BIBS: Sonnenenergie und semiurbane Bioenergie-Cluster

Wie alle Kommunen steht auch Braunschweig vor der großen energiepolitischen Aufgabe, den Ausstieg aus der Atomenergie zu vollziehen und die Erderwärmung zu stoppen. Braunschweig-spiegel.de hat alle Parteien, die zur Kommunalwahl kandidieren, angeschrieben und um die Beantwortung von sechs Fragen zur Gestaltung der Energiewende gebeten. Nachfolgend sind die Antworten der BIBS dokumentiert.

1. Die Stadt Braunschweig ist zu 25,1% an Veolia/BS Energy beteiligt. Das Unternehmen verkauft an seine Kunden Atomstrom und ist Anteilseigner am Kraftwerk Mehrum, das laut WWF zu den 30 klimaschädlichsten Kraftwerken Deutschlands zählt. Mit welchen Zielsetzungen wird die BIBS auf diese beiden Sachverhalte in der kommenden Wahlperiode Einfluss nehmen?

Antwort: Ein 25,1 %-Anteil reicht nicht aus, um entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von BS-Energy zu nehmen. Was die Geschäftspolitik von BS-Energy betrifft, ist die Stadt nicht mehr Herr im Hause. Weiter kann im liberalisierten Energiemarkt auch der Kunde selbst bestimmen, welchen Energiemix er bestellt.  Atomstrom und emissionsstarke Kohledreckschleudern sind beides keine tragbaren Mittel der Energieversorgung. Erstrebenswert wäre es für die BIBS, diese stillzulegen, Einfluss hat sie allerdings darauf kaum. Gleichwohl kann die BIBS einen Beitrag zur Schaffung konkreter Anreize und Maßnahmen leisten, die saubere Energien und Klimaschutz stärker fördern. Dies kann über eine sinnvolle Ausgestaltung des neuen Klimaschutzkonzepts der Stadt Braunschweig erfolgen, das Ende 2010 beschlossen wurde und dass die BIBS seit dem Einzug in den Rat immer wieder beantragt hatte.

Die derzeitige Ausgestaltung der Maßnahmen, die zunächst im Rahmen des Konzeptes umgesetzt werden sollen, weist diverse Schwachstellen auf: So wird als prioritäre Maßnahme der Ausbau der Fernwärme durch BS Energy formuliert. Der Strommix von BS Energy bestand 2007 zu 24% und 2008 zu 24,5 % aus Atomstrom: Das Klimaschutzkonzept lässt offen, wie es Braunschweig zukünftig mit Atomstrom halten will. Nach dem Fukushima-Unglück in Japan und dem Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland muss jetzt auch BS Energy als Versorger vor Ort einen ambitionierten Zeitplan erstellen, der darlegt, wie der derzeitige Kernenergieanteil von 18% schnellstmöglich auf Null heruntergefahren werden kann. Das derzeitige Klimaschutzkonzept ist klar darauf ausgerichtet, BS Energy als "grünen Konzern" darzustellen: "Greenwashing" für einen nicht sonderlich umweltfreundlichen Versorger. Die erste Maßnahme der BIBS wird sein, die konkrete Ausgestaltung des Klimaschutzkonzeptes dahingehend zu verändern, dass die Verringerung der CO2-Emissionen ausschließlich ohne Atomstrom erfolgt. Wir fordern statt eines weiteren Fernwärmeausbaus den Ausbau regenerativer Energien mit den unter drei näher beschriebenen Ressourcen.

2. Innerhalb der zwei folgenden Wahlperioden, das heißt , bis zum Jahr 2021, müssen der Ausstieg aus der Atomenergie weitestgehend geschafft und die Energieversorgung mit regenerativen Energien deutlich erhöht werden. Zu welchen Anteilen will Ihre Partei Braunschweigs Energiebedarf bis 2016 und bis 2021 aus erneuerbaren Energien decken?

Antwort: Wir wollen alle Maßnahmen ergreifen, die den Anteil regenerativer Energien erhöhen. Wie viel Prozent das am Ende ausmacht, können wir nicht genau prognostizieren. Es wäre wie Kaffeesatzlesen, da uns für eine Vorhersage verlässliche empirische Grundlagen fehlen. Eine konkrete Zahl können und wollen wir daher nicht nennen.

3. Auf welche Ressourcen wird die BIBS vorrangig setzen, um die angestrebte Menge an regenerativen Energien zu erreichen?

