Warum die Wirtschaftswissenschaft eine plurale Erneuerung braucht
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 01. Juni 2016 17:06
- Geschrieben von Meinhard Miegel und Stefanie Wahl
Die ökonomische Welt ist in Bewegung: der Zusammenbruch des Sozialismus, die rasanten Entwicklungen im asiatischen Raum, Globalisierung und Digitalisierung, der arabische Frühling, die Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise – um nur einige Ereignisse zu nennen – haben unsere tradierten Vorstellungen vom Verlauf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse ins Wanken gebracht. Offensichtlich müssen wir unsere gewohnten wirtschaftstheoretischen und wirtschaftspolitischen Überzeugungen auf den Prüfstand stellen – und vor allem müssen Ökonomen wieder lernen, Ökonomie und Gesellschaft zusammen zu denken. Grundvoraussetzung dafür ist die Einsicht, dass es nicht nur eine Perspektive auf die Dinge gibt, sondern dass wirtschaftliche Phänomene im Kontext historischer und kultureller Prozesse verstanden und interpretiert werden müssen.
Eine solche vielschichtige und plurale Sicht muss sich auch in der universitären Ausbildung wiederfinden. Doch die Lehre ist fokussiert auf die Modelle des neoklassischen Mainstreams und deren Weiterentwicklung. So wichtig dieser Kernbestand des Faches ist – für die Herausforderungen der Zukunft braucht es mehr. Wirtschaftsethik, Geschichte des ökonomischen Denkens, Institutionenökonomik, Entwicklungsökonomik, ökologische Ökonomik und viele weitere, ergänzende Ansätze sollten mehr sein als Nebenschauplätze der volkswirtschaftlichen Lehre. Sie sind unentbehrlich, wenn wir unsere Studenten zu dem ausbilden wollen, was die Gesellschaft braucht: Verantwortliche und handlungsfähige Ökonomen!
Nils Goldschmidt ist Professor für Kontextuale Ökonomik und ökonomische Bildung an der Universität Siegen und Initiator des deutschlandweit ersten Masterstudiengangs „Plurale Ökonomik"