Die Schuld vom Lande Kommentar - Von Jan Grossarth

Ein Wintersturm fegte durch die Gazetten und durch das Volk der Landwirte samt ihrer Funktionäre. Was war passiert? Umwelt- und Bauministerin Barbara Hendricks hat einige Bauernregel launig verballhornen und weit verbreiten lassen. Im Grunde wurde leicht übertrieben die Wahrheit gesagt, doch die verträgt man nicht in Bauernkreisen. Die Bauern fühlten sich verunglimpft und deren Verbände setzten die Ministerin unter Druck. Sie nahm nun alles wieder zurück. Lesen Sie in der FAZ

Harmlose Verse reichen, und maßloser Zorn gegen „Eliten“ bricht unter Bauern und Union aus.

(…) Erst der Ton, den die Agrarier wählten, machte die Posse zu einem Thema – zu einem Lehrbuchstück über die Krise der öffentlichen Kommunikation und die Schamlosigkeit, Fakten nach Gutsherrenart zu ignorieren. (…)

Unterdessen führt die Art und Weise der Industrialisierung der Landwirtschaft zu ungebremstem Höfesterben. Die Bauernverbände haben keine Ideen, wie sie sinnvoller ablaufen könnte. Zugleich kultivieren sie ihr stolzes Selbstbild, was mit der Realität schwer in Einklang zu bringen ist. Darin kommen nicht vor: der dramatische Artenschwund und die perverse Tierzuchtindustrie, in der das kranke Tier nicht nur eine Ausnahme ist. Auch nicht die Tatsache, dass aus Bauern Lieferanten geworden sind. Sie liefern Milch, Weizen und Schwein für kühl rechnende Handelsketten ab und haben wenig Macht für unternehmerische Gestaltung. Die Landwirtschaftslobby fokussiert auf „Eliten“ statt auf Probleme. So schafft sie alternative Fakten. Das ist bequem, aber verantwortungslos. Kein Funktionär sprach ein mäßigendes Wort.