Antwort: Beantragt hat die BIBS bei der Einführung des Klimaschutzkonzeptes die Erhöhung regenerativer Energien durch die Realisierung des konstatierten Solarenergiepotentials (Photovoltaik-Technologie) in Braunschweig und durch die Einführung von so genannten „Semiurbanen Bio-Energie Clustern“ nach dem Vorbild bereits existierender Bioenergiedörfer wie z.B. in Jühnde bei Göttingen: einerseits können sich darüber Bürger, die verstärkt grünen Strom und grüne Wärme beziehen wollen, auch von Konzernen unabhängig  machen.  Andererseits besteht für Bürger, die am Stadtrand wohnen, die Möglichkeit, Bioenergiecluster über die Stadtgrenzen hinweg zu bilden. Im Rahmen eines solchen Clusters können sich interessierte Bürger, Land- und Forstwirte im Umfeld, die über entsprechende Rohstoffe verfügen, sowie Unternehmen, die in die Errichtung und in den Betrieb einer nahe gelegenen Energieerzeugungsanlage investieren wollen, zum Zwecke der eigenen Energieversorgung zusammenschließen und können auf diese Weise einen engagierten Beitrag zum Klimaschutz leisten.  
Hierbei wird auch der sinnvollen Ausgestaltung des regionalen Klimaschutzkonzeptes, das derzeit erarbeitet wird, eine Sonderstellung zukommen.

4. Welche Mengen an regenerativen Energien will Ihre Partei bis 2016 und bis 2021 innerhalb des Stadtgebietes gewinnen?

Antwort: Zuerst lassen sich die städtischen Dächer zur Einrichtung von vergleichsweise großflächigen Photovoltaikanlagen nutzen. Das für Braunschweig geschätzte Solarenergiepotential könnte 70% des privaten Strombedarfes der Stadt decken. Zwei Prozent dieses Potentials werden in Braunschweig derzeit nur genutzt! Zunächst streben wir die Nutzung dieses Potentials an. Zu Erreichung dieses Ziels wäre die Einrichtung eines „Solaratlas“ wie in Hannover denkbar, mit dem im Internet eine grafische Darstellung aller Dächer mit ihrer „solaren Eignung“ erfolgt und mit dem für interessierte Gebäudeeigentümer oder potentielle Investoren detaillierte Informationen über im Grundsatz geeignete Flächen bereit stellen. 

5. Welches Konzept verfolgt die BIBS, damit die Erzeugung von erneuerbaren Energien für die Braunschweiger Bevölkerung bezahlbar bleibt?

Antwort: Für Bürger, die eigene Schritte zur Umstellung auf erneuerbare Energien unternehmen möchten, gibt es derzeit keine Unterstützung. Die Stadt selbst sollte Beratungsangebote geben zu energieeffizienten Einrichtungen und Ausbau. BS-Energy kann solche Beratungen nicht ersetzen, denn als privatwirtschaftlicher Konzern ist er einem größtmöglichen Gewinn verpflichtet. Mehrverkauf und also Mehrverbrauch, nicht Minderverbrauch, ist daher das Konzernziel. Für die Energieberatung macht man mit BS-Energy den Bock zum Gärtner. Um das zu vermeiden fordert die BIBS den schnellen Aufbau einer regionalen Energie- und Klimaschutzagentur, die von Stadt, Zweckverband und anderen Institutionen der Stadt betrieben wird und die Bürger neutral und uneigennützig informiert; ein Klimaschutzbeirat aus Vertretern von Umweltverbänden und Forschungseinrichtungen, soll der Energie- und Klimaschutzagentur zur Seite stehen. Auch eine wiedereingerichtete Verbraucherschutzzentrale kann helfen, dass die Energiewende für die Braunschweiger bezahlbar bleibt.

6. Wie wird Ihre Partei die Braunschweiger Bürgerinnen und Bürger in die Konkretisierung der Energiewende einbinden?

Antwort: Der Zweck einer Bürgerbeteiligung darf nicht wie beim vergangenen Entstehungsprozess des Klimaschutzkonzeptes als Mittel zum Zwecke des Fördermittelerhalts missbraucht werden: Braunschweig hatte die Förderbedingung  einer angemessenen Bürgerbeteiligung nicht ausreichend beachtet, in dem sie u.a. zu kurzfristig über die bevorstehende Bürgerveranstaltung informierte und den anwesenden Bürgern Grundinformationen vorenthielt. Dies darf nicht wieder vorkommen. Insbesondere bei der Erarbeitung des regionalen Klimaschutzkonzeptes muss eine wirkliche Beteiligung der Bürger erfolgen.