„Geplantes“ Gefahrstofflager für 596 t bereits im Bau!
- Details
- Veröffentlicht: Sonntag, 15. Mai 2016 07:19
- Geschrieben von Thorsten Bock
Informiert das Gewerbeaufsichtsamt „gesetzlich“ an Bürgern vorbei, um vollendete Tatsachen zu schaffen?
Der Wipshausener Bürger Thorsten Bock vor der noch nicht genehmigten Baustelle für ein Gefahrstofflager von Pestiziden
Bei Hillerse (Kreis Gifhorn), nahe Wipshausen (Kreis Peine) soll ein Gefahrstofflager mit einer Kapazität von 596 t errichtet werden. Doch nicht nur das, es werden vollendete Tatsachen geschaffen! Durch Informationsmängel haben die Bürger es sehr schwer gegen den Bau zu kämpfen. Im Ernstfall sieht es für Umwelt und Natur sowie Leben und Gesundheit der Menschen sehr schlecht aus.
Dieses Lager wird von der Raiffeisen Waren GmbH gebaut. Eine Vielfalt unterschiedlichster Stoffe sollen dort gelagert werden. Hauptsächlich Pestizide! Die Gefahren reichen von leicht entzündlich, über toxisch und ätzend, bis gewässergefährdend. Eben alles ,was die Pestizidindustrie an Giftstoffen so zu bieten hat, konzentriert an einem Ort. Der Standort liegt nur 75 m neben einer Biogasanlage, in der naturgemäß exlosives Methan (Biogas) produziert und gelagert wird. Damit wird das Risiko so massiv erhöht, dass es bei einem Störfall zum Desasters kommen kann.
Der Heideboden lässt Flüssigkeiten sehr schnell versickern so dass sie im Ernstfall schneller ins Grundwasser gelangen als die Feuerwehr buddeln kann. Nicht nur die giftigen Flüssigkeiten sind bedenklich, die trockenen Chemikalien sind nicht weniger problematisch, weil viele von ihnen leicht brennbar sind. Die nicht brennbaren Chemikalien können ebenfalls schwere Schäden anrichten, wenn sie durch die gefährlichen Flüssigkeiten oder Wasser aufgelöst werden, und dann ein gefährliches Gemisch bilden. Da diese Anlage nahe der Oker gebaut wird, sind schwere Gewässergefährdungen im Ernstfall nicht auszuschließen. Fließt die Chemiebrühe durch das Überschwemmungsgebiet in die Oker, ist mit schwesten Gewässerschäden zu rechnen. Viele der Pestizide sind nämlich gewässergefährdend und haben zahlreiche weitere giftige Eigenschaften.
Angesichts dieser Gefahrensituation ist es wenig verwunderlich, dass die Verantwortlichen es mit der Information der Öffentlichkeit nicht übertreiben.
Die Veröffentlichung dieser Planung war vollkommen ungenügend. Dadurch wurde es den Bürgern extrem schwer gemacht, hier Einsprüche zu diesem Genehmigungsverfahren zu einzulegen. Es war also reine Glückssache, von dem Bau dieses Gefahrstofflagers mit einem so hohen Gefährdungspotenzial zu erfahren. Die regionalen Zeitungen berichteten nur wenig. Mein Glück war, zufällig davon gehört zu haben. So führte ich mit etwa 10 Personen ein kurzfristig anberaumtes Treffen durch, bei dem wir über Einspruchsmöglichkeiten diskutierten. Bei dieser komplizierten Materie war es schwierig, relevante Gründe zu benennen, da die Zeit zu knapp war, die notwendigen Informationen zu recherchieren. Durch das Fristende für Einsprüche, mussten diese sofort eingereicht werden. Statt einer sofortigen Öffentlichkeitsinformation, einigte man sich zunächst darauf, den normalen Amtsweg zu nehmen und auf die Erörterung zu warten.
