6000 Menschen demonstrieren in Wietze für eine Agrarwende

Das war ein Erfolg wie ihn sich die Veranstalter für die Umzingelung des gigantischen Schlachtbetriebes Rothkötter erhofft hatten. Gerechnet hatten sie noch letzte Woche auf der Grundlage der Campact-Anmeldungen mit 3000 Demonstranten, dann mit 5000 und nun waren es nach polizeilichen Angaben 6000 und nach eigenen Zählungen 7000. 

 

Zur Demonstration unter dem Motto „Wir haben Agrarindustrie satt“ gegen die gigantischen Agrarfabriken, die Qualhaltung in Massentierhaltung und die größte Tiertötungsanlage in Europa, kamen Menschen jeden Alters zusammen. Es war ein buntes und trotz des Anlasses auch fröhliches Treiben mit endlos vielen Transparenten, campact-Luftballone in rot und grün und fantasievollen Kostümen.

Auf einer Ziehharmonika am Wegesrand spielte ein Clown seine traurigen Weisen

Und was noch auffiel: es waren deutlich mehr Frauen unterwegs als Männer. Liegt das vielleicht daran,  dass die einen anderen Zugang zum Wert des Lebens haben?

Wie bei jeder Demo begann es mit der Kundgebung. Verbandsvertreter von Natur- und Tierschutzorganisationen machten auf dem zentralen Droschkenplatz in Wietze deutlich, dass die Massentierhaltung in vielerlei Hinsicht nicht nur eine ökonomische Sackgasse sei sondern auch eine gesellschaftliche und ökologische.

Nichts sei in der Massentierhaltung wahrhaftig und nichts ökologisch und kulturell nachhaltig. Die Produktpreise wiesen auf den geringen finanziellen Wert des Kadavers hin und die skandalösen Aufzuchtbedingungen der Tiere auf deren Wertlosigkeit. Nicht die Kreatur oder das Leben habe in der Agrarindustrie einen Wert, sondern billigst der Kadaver, das Tote.

Unter "Earthlings" finden Sie einen US-amerikanischen Film mit Untertitel über den Umgang mit Tieren, der Ihnen einiges an Nerven abverlangen wird.

Die Agrarindustrie sei eine vom Staat hoch geförderte Verrohung der Gesellschaft, die auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen immer deutlicher wird. Ein Zitat von Tolstoy wies auf einem Plakat darauf hin.

Die "Ehrfurcht vor dem Leben" wie Albert Schweitzer es formulierte, würde auch vom Staat einem kurzfristigen und ausschließlich monetärem Gewinn geopfert. So seien die Produktpreise nicht die wahren Preise, weil die wahren Kosten ausgelagert und auf die Allgemeinheit umgelegt würden. Allein die 7 Mio € Subventionen für die Schlachterei Rothkötter in Wietze sei mehr als die gesamten Subventionen, die der Biolandbau in Niedersachsen erhalten habe.

 Deutlich wurde in einigen Reden, insbesondere in der des brasilianischen Gastes, dass die Hähnchenmast und die Massentötung ein internationales weltumspannendes Geschäft sei. Futtermittel kämen als gentechnisch verändertes Soja aus Brasilien und viele Hähnchenteile in Massen hoch EU-subventioniert auf die afrikanischen Märkte, die die dortigen einheimischen Hähnchenmärkte zerstörten. In Brasilien werden Urwälder gerodet und Menschen von ihrem Grund vertrieben, weil die Sojabarone unterstützt von Monsanto fruchtbare Böden bräuchten.

Die Agrarindustrie verursache eine die Erde umspannende Kette von Ungerechtigkeiten, massivster Umweltverschmutzung und Verelendung zum Nutzen einiger weniger Großkonzerne und Billigfleischverzehrern. Mehrfach wurde eine bäuerliche Landwirtschaft gefordert. Der anwesende niedersächsische Agrarminister Christian Meyer musste sicherlich nicht überzeugt werden.

Das konkrete Ziel der Aktion war die Umzingelung der Tötungsanlage Rothkötter in Wietze. Und das geschah dann auch. Nur ein Kilometer Fussweg musste vom Droschkenplatz zu Rothkötter zurückgelegt werden. Die Spannung wuchs - wird es gelingen die Anlage zu umzingeln?

 Das Protesthuhn "Frieda Freilauf" führte den Demonstrationszug an.

Der Weg vom Droschkenplatz, dem Ort der Fete und Kundgebung, zu Europas größter Hähnchentötungsanlage.

Worauf kaum jemand gefasst war, war die recht große Menschenkette, die erstellt werden musste, und die weit über das Areal der Tötungsanlage hinaus ging. Die Menschenkette führte also noch über schöne Waldwege, die gesäumt waren mit Blau- und Preiselbeeren.

Ein schöner Spaziergang Hand in Hand am Samstag nachmittag, aber von der Sorge getragen, ob die Umzingelung gelingen würde. Doch sie gelang - vollständig. Die Kette hätte noch länger sein können, denn auf den Straßen standen die Menschen in Dreier- und Viererreihen.

Die unglaublich vielen Transparente mussten zum Abschluss noch gewürdigt werden. Sie wurden einfach an dem Hochsicherheitszaun befestigt. 

 Das Bild kennt man eigentlich nur von Atomanlagen und Munitionsdepots. Demonstranten fragten sich, ob es hier Zusammenhänge gäbe. Einer meinte: Durchaus, der Tod sei das Bindeglied. Innen der Tod und außen das Leben.

Essey: Haben Tiere Rechte?

Presse

dpa-Bericht in der Braunschweiger Zeitung

Hannoversche Zeitung

campact

"Dr. Angela Merkel (CDU)" trifft MrMarxismo in Wietze bei Demo gegen Geflügelschlachthof (31.8.2013)

Wir haben die Agrarindutrie satt