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Mahnung in der Dornse am Flaggentag der MAYORS FOR PEACE am 8. Juli

Friedensbewegung und Stadt gegen Atomwaffen

Der Mitgründer des Friedenszentrums Frieder Schöbel eröffnete die Veranstaltung. Er wies auf Städte wie Hannover, Berlin und Frankfurt hin, die anlässlich dieses Internationalen Flaggentages der Mayors for Peace mit bis zu 18 Terminen (Hannover) die Notwendigkeit der atomaren Abrüstung in die Öffentlichkeit bringen. Braunschweig stehe mit nur einem Termin noch ganz am Anfang.

Die Friedensbewegung sei aber dankbar, dass bei den Versammlungen der deutschen Mayors for Peace auf Drängen des Friedenszentrums Braunschweig nun regelmäßig vertreten sei. Zuerst habe der jüngst verstorbene Manfred Pesditschek, dann Bürgermeisterin Annegret Ihbe und am heutigen Tag Cornelia Rohse-Paul unsere Stadt repräsentiert. Die Mayors for Peace haben Einfluss, sie dürfen auf den Atomwaffen-Nichtweiterverbreitungskonferenzen der UN sprechen.  

Annegret Ihbe überbrachte die Grüße des Oberbürgermeisters und des Rats. Die Politiker bräuchten die Unterstützung der Friedensbewegung, um der großen Gefahr des Einsatzes von Nuklearwaffen entgegen zu treten. Sie schlug vor, die Dornse zu einer jährlichen gemeinsamen Veranstaltung anlässlich des Flaggentags der Friedensbewegung zu nutzen.

Es gehe um die  Ächtung der Atomwaffen weltweit. Dieses Jahr jähre sich auch das Ende des Zweiten Weltkrieges, der unvorstellbare Opfer gefordert hatte. 50 Mio. Menschen wurden im Militär getötet, mit Zivilisten insgesamt 80 Mio. Tote. Die Befreiung vom NS Regime sei für uns ein großes Glück gewesen. Die Mayors for Peace hätten eine Kernaussage, dass mit Atomwaffen nicht nur die Städte ausgelöscht würden, sondern die Existenz der gesamten Menschheit bedroht ist. Wir müssten uns gemeinsam den Aufgaben stellen, wir brauchen eine neue Entspannungspolitik.

Hauptrednerin Dr. Angelika Claußen, Psychologin aus Bielefeld und europäische Vorsitzende der „Ärzte gegen den Atomkrieg“ (IPPNW) betonte, das Einstein-Russell-Manifest vom 9.7.1955 sei aktueller denn je. Denn selbst 70 Jahre nach dem Atomwaffenersteinsatz auf Hiroshima und Nagasaki gebe es immer noch keine Entscheidung gegen Atomwaffen.

Und das trotz vieler Bürgerbewegungen, des Manifests der 18 Göttinger Wissenschaftler gegen deutsche Atomwaffen von 1958, der Ostermarschbewegung seit 1960, der Entscheidung des Haager Weltgerichtshofs von 1996 („Androhung und der Einsatz von Atomwaffen sind völkerrechtswidrig“). Aber die sechs Atomwaffenstaaten verweigerten die Kooperation. Die Bürgermeister für den Frieden, die Global Zero-Initiative, ICAN und andere kämpften dennoch weiter für die Reduzierung und Abschaffung der Massenvernichtungswaffen. Einige Gruppen erhielten für diese ihre Arbeit den Friedensnobelpreis: 1985 die IPPNW, 1995 die Pugwash-Bewegung.

Der tödliche Fallout der amerikanischen Versuchsreihe „Bravo“ habe sich 1954 über 27.000 qkm erstreckt. Die Marshall-Inseln hätten jetzt Klage gegen die USA erhoben, die jeder Bürger im Internet unterstützen kann. In Semipalatinsk litten andererseits viele  Leute heute noch an den Folgen der russischen Atombombentests.

In der Frankfurter Erklärung habe die IPPNW gewarnt:  „Wir Ärzte werden Euch nicht helfen können.“

Auf die gegenwärtigen kriegerischen Auseinandersetzungen ging Angelika Claußen auch ein. Die Nato-Osterweiterung seit 1994 und die seit 2008 bestehen Überlegungen, die Ukraine in die Nato aufzunehmen, hätten den jetzigen Krieg mit ausgelöst. Dennoch gebe es seit 1997 die Nato-Russland-Grundakte, die ebenso wie die OSZE Grundpfeiler der europäischen Friedensordnung sei. Sie müssten reaktiviert und gestärkt werden. Die Verlegung Schwerer Waffen an die russische Grenze sei ein eindeutiger  Verstoß gegen die Grundakte, dabei bestehe das Abkommen immer noch.

Inzwischen entwickele sich auf der Welt ein globales Chaos: Irak, Libyen, Syrien, viele afrikanische Staaten. Es gebe daher immer mehr Flüchtlinge, und Europa reagiere mit Abwehr statt mit Hilfe.

Entscheidend sei der Umgang mit Konflikten. Die bisher verfolgte Sicherheitslogik sehe Konflikte nicht als Aufgabe, sondern als Bedrohung. Es komme zu einer Versicherheitlichung, zur Militarisierungsfalle, es entstehe ein immenser Gewaltapparat, dadurch fehle das Geld für Prävention. Notwendig sei eine Friedenslogik, die das Ziel Frieden als Ausgangspunkt nehme. Dafür müssten wir ganz viel Druck auf die Politik entwickeln. Die USA hätten den Atomraketenvertrag mit Russland gekündigt und bereiteten so wie England eine Modernisierung auch der in Deutschland stationierten Atombomben vor, Russland kündigte seinerseits 40 neue Interkontinentalraketen an.

Die gescheiterte Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags im April habe immerhin zu der „Humanitarian Pledge“, der humanitären Selbstverpflichtung, geführt, die bis zum 2. Juli schon 112 Staaten unterstützten. Österreich habe mit seiner Erklärung „Wir als Nichtatomwaffenstaaten fangen mit rechtlichen Maßnahmen an“ den Anstoß gegeben.

Außerdem werde schon seit langem eine Zone frei von Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten gefordert, was leider auf die systematische Blockade durch Israel stoße.  

Die Friedensbewegung habe mit vielen kleinen Schritten die Politik immer weiter gebracht auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden. Das Friedenszentrum habe die Braunschweiger Bürgermeisterin Rohse-Paul gebeten, die Forderung nach einer Unterzeichnung der Humanitarian Pledge durch die Bundesregierung bei den Mayors for Peace einzubringen.  

Eine recht lebhafte Diskussion schloss sich an. Man war sich einig, dass der Flaggentag im nächsten Jahr mit einem breiten Programm gemeinsam mit der Stadt gestaltet werden soll.

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