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Wenn schon Unwort, dann bitte „Unwort“

Dem Sprachgebrauchler geht die Hutschnur hoch: Wenn schon Unwort, dann bitte „Unwort“

Blitze blitzen, Kameras kameraen, und dann geht für 15 Sekunden der Warhol’sche Himmel über einer unbekannten Linguistik-Lehrbeauftragten auf: „Alternative Fakten“ sei das „Unwort des Jahres“, darf Professorin Nina Janisch als Sprecherin irgendeiner Jury vor ehrfürchtigen Presseberichterstatter/Innen verlautbaren.

Nun ermangelt es dem aus dem Adjektiv „alternativ“ und dem Substantiv „Fakten“ zusammengesetzen Begriff schon aus formalem Grund an der Fähigkeit der Preiswürdigkeit. Selbst in der Gerontopsychiatrie lassen es die Pfleger nicht immer durchgehen, wenn eine der Scrabble-Spielerinnen „herrliches Ostpreussen“ als Wort, Unwort, garantiert richtiges Wort oder garantiert richtiges Unwort zusammenpuzzelt. Sind nun mal zwei Wörter.

Diese Feinheiten sollte eine Jury unter einer Linguistik-Professorin eigentlich beherrschen. Oder ihre wissenschaftlichen Meriten beim Rausgehen an der Garderobe abgeben.

Mit dem Unwort „Alternativfakten“ hätte sich der deutsche Sprachgebrauchler ja noch anfreunden können. Oder mit dem Unwort „GroKo“, dem Unwort „Plastikmüllstrategie“, dem Unwort „Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän“ oder dem Unwort „Rechtschreibreform“ (haben übrigens auch die Linguisten für gutes Honorar im Auftrag der Firmen Duden und Pons. Es gibt kein „Unwort“. Es gibt nur Linguist/Innen, die einmal im Jahr Aufmerksamkeit für ihr verstaubtes Fach brauchen. Sprache entwickelt und entwickelte sich schon immer analog der Gesellschaft mit feinem Gespür für sich verändernde Strömungen. Besser mal zuhören, als 15 Sekunden vor Kameras posieren. „Vorglückseligkeitmasturbierende“ wäre ein schönes Wort gewesen, sogar ein Substantiv. Mein Unwort des Jahres ist allerdings „Unwort“.

Sprache wird nicht von Linguist/Innen gemacht, gebraucht, erfunden. Für den Kommentator ist „Unwort“ das Un-Wort des Jahres. Weil es Denkverbote beinhaltet. Weil es die Sprache kontrolliert. Weil es im Subkontext Grenzen errichtet. Weil es die Freiheit des Ausdrucks zensiert.

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