Der Verfall der Innenstadt in drei Folgen. Teil 1
- Donnerstag, 25. August 2011 15:05
- Uwe Meier
Wahlkampfzeit! Sie ist eine Zeit, in der nicht nur Programme der Parteien diskutiert werden, sondern auch eine Zeit des Rückblicks. Es wird innegehalten, um die vergangene Ratsperiode zu betrachten und zu bewerten. Die Versprechungen und Prognosen der Entscheidungsträger kommen auf den Prüfstand und werden mit den Tatsachen verglichen. Es werden also Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Akteure gezogen.
In diesem Kommunalwahlkampf stehen insbesondere die Leistungen der CDU und FDP zur Diskussion. Diese Bewertung ist einerseits schwierig, weil beide Parteien in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung traten. Existent waren CDU und FDP, wenn der OB Hoffmann ihre Hände zur Abstimmung brauchte. Insofern ist die Bewertung andererseits auch einfach, weil hier davon ausgegangen werden muss, dass der Wille des OB Hoffmann durch die CDU und FDP umgesetzt wurde, die CDU und FDP also für alles verantwortlich ist, was OB Hoffmann verlautbart und umgesetzt hat.
Ein Schwerpunkt des Oberbürgermeisters Dr. Hoffmann und der ihn stützenden CDU und FDP war die Ansiedlung des Kaufhauses mit dem Betreiber ECE auf dem ehemaligen Schlossparkgelände. In Verbindung damit stand der sog. Wiederaufbau des Welfen-Schlosses.
Das neue Kaufhaus, die Schloss-Arkaden, mit offiziellen 34 500 qm Einzelhandelsfläche plus 7250 qm an Kaufleute vermietete Nebenfläche vermehrten deutlich die Gesamtverkaufsfläche in der Innenstadt. Experten sagten voraus, dass die Auswirkungen der zusätzlichen Verkaufsquadratmeter erst in 3-5 Jahren in der Innenstadt erkennbar sein werden. Dann wird man die sich neu entwickelnden Käuferströme und die Entwicklung auf die Innenstadt beurteilen können. Vielstimmig wurde das Problem von den interessierten Kreisen um Oberbürgermeister, CDU und FDP kleingeredet.
Die Jahre sind nun um. Es kann nun zur Kommunalwahl Bilanz gezogen werden. Was hat sich also getan in Teilen der Innenstadt?
Doch zuvor zur sog. Schlossrekonstruktion. Die Bürger konnten sich zur Eröffnung
erstmalig 2007, also in dieser Ratsperiode, überzeugen, ob die Versprechungen
des Oberbürgermeisters eingehalten wurden. Damit können sie selber beurteilen wo die Wahrheit
liegt oder ob auf deren Vergessen gesetzt wurde.
Die Schlossrekonstruktion
Das wurde von OB Hoffmann versprochen: "Wir bauen das Schloss original 1:1 wieder auf."
Und weiter OB Hoffmann an die Kritiker gerichtet: "Ich empfehle eine Baustellenbesichtigung, dann sieht man, dass das nicht eine bloße Fassade ist. Wir bauen dort tatsächlich mit der Schlossrekonstruktion das alte Schloss unter Verwendung alter Bauteile und hochwertigen Sandsteins original 1:1 wieder auf. Wir werden dort Kultur im Schloss haben. Dementsprechend wird auch sichtbar werden, dass das nicht etwa ein Kaufschloss ist, wie es manchmal heißt." Zitiert nach Abdruck in BZ vom 15.07.2006.
Und das haben die Braunschweiger bekommen: Braunschweig hat entgegen den Beteuerungen der Verwaltungsspitze kein „1:1 original“ rekonstruiertes Schloss bekommen, sondern - wie von den Kritikern vorhergesagt - eine schlichte Fassaden-Rekonstruktion auf drei Gebäudeseiten.
Zur Einweihung sagte OB Hoffmann folgendes und ruderte zurück: „Es ist natürlich nicht das alte Schloss. Das weiß doch jeder. Weder ist es komplett aufgebaut noch wohnt der Herzog drin. Es ist der Aufbau der Schlossfassade und das ist dann das Schloss. Und das andere ist die Schloss-Arkade.“ Quelle: Das Shopping-Schloss“ im NDR am 1.April 2007. Welche Verachtung der Bürger schwingt in diesem Satz mit.
Die Schlossfassade, Motive und
Kosten
Bekanntlich
gibt es oft bei Entscheidungen die edlen und die wahren Motive. Das edle Motiv:
Braunschweig sollte mit dem Schloss ein Stück Identität wiedergegeben werden.
Die Bürger sollten ihr Schloss wiederhaben, dass sie angeblich so sehr
herbeisehnten.
Das wahre Motiv: Es sollte ein neues Kaufhaus in die Stadt und damit ein Großinvestor. Den Bürgern konnte ein Kaufhaus anstatt des Schlossparks nur nahe gebracht werden, wenn sie dafür ein Schloss bekommen, was sie dann ja nicht bekamen.
Natürlich durfte die Schlossfassade der Stadt nichts kosten. Aber ECE wollte die 13,5 Mio. teure Fassade auch nicht bezahlen. Und so zahlte die Stadt doch! Entgegen den Verlautbarungen aus der Verwaltung erhielt die Stadt die Schlossfassade nicht zum Null-Tarif, sondern finanzierte sie aus den Einnahmen aus dem Schlossparkverkauf. Die Fassade ist dabei nicht etwa Eigentum der Stadt, sondern Eigentum von DEKA, der Eignerin der ‚Schloss-Arkaden’. Der Stadt, also dem Bürger gehört gar nichts, nicht mal die Fassade und schon gar nicht die Brunonia.
Fazit: CDU, FDP und OB Hoffmann haben der Bevölkerung Braunschweigs nicht die Wahrheit gesagt! Das Schloss ist eine unvollständige Fassade mit angemieteten Funktionsräumen. Die Stadt Braunschweig hat die bezahlt und Eigentümerin ist die DEKA. Dem Bürger wurde nichts zurückgegeben, der Schlosspark wurde vielmehr verkauft. Dem Bürger der Stadt gehört nichts, auch nicht die Brunonia, die ja angeblich den Braunschweigern von der Borek-Stiftung zurückgegeben werden sollte. Die Borek-Stiftung bekommt die Eintrittsgelder für die Besichtigung der Brunonia und wir Bürger tragen vertragsgemäß die Kosten.