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Die Platanen vom Schlosspark am Ritterbrunnen

Die Familie der Platanaceae hat nur eine Gattung, Platanus, mit 10 Arten. Davon stammt je eine aus Kleinasien und Indochina, 8 Arten aus Nord-Amerika.


Platanen kamen erst um 1700 nach Europa und erst 1743 nach Deutschland. Die Platanen am Rondell in Dessau wurden 1781 gepflanzt und zählen zu den ältesten ihrer Art in Deutschland und gelten als dendrologische Seltenheit.

Wenn es richtig ist, dass die Platanen vom Schlosspark in Braunschweig 200 Jahre alt sind, so hätten sie ähnlich denen in Dessau zu den ältesten Anpflanzungen in Deutschland zählen müssen und damit auch zu den dendrologischen Besonderheiten.

In Europa wurden die Platanen (Platanus occidentalis aus Amerika, Platanus orientalis aus Kleinasien und die Hybride aus beiden) vor allem als Park- und Straßenbäume gepflanzt, da sie als widerstandsfähig gegen Luftverschmutzung gelten.

Platanen können in ihren heimischen Wuchsgebieten bis zu 1000 Jahre alt werden.

Das Holz hat einen gelblich bis rötlichweißen Splint (äußerer, in der Regel physiologisch aktiven Stammbereich) und rotbraunes bis rötlichgraues Kernholz. Es ist im Gegensatz zu anderen Farbkernholzarten nicht sehr dauerhaft, weshalb die Holzart vorwiegend für Möbel und Innenausstattung eingesetzt wurde.

Viele Laubbaumarten mit derartigen Holzeigenschaften neigen dazu, mit zunehmendem Alter vom Mark her faul zu werden. Begünstigt wird das, wenn im Zuge von früheren gärtnerischen Maßnahmen Äste abgesägt und die Wunden nicht gegen Pilzinfektionen geschützt wurden. Daher bedürfen viele alte, häufig als Naturdenkmal geltende Bäume der Hilfe durch einen Baumchirurgen.

Ähnlich ist das mit den jetzt am Ritterbrunnen in Braunschweig gefällten Platanen.

Die im Rathaus ausgestellte Stammscheibe hat einen Durchmesser von ca. 110 cm.

Die Jahrringbreite liegt, soweit erkennbar bei ca. 2 mm, woraus sich unter Berücksichtigung des etwas wüchsigeren Jugendholzes das angenommene Alter von mehr als 200 Jahren bestätigt. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die beiden Bäume zu den ältesten in Deutschland gepflanzten Exemplaren gehört haben müssen.

Aus der Stammscheibe ist ersichtlich, dass mindestens 10 cm gesundes Splintholz vorhanden und im Inneren des Stammes nur ein Bereich mit einem Durchmesser von 50 cm faul ist.


Es ist einsichtig, dass an einem exponierten Platz, wie dem Ritterbrunnen, ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit gelegt werden muss. Deshalb ist es richtig, dass Sicherungsmaßnahmen in nächster Zeit notwendig geworden wären. Falsch ist aber, dass die Bäume ohnehin nur noch wenige Jahre zu leben gehabt hätten. Zwar kann man Dinge, wie das Lebensalter, nicht mit Sicherheit prognostizieren. Aber es gibt zahlreiche Beispiele, dass Bäume mit sehr viel weniger aktivem Splintholz Jahrhunderte überdauerten.

Obwohl es müßig ist, zum jetzigen Zeitpunkt über ein „hätte“ zu diskutieren, muss es dennoch erlaubt sein, Alternativen zum Fällen aufzuzeigen. Dabei kommt es natürlich immer auf die Wertigkeit des Baumes an. Ein Waldbaum mit derartigen Schäden am Stamm wird zwangläufig aus der Holzproduktion herausgenommen und gefällt oder ggf. unter Naturschutzaspekten als Nistbaum für Höhlenbrüter im Bestand belassen. Nicht nach materiellen Maßstäben sollten allerdings die beiden einzigen Reste des Braunschweiger Schlossgartens bewertet werden. Die Tatsache an sich wäre bereits Grund genug gewesen, die beiden Bäume zu erhalten. Hinzu kommt der überregionale Aspekt, dass die beiden Bäumen mit Sicherheit zu den ältestens Exemplaren ihrer Art in Deutschland gezählt haben.

Wie Baudenkmale und Kunstobjekte in unserer Gesellschaft geschätzt, erhalten und gepflegt werden, so haben auch Naturdenkmale Anspruch auf eine vergleichbare Wertschätzung, zumal derart alte Bäume nicht vom Menschen geschaffen werden können, sondern die Jahrhunderte benötigen, um zu wachsen. Andernorts gibt es zahlreiche Beispiele, bei denen außergewöhnliche und alte Bäume gepflegt, saniert und als Attraktionen und Vermächtnis der Nachwelt erhalten werden.

Schade für Braunschweig – eine Chance verpasst.

Dr. Peter Böttcher, Diplomholzwirt Braunschweig

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