Neues Kraftwerk am Hungerkamp ohne Transparenz und Nachhaltigkeit
- Donnerstag, 21. März 2013 21:11
- Uwe Meier
Ein neues Kraftwerk, ein Block-Heiz-Kraftwerk, also eines mit Wärme-Kraft-Kopplung, soll am Hungerkamp in Braunschweig-Gliesmarode gebaut werden. Und es soll mit nachhaltigen Rohstoffen wie Biogas (Methan) und Holzreststoffen gefüttert werden, weil "grüne Energie" produziert werden soll. Außerdem wird BÜRGERBETEILIGUNG groß geschrieben. Veranstaltungen fanden statt. Die BZ berichtete darüber. Das hört sich alles gut an. Alle sind`s zufrieden. Oder vielleicht doch nicht? Gibt es etwa was zu mäkeln, vielleicht von immer denselben Querulanten und NEIN-Sagern, den Fortschrittsverhinderern?
Foto: Produktion von Maissilage durch Milchsäuregärung unter der Folie und Bioreaktoren
Allerdings, die gibt es! Aber nicht von den ewigen Verhinderern, sondern von den Zu-Ende-Denkern, den Bilanzierern. Denn das Zu-Ende-Denken ist in der Politik immer noch nicht angekommen und von Transparenz kann bei dem anvisierten Projekt schon gar keine Rede sein.
Noch immer wird in der Politik (CDU, FDP, SPD, Grüne und Verwaltungsspitze) und BS Energy (Veolia) nicht beachtet, dass bei größeren Projekten die Bürger in die Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse mit einzubinden sind. Das wird unter Transparenz verstanden. Es wird nicht darunter verstanden, das was bei diesem Kraftwerksbau geschehen ist, nämlich die Unterrichtung der betroffenen Bevölkerung kurz vor Baubeginn und nachdem alle Entscheidungen getroffen wurden.
Auf der Bürgerveranstaltung in der vergangenen Woche tönten die Projektentwickler „SH Kraft Wärme GmbH“ und BS-Energy voll Stolz von der Bürgerbeteiligung, die nicht hätte vorher stattfinden können, weil erst alle Entscheidungen getroffen werden mussten. Da fragt man sich als Bürger, ob man es bei den Entscheidern in Politik, Verwaltung und Management entweder mit grenzenloser Arroganz oder Unwissenheit zu tun hat oder bewusst und gezielt die Bürger missachtet werden, was auch als Verachtung verstanden werden kann.
Und was ist „grüne Energie“ und ein „weiteren Beitrag zum Klimaschutz“ also umweltfreundlich an diesem Projekt? Siehe Präsentation
Sicher die Wärme-Kraft-Kopplung, denn mit ihr wird die im Brennstoff vorhandene Energie deutlich besser genutzt. Diese Technik ist sinnvoll, und daher gut, dass sie verwendet wird, zumal klimaschädliche Kohle nicht mehr verbrannt werden muss. Aber zu welchem Preis?
Foto: Verdichtung des gehäckselten Maises zur Silageherstellung
Nein, nicht der Preis in Euro, sondern der Preis, der an die Umwelt durch Emission und sonstige Schäden zu zahlen ist. Biogas (Methan) fällt nicht vom Himmel, es muss doch produziert werden. In der Regel aus Mais oder Grünroggen. Und deren Anbau verursacht Emissionen. Man sollte im Thünen-Institut in Völkenrode mal nachfragen. Da wird man zur Antwort bekommen, dass der Anbau fast aller nachwachsenden Rohstoffe (Ausnahme: Kurzumtrieb bei Gehölzen) zum Zwecke der Klimagasvermeidung, das Ziel nicht erreicht. Vielmehr werden mehr Klimagase erzeugt, wenn Mais für die Biogasproduktion erzeugt wird. Bodenvorbereitung, Aussaat, Pflanzenpflege, Düngemittel, Ernte und div. Transporte kosten nun mal Energie.

Foto: Industrielle Ferkelproduktion mit fixierten Muttersauen
Oder soll vielleicht auch Gülle vergoren werden, um Biogas zu gewinnen (siehe Schema in der Präsentation). Das kann sinnvoll sein, insbesondere dann, wenn die Nutztiere nach tierethischen Prinzipien gehalten und zusätzlich mit heimischem Futter ernährt werden. Werden sie aber nicht! Massentierhaltung ist angesagt und das Kraft- Futter kommt in der Regel Soja aus Südamerika, produziert mit Saatgut von Monsanto. Und über das was der Sojaanbau dort anrichtet, sollte man informiert sein, bevor man ein sog. Bio-Kraftwerk plant, das nicht klimaschädlich und damit vielleicht sogar zukunftsorientiert sein soll.

Foto: Reste eines tropischen Primär-Regenwaldes zur Vorbereitung landwirtschaftlicher Kulturen
Vertreibung von Menschen, Raubbau an der Natur, Landbesitznahme, Bodenerosion, monsantomonopolisiertes Gen-Soja, Zerstörung der Biodiversität, intensive Herbizidbehandlungen und endlose Transportwege usw. Zusätzlich bei uns Massentierhaltung mit entsprechendem gesundheitsgefährdendem Antibiotikaeinsatz. Das sind Resultate, die hier in unserer Verwaltung, bei BS-Energy, einschl. Aufsichtsrat OB Dr. Hoffmann, bei der CDU, SPD und den famosen Grünen! im Rat, entweder nicht bedacht werden oder will man es vielleicht nicht wissen. Nein, Biogas, das in Gliesmarode verbrannt werden soll, wird in Deutschland nicht nachhaltig produziert, denn die Bilanz ist deutlich negativ. Das was dort betrieben wird ist reines „greenwashing“.
Ergänzend soll bei Bedarf von Oktober bis März Restholz verbrannt werden. Was ist denn Restholz, und wo soll das herkommen? Vielleicht aus dem Wald? Doch dort fällt kein Restholz an. Dort fällt aber Holz nach der Stammernte an, das wirtschaftlich nicht verwertet werden sollte. Äste sollten im Wald liegen bleiben, weil sie als Naturdünger und zur Humusbildung dringend gebraucht werden. Man kann nicht immer nur nehmen, man muss auch geben und Kreisläufe schließen! Diese Kultur des Gebens an die Natur ist anscheinend verloren gegangen.
Foto: Vollbaumnutzung im Braunschweiger Erholungswald. Holz für ein Biomassekraftwerk der BS-Energy?
Und auch das sollte man wissen, wenn man Entscheidungen von biologischer Tragweite trifft: Bei hohem Biomasseentzug kommt es in Ökosystemen zur Reduktion der Artenzahlen und damit zu einer Abnahme der Biodiversität. (Übereinkommen über die biologische Vielfalt, oder Convention on Biological Diversity, CBD). Die Berücksichtigung der Regenerationsfähigkeit des Waldes ist nachhaltige Waldwirtschaft. Vor genau 300 Jahren wurde erstmals darüber berichtet, als Hans Carl von Carlowitz erstmals das Wort „Nachhaltigkeit“ für die Waldwirtschaft benutzte. Wahrscheinlich braucht es noch einmal 300 Jahre bis der Inhalt dieses Wortes bei den Entscheidern und Befürwortern dieses Kraftwerks in Braunschweig angekommen ist.