Erst am 01.02.16, nach der Einspruchsfrist, war eine Veranstaltung zur Lagersicherheit vorgesehen. Hauptsächlich ging es dabei um die Notfallplan- und Baubeschreibung, um die Unbedenklichkeit zu vermitteln. Auch dazu wurde wieder schlecht informiert. Ich hatte Glück davon gehört zu haben. Andere Bewohner von Wipshausen, die ich informierte, konnten nicht so kurzfristig teilnehmen. Unter den 30-40 Zuschauern saßen einige mit dem Bau beauftragter Angestellte. Bei dem detaillierten Vortrag wurden auch die Gefahrstoffgruppen mit deren Höchstmengen vorgestellt. Für die meisten Zuschauer erschreckend. Wie ich auch, haben sie sich eine so riesige Gefahrenvielfalt vorher nicht vorgestellt. Bei der Bürgerdebatte wurde deutlich, wie besorgt die Bürger waren. Durch intensive Fragen über mögliche Gefahren und Unfälle, welche auch durch eine technisch noch so gut geplante Anlage kommen können, wurde deutlich, dass diese Anlage von sehr vielen abgelehnt wird. Was passiert im Ernstfall mit Umwelt, Natur und Menschen, waren viele Fragen. Antworten beschrieben hauptsächlich die gute Technik der Anlage. Auf Fragen, wenn diese Technik versagen sollte, kamen nur Planabläufe für die Feuerwehr, sowie Wunschvorstellungen, wie sich giftige Dämpfe und Flüssigkeiten verbreiten mögen. Dazu die theoretischen Berechnungen, wie viel Zeit bei welcher Entfernung zum Flüchten bleibt. Bürgermeister Tanke hielt sich sehr zurück: „da können wir sowieso nichts machen, das ist Sache des Gewerbeaufsichtsamtes.“
Am 05.04.16 fand der Erörterungstermin der Einsprüche statt. Obwohl die Einspruch Einlegenden ihre Adresse abgeben mussten, wurden nicht alle betreffenden Personen von diesem Termin unterrichtet. Dann legte man diesen Termin auch noch auf Montag um 10°° Uhr. Erst auf unsere Initiative wurde der Termin in den Peiner Nachrichten bekannt gemacht. So war die Veranstaltung für so ein brisantes Thema schwach besucht. Zur Begrüßung behauptete Bürgermeister Tanke, dass es bereits bei der Februar -Sitzung unter den anwesenden Bürgern eine große Akzeptanz für das geplante Lager gegeben habe. „Wir als Gemeinde finden es an der Stelle auch verantwortbar“. Ehe darauf etwas Kritisches erwidert werden konnte, verschwand er aus dem Saal. Bürger und Presse, die nicht beide Sitzungen kannten, hätten sicherlich vieles anders gesehen, wenn Fragen an Tanke möglich gewesen wären.
Dann kam es zur Projektvorstellung. Als es interessant wurde und der Konstrukteur, Herr Oeder, gerade die Gefahrstoffgruppen erklärte, wurden diese Erläuterungen durch Nieswandt, Gewerbeaufsichtsamt, abgebrochen. „Nicht soviel Details!“ hieß es und er verlas geordnet die Einwendungen. Zu jeder konterte er mit Recht und Gesetz. Er hatte sogar Tabellen, von denen zu lesen war, in welcher Entfernung die Grenzwerte des Rauches im Brandfall unbedenklich sind. Sorgen machte den Bürgern das Thema „Biogasanlage in 75 m Entfernung“. Sogar 8 m von ihr würden als Sicherheitsabstand ausreichen, erläutere der Herr vom Gewerbeaufsichtsamt. Auf die Frage, ob denn die Orts-Feuerwehren konkret informiert wären, damit sie auch in den Nachbargemeinden die Gefahren im Vorfeld erkennen, kam die Antwort, „das geschieht bei Fertigstellung der Anlage, das ist schon alles ausgearbeitet. Genauigkeiten liegen im Amt. Braucht man sich nur abholen.“ Alles klar !? Und der Informationsmangel? Dazu Nieswandt: „Das Niedersächsische Ministerialblatt wurde informiert, andere Meldungen sind zusätzlich.“ Hätte eine Veröffentlichung im Playboy mehr Erfolg gebracht? „Wir bewegen uns auf der gesetzlichen Schiene“, brachte Nieswand zum Schluss. Eine Möglichkeit gegen diese Genehmigung weiter angehen zu können, wurde nicht erläutert. Ein Protokoll der Sitzung oder einen Weg, die Ausarbeitung aller Einsprüche anfordern zu können, bot er nicht an. Die Leute gingen bedrückt und sahen die Angelegenheit als verloren.
Die mangelnde Information der Bürger, die Gleichgültigkeit der Ratsmitglieder und der Gesetzes-Dschungel, der die Bürger überfordert , ist es kein Wunder, dass hier kaum jemand für die Umwelt kämpft. Hier wird eine Taktik gefahren, damit die Bürger eingeschüchtert in die Gleichgültigkeit rutschen. Z.B. darf schon vor Erhalt der Genehmigung gebaut werden. Dadurch resignieren auch die letzten Aktivisten. Eine Klage scheint dann aussichtslos. Wir sind Menschen, keine laufenden Gesetzbücher. Wenn der Laden explodiert ist und die Region verseucht, ist es zu spät. Wie erst hinterher bekannt wurde, sind die Bauarbeiten schon im Gange. Am So. 10.04 radelte ich hin. Viele Spaziergänger wussten darüber oft wenig oder nichts. Es glaubten sogar welche, an der Biogasanlage wird ausgebaut. Ein Bauschild, welches Pflicht wäre, stand dort nicht, wodurch Genehmigung, Verantwortliche und Bauvorhaben einsehbar sein müsste. Eine Anzeige über die Polizei in Meinersen wurde abgelehnt. Von den vielen befragten Bürgern in Hillerse und an den Wegen zum Bau wussten die meisten nichts. „Mein Mann ist bei der Feuerwehr, das müsste er doch wissen,“ hörte ich zweimal.
Es würde mich sehr freuen, wenn Sie und ihre Leser Interesse an diesem Thema, haben.
Mit freundlichen Grüßen,