Energie in Bürgerhand
- Samstag, 18. Juli 2009 06:41
- Uwe Meier
Unter diesem Motto startete im Rahmen einer Auftaktveranstaltung am vergangenen Wochenende (10./11. Juli) in Freiburg /Breisgau die bundesweite Kampagne zur Beteiligung von Bürgern am fünftgrößten Energieversorger in Deutschland, der Thüga. Aus kartellrechtlichen Gründen muss sie von E-ON verkauft werden.
Braunschweig war selbstverständlich auch vertreten, so wie etwa 80 weitere Vertreter von Kommunen aus deutschen Landen.
Kommunen aus Baden-Württemberg waren zwar sehr viel stärker vertreten, aber das muss so nicht bleiben. Die Bürger Niedersachsens und insbesondere der Braunschweiger Region haben schließlich ein besonderes Interesse an umweltfreundlicher und nachhaltiger Energieerzeugung. Sind wir doch besonders betroffen durch die ASSE, SCHACHT KONRAD, MORSLEBEN und GORLEBEN. Nun können Bürger aus Braunschweig und der Region ein nachhaltiges Zeichen setzen, indem sie sich an der Genossenschaft beteiligen. Und unsere Region wird wie bei der Lichterkette ein deutliches Signal geben!
„Wir stellen alles auf den Kopf: Bürger übernehmen die Energieversorgung“ mag vielleicht etwas großspurig klingen, aber die Chancen stehen gut, dass Bürger und Kommunen es schaffen, Anteile zu erwerben und somit Einfluss auf die Energiepolitik der Thüga auszuüben.
Sollte es zu einer Beteiligung kommen, wären die GenossenschaftlerInnen an den Gewinnen der Thüga beteiligt. Darüber hinaus könnten Mittel in die Förderung nachhaltiger Energieprojekte fließen. Wie sagte es der MdB und Staatsminister im Auswärtigen Amt Gernot Erler (SPD) in einem Grußwort: …“der erste politische Stromanbieter!“
„Die Partizipation an zukunftsweisenden Entscheidungen ist kein Hindernis sondern Voraussetzung guter kommunaler Entscheidungen“. Dieser Satz klingelte so manchen Bürgern in den Ohren, die autokratisches Durchregieren in den Kommunen gewohnt und deren wertvolle Stadtwerke längst verscherbelt sind. Mit „Energie in Bürgerhand“ soll hier ein Kontrapunkt gesetzt. Es geht u. a. um die Demokratisierung der Energiewirtschaft, Dezentralisierung der Energieerzeugung und um den Ausstieg aus der Atomenergie. Gestützt wird das bundesweite, demokratische Bürger-Energieprojekt von drei Banken: der Freiburger Stadtsparkasse, der Freiburger Volksbank und der GLS-Bank.
„Energie in Bürgerhand“ ist ein genossenschaftliches Projekt, im Grunde also ein privates. Das ist in dieser Form akzeptierbar, weil nach Genossenschaftsrecht das Demokratieprinzip gilt: Eine Person, eine Stimme, egal wie hoch die finanzielle Beteiligung ist.
Natürlich geht es nicht nur, aber auch um Geld – um viel Geld, das von Bürgern, fortschrittlichen Kommunen und Unternehmen kommen soll. Es müssen mindestens 500,- € auf ein Treuhandkonto eingezahlt werden, um der Genossenschaft beitreten zu können. Das Geld ist gut angelegt, jedenfalls besser als an den Börsen der vergangenen Jahre und manch einer Investitionsbank. Wie sicher die Investition ist erfahren Sie hier.
Aber es geht eben nicht nur um Geld! Die mögliche finanzielle Rendite ist zwar hoch interessant, doch ist sie eben auch hoch politisch; die politische Rendite ist die energiepolitische Zukunft in Freiheit, Nachhaltigkeit und Selbstverantwortung. Und das fast ohne Risiko, denn sollten die Verhandlungen nicht zum Erfolg führen, gibt es das Geld mit einem Zinsaufschlag zurück.
Erhebliche Impulse für das Projekt „Energie in Bürgerhand“ kommen von dem Öko-Stromanbieter EWS
die bereits fleißig Werbung machen für die Treckerdemonstration von Gorleben über Braunschweig, Schacht Konrad, Asse und Morsleben nach Berlin und für ihre neue Anti-Atom-Broschüre „Wrack ab – 100 gute Gründe gegen Atomkraft“.
Für den Sonntag gab es eine Einladung zu einer Exkursion in den Freiburger Stadtteil Vaupan. Es war beeindruckend. Eine Stadt der Zukunft. Kaum ein Haus ohne Fotovoltaik auf dem Dach, modernste Energie- und Mobilitätskonzepte, familienfreundlich , um nur Weniges zu nennen.
Sicher, es ist ein Modellstadtteil , aber in realisierten Großprojekten wird gezeigt, was alles bereits heute städtebaulich und architektonisch unter Einbeziehung modernster energiesparender und klimaschonender Kommunalpolitik möglich ist. Einem Braunschweiger stellt sich die Frage, warum nicht wenigstens ein Bruchteil dessen bei uns kommunalpolitisch umgesetzt wird. Noch nicht mal ein zukunftsorientiertes klimapolitisches Konzept liegt in dieser Stadt vor. Ist es Ignoranz oder pure Ideologie? Beides wäre fatal und einer Stadt der Wissenschaft unwürdig.