Landkreis geht Ursachen nicht auf den Grund - statistischer Ausreißer oder Folge von radioaktiver Strahlung
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- Veröffentlicht: Samstag, 12. September 2015 00:00
- Geschrieben von Eleonore Bischoff, WAAG
Das Verhältnis von Jungen- zu Mädchengeburten ist erstaunlich konstant. Auf 104 – 106 Jungengeburten kommen 100 Mädchengeburten. In der Umgebung von Atomanlagen treten allerdings gravierende Abweichungen auf, dort werden weniger Mädchen geboren.
Dieses Phänomen der fehlenden Mädchengeburten tritt auch in der Umgebung des Zwischenlagers in Gorleben im Wendland auf. Der dortige Landkreis hat 2014 dazu eine wissenschaftliche Studie erstellen lassen, in der es auch um die Ursachenforschung geht.
In dieser Studie steht auch, dass in Remlingen von 1971 bis 2012 434 Jungen lebend geboren wurden. Aufgrund des Geburtengeschlechtsverhältnisses wäre mit ca. 411 Lebendgeburten von Mädchen zu rechnen gewesen. Tatsächlich wurden aber nur 336 Mädchen lebend geboren. Es "fehlen" somit für diesen Zeitraum ca. 75 Mädchen, das entspricht etwa jedem fünften Mädchen.
In einem Bericht von 2011, der vom Landkreis Wolfenbüttel herausgegeben wurde, wird zwar neben den signifikant erhöhten Schilddrüsenkrebsfällen bei Frauen und Leukämiefällen bei Männern auch auf das abweichende Geburtengeschlechtsverhältnis hingewiesen - ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen. In dem Bericht kommt zu dem Schluss, dass „ein Effekt von ionisierender Strahlung auf das sekundäre Geschlechterverhältnis wissenschaftlich nicht hinreichend belegt“ sei.
Schon 1958 hat ein wissenschaftliches Komitee der Vereinten Nationen veröffentlicht, dass radioaktive Strahlung nicht nur zu Fehlgeburten, Sterilität und Totgeburten führt, sondern auch zur Veränderung des Geburtengeschlechtsverhältnisses.
In dem Bericht des Landkreises von 2011 wir von einem „statistischen Ausreißer“ gesprochen, weil die geringeren Mädchengeburten nur in Remlingen und nicht in den umliegenden Gemeinden festzustellen sind. Es ist seinerzeit nicht untersucht worden, ob das daran liegen könnte, weil die Abluft nicht durch einen hohen Schornstein weitläufig verteilt wird, sondern über einen lediglich 11 Meter hohen Diffusor nur in die nahe Umgebung.
Einen „Ausreißer“ könnte es in einem Jahr oder zwei geben, aber die Zahlen beziehen sich auf die Jahre 1971 bis 2012 Jahren und waren erst in der Summe auffällig.
Die WAAG sieht auf jeden Fall auch keinen „Beleg“ dafür, dass die ionisierende Strahlung aus der Schachtanlage Asse II nicht Ursache für die fehlenden Mädchengeburten und die erhöhten Krebsraten in Remlingen ist. Im Gegenteil, da beide Auffälligkeiten dort auftreten, hält die Bürgerinitiative es für dringend geboten, dass der Landkreis Wolfenbüttel eine Studie in Auftrag gibt, die der Wendland-Studie entspricht, um die Ursachen der bereits heute bestehenden Risiken zu ermitteln, aber auch um die Risiken der zukünftigen Zwischenlagerstandorte einschätzen und vergleichen zu können.
Die Wendlandstudie ist nachzulesen auf waagwf.wordpress.com.
Jedes Mitglied des Kreistages hat die Möglichkeit, sich zu informieren. Niemand wird sagen können, er/sie habe davon nichts gewusst.