt werden.

Nachdem zwei Ratsherren die BIBS-Fraktion verließen und eine Fraktion verstärken, für die sie nicht gewählt wurden, ist die BIBS im Planungsausschuss zwar nicht mehr stimmberechtigt, hat aber ein Rederecht. Auch wenn meine Beiträge - wie oft - nicht ins Protokoll aufgenommen wur­den, habe ich den Ausschuss darauf aufmerksam gemacht, dass sich das Bekenntnis der Mehrheits­parteien zum Zentrumskonzept zum wiederholten Mal als reines Lippenbekenntnis erweist.

Gerade erst im November 2010, vor weniger als einem Jahr, als man entgegen den Vorgaben des Zentrumkonzepts mehrheitlich den BraWo-Park am Hauptbahnhof genehmigte, versicherte man, dass dies ein absoluter Ausnahmefall sei und man im Weiteren strikt am Zentrumskonzept festhalten wolle. Nur wenige Monate später fragt der nächste Interessent nach einer für ihn gewinnbringenden Planungsänderung und unverzüglich sind alle guten Vorsätze und Bekenntnisse vergessen. Bis auf eine Enthaltung stimmten alle stimmberechtigten Mitglieder dafür, die Verwaltung zu beauftragen, den Flächennutzungsplan zu ändern mit dem Ziel, auf dem Areal der Zeitung einen Verbraucher­markt "darzustellen" und einen Bebauungsplan aufzustellen mit dem Ziel, einen Verbrauchermarkt "zu entwickeln".

Wie erklärt sich der fast einstimmige, plötzliche Sinneswandel und Gedächtnisverlust? Man muss da schon fragen: Ist es Alsheimer, ist es Sorge um die wohlwollende Berichterstattung einer Monopolzeitung, oder sind vielleicht auch Spenden eines großzügigen Investors mit im Spiel?

 

Heiderose Wanzelius, (BIBS-Fraktionsvorsitzende)

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