Ist Amazon ein Schurke oder sind einfach nur die Kunden naiv...?
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- Veröffentlicht: Montag, 18. März 2013 08:42
- Geschrieben von Heiner Waßmuß
In den letzten Wochen ist der Weltkonzern Amazon in negative Schlagzeilen geraten, weil er mit Subunternehmen zusammen arbeitet, die ihre Mitarbeiter zu unzumutbaren Bedingungen beschäftigen. Es ist natürlich richtig, das zu kritisieren und Resolutionen dagegen zu unterzeichnen. Aber dieser Schritt allein greift recht kurz!
Ich weiss nicht, was mich an der Amazon-Debatte mehr verwundert: die Tatsache, dass Amazon offenbar auch dunkle Seiten hat, oder die mit großen entsetzten Kulleraugen zur Schau getragene Empörung vieler Teilnehmer an der Debatte über „so ein schreckliches Verhalten“ von Amazon. Gibt es etwa einen einzigen Global-Player, der keinen Dreck am Stecken hat? Wie naiv muss man denn sein, um so etwas zu glauben?
Die Geschichte von Amazon ist zunächst mal eine gigantische Erfolgsgeschichte. Vom Geschäftsbeginn im Jahr 1994, als das Internet-Marketing noch in den Kinderschuhen steckte zu einem Umsatzriesen mit heute ca. 61 Mrd. Dollar Jahresumsatz weltweit war es ein geradliniger Weg. In Deutschland werden etwa 6,5 Mrd. Euro von Amazon im Onlinehandel getätigt. Das sind Artikel aller Art, denn Amazon geht in alle Bereiche, selbst in den Lebensmittelhandel. Aber auch 20 bis 25% aller Buchumsätze werden in Deutschland heute über Amazon abgewickelt.
Das Erfolgsrezept im anfänglichen Verdrängungswettbewerb war dabei einfach: bester Service und größtmögliche Kulanz gegenüber dem Endkunden, Einbindung des Kunden in das Amazon-System und – gleichzeitig härteste Bedingungen gegenüber Lieferanten und Subunternehmern! So ist z.B. auch ALDI unter anderen Bedingungen mal groß geworden.
Auch einen wachsenden Zeitgeist traf Amazon damit, nämlich den Wunsch der Benutzer, den Computer möglichst nicht mehr zu verlassen und alle Geschäfte von zuhause aus zu erledigen und auf „nervende“ Beratung durch Buchhandelsangestellte zu verzichten und statt dessen auf das Amazon-System „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch die folgenden...“ zu vertrauen. Auch wenn die Empfehlungen dabei z.T. von den Verkäufern selbst stammten!
Die Gewinnspannen im Buchhandel sind begrenzt, deshalb hat Amazon neue Maßstäbe gesetzt in extremen Rabattanforderungen an Verlage und in den Bedingungen für Kleineinlieferer. Da diese Bücher dann wirklich auch im Internet bestellbar sind und nicht im nahezu unendlichen Bücherdschungel einfach verschwinden, haben sich viele Anbieter auf diese Bedingungen eingelassen, auch wenn sie dann letztlich nichts mehr verdient haben. Wenn nun jetzt einige von denen lautstark „bei Amazon kündigen wegen der entsetzlichen Machenschaften dort“, ist das wohl nur eher ein Publicity-Gag.
Das wirkliche Problem liegt eher bei einer Gesellschaft, die nur noch Preisvorteile und Bequemlichkeit im Sinn hat und die weiteren Folgen nicht bedenkt.
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*Ihre Frau ist Buchhändlerin? Nun, sie wird bald arbeitslos sein, wenn Sie selbst weiter bei Amazon bestellen!
*Ihr Sohn sucht einen Praktikumsplatz? Fragen Sie doch bei Amazon mal nach, eine Buchhandlung vor Ort wird es dafür bald nicht mehr geben! Amazon dankt Ihnen ablehnend!
*Sie suchen einen gewerblichen Mieter für Ihre Immobilie? Reissen Sie sie ab oder nutzen Sie sie um, kein Bedarf, es gibt heute schließlich das Internet! Wer braucht noch stationäre Geschäfte?
*Ihr Sportverein sucht einen lokalen Sponsor? Vergessen Sie es, Global-Player machen kein lokales Sponsoring und örtliche Geschäfte haben kein Geld, weil sie gegen die Großen ums Überleben zu kämpfen haben!
*Ihr Mann arbeitet bei DPD,UPS oder Hermes und kommt abends immer später müde nach Hause? Fragen Sie ihn doch mal, wieviel Amazon-Päckchen er heute wieder ausliefern musste!
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Bevor man also in die Amazon-Debatte einsteigt und zu schimpfen beginnt, sollte jeder erstmal sein persönliches Einkaufsverhalten überprüfen! Man kann die Zeit nicht zurückdrehen, aber man sollte sich selbst mal überlegen, was man persönlich zu einer weniger menschenfreundlichen Zukunft beiträgt, die man dann nachträglich in diversen Foren wiederum beklagt.
Mit dem Kindle e-book ist es Amazon als Marktführer nun auch noch gelungen, ein System für e-books auf den Markt zu bringen und auch noch größter Anbieter damit zu werden,
das 1.) nicht das beste e-book ist,
das 2.) von Amazon fortlaufend unter Einbeziehung Ihrer persönlichen Daten mitgelesen wird,
das 3.) Sie unweigerlich ausschließlich an zukünftige Downloads von Amazon bindet,weil andere Formate darauf nicht lesbar sind.
Also die schlechteste nur mögliche Alternative unter allen e.books.
Gleichzeitig hat Amazon es durch Ankauf der Rechte an der DNB (Deutsche National Bibliothek) geschafft, die tatsächlich größte Bücherdatenbank zur Verfügung zu stellen. Jedoch mit dem zweifelhaften Ergebnis, dass hinter jeder online-Abfrage der Amazon-Button aufblinkt „jetzt hier bestellen“. Natürlich ist der Titel in den wenigsten Fällen dann wirklich bei Amazon auch zu beziehen, aber man ist schon mal auf deren Seite gelockt worden. Und die bibliographische Zuordnung von tatsächlich erhältlichen Büchern ist ein Hohn auf buchhändlerisches Arbeiten: wahllos werden Erstausgaben, aktuelle Ausgaben und irgendwelche Ausgaben eines Titels bunt unter eine einzige Produktbeschreibung gepackt und man weiss nie im Voraus, was man bei einer Bestellung dann wirklich auch bekommt! Die somit schlechteste aller Suchmaschinen für antiquarische Bücher!
AMAZON. DIE NR.1 ?
Denken Sie doch einfach mal darüber nach!
Die Konsequenz kann nur sein: „Online stöbern – vor Ort kaufen: Vielfalt erhalten!“