LINKE. verlangt Einhaltung des Abwasserentsorgungsvertrages
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 09. März 2017 06:48
- Geschrieben von DIE LINKE im Rat der Stadt Braunschweig
"Pressemitteilung"
Am 17.11.2005 wurde mit den Stimmen von CDU, FDP und ehem. OB Dr. Hoffmann die Privatisierung der Stadtentwässerung beschlossen. Der ehem. OB Hoffmann stellte seinerzeit folgende Vorteile dar: Gebührenstabilität über 30 Jahre, Besserstellung der betroffenen Mitarbeiter, Schuldenabbau, gesicherte Arbeitsplätze und Privatisierungserlös mit strategischen Gewinn von 20 Mio. Euro. Weiter wurde im Privatisierungsvertrag mit Veolia (Abwasserentsorgungs-vertrag – AEV) festgelegt, dass zum Ende der Privatisierung in 2035 die Kanäle und Anlagen sich mindestens in dem Zustand wie zu Beginn der Privatisierung befinden müssen.
Die Überprüfung der Vorgaben sollte mit einem – ebenfalls im AEV vereinbarten - Gutachten zum 01.01.2011 erfolgen. Tatsächlich vorgelegt wurde das Gutachten jedoch erst am 20.12.2016, also mit fünfjähriger Verspätung. Und dafür gibt es einen Grund: Die versprochenen Ergebnisse sind nicht eingetreten. Dazu im Einzelnen:
Gebührenstabilität und Substanzerhalt
Als Teil der Privatisierungsvorlage wurden die konkreten Gebühren bis 2035 errechnet und dargestellt, dass sich diese um 4% günstiger entwickeln würden als ohne Privatisierung. Gleichzeitig wurde vertraglich festgelegt, dass sich Zustand und Alter von Kläranlage und Kanälen bis 2035 nicht verschlechtern sollen. Dazu wurde eine jährliche Sanierungsrate von durchschnittlich 1,25% und mindestens 1,1% vertraglich vereinbart. Die Realität ist nun so, dass die Gebührenentwicklung zwar gemäß der Prognose eingetreten ist. Dies aber zu dem Preis, dass die Sanierungsrate real nur 0,89% beträgt, weil über 7 Mio. zu wenig investiert und die langfristigen Sanierungsziele nicht erreicht wurden. Dazu erklärt der Vorsitzende der Linksfraktion im Rat der Stadt Braunschweig, Udo Sommerfeld: „Der Verwaltungsspitze in Form des ehemaligen und auch des derzeitigen OB dürfte klar gewesen sein, dass sich von zwei Privatisierungsversprechen mindestens eins nicht halten lässt. Nur so kann erklärt werden, dass die Verwaltung jahrelang akzeptiert hat, dass die Kanäle im Durchschnitt älter und – vermutlich – auch in einem schlechteren Zustand als vor der Privatisierung sind. Dass die Verwaltung nun aber auch noch für die Zukunft vorschlägt, dass die vertraglich vereinbarten Sanierungsraten aufgegeben werden, nutzt zwar dem Profit von Veolia, würde aber zu einer weiteren Verschlechterung der Kanäle führen. Dies lehnen wir ab.“
Umweltprobleme
Seit der Privatisierung scheint es zu keinerlei Maßnahmen gegen die zunehmende Verschlammung der Rieselfelder gekommen zu sein. Daher bewertet der Gutachter die Funktionsfähigkeit der Rieselfelder mit der Note 5 (schlecht). In Verbindung mit den Rieselfeldern wird auch darauf hingewiesen, dass der Überwachungswert bei Phosphor häufig überschritten wurde und eine Einhaltung der behördlichen Erlaubniswerte gefährdet sei. Weiter wird im Spartengutachten vom 06.02.2014 dargestellt, dass die Grenzwerte für die Schwermetallbelastung ab 2015 möglicherweise nicht mehr eingehalten werden können. Die Spitzen des Cadmium-Wertes lagen bei 2 mg/kg, der zulässige Grenzwert beträgt 1,5 mg/kg. Die Spitzen des Quecksilber-Grenzwertes lagen bei 1,5 mg/kg, der zulässige Grenzwert beträgt 1 mg/kg. Dazu Sommerfeld weiter: „Umweltschutz stand bei den Privatisierungsbefürwortern ja nie besonders hoch im Kurs, daher sind die vertraglich vereinbarten Festlegungen eher schwach. Trotzdem ist erstaunlich, dass die Verwaltung offensichtlich seit mindestens zwei Jahren Kenntnis von den Umweltproblemen hatte, von konkreten Maßnahmen zur Lösung – außer einer geplanten Entschlammung in diesem Jahr - aber nichts bekannt geworden ist. Hier muss jetzt schnell gehandelt werden.“
Personal
In 2005 wurde die Personalentwicklung von den Privatisierungsbefürwortern in den rosigsten Farben geschildert. Tatsächlich kam es aber in den Jahren 2005 – 2013 zu einem Personalabbau von 26%. Der Gutachter kommt hier zu dem Ergebnis, dass der Personalbestand bereits in 2013 an der unteren Grenze des Bedarfes lag.
Insgesamt erklärt Sommerfeld abschließend: „Was mich am meisten erstaunt ist, dass nun die Linksfraktion – als Gegnerin von Privatisierungen – auf die Einhaltung der Privatisierungsverträge und Versprechen pochen muss, während alle anderen Fraktionen dies bislang nicht tun. Wenn die Sanierungsraten wie vorgeschlagen abgesenkt werden, werden die Abwasseranlagen bei ihrer Rückgabe 2035 in einem viel schlechteren Zustand sein als vor der Privatisierung. Daher beantragen wir die Einhaltung der Sanierungsraten, die Lösung der Umweltprobleme und das Anheben des Personalbestandes auf einen mittleren Wert. Dies sind Maßnahmen für die Bevölkerung und damit auch im Interesse des gesamten Rates.“