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Rückständige Aufarbeitung der NS-Justiz

Dr. Helmut Kramer bei seiner Dankesrede anlässlich der Verleihung des Werner Holtfortpreises in Hannover. Links neben ihm der Laudator Ingo Müller (Furchtbare Juristen).

Vor ungefähr 15 Jahren haben die Bundesministerien und Ämter, beginnend mit dem Auswärtigen Amt, sich mit ihrer in der NS-Zeit wurzelnden Vergangenheit, vor allem mit den personellen Kontinuitäten beschäftigt und durch unabhängige Expertenkommissionen aufarbeiten lassen.  Die Ergebnisse wurden in Publikationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nur das Bundesministerium der Justiz (BMJ) rührte sich nicht.

Ich, Helmut Kramer, sah mich veranlasst, mich selbst an die Arbeit zu machen. Dazu forderte ich bei der Justizministerin Zypries (SPD) die Einsicht in die Akten, aber lange Zeit vergeblich. Mittels der Androhung einer Klage, erkämpfte ich mir schließlich den Zugang zu den Akten (siehe „Wer im Namen des Volkes Recht spricht“, in Kritische Justiz 2009, S. 316 ff.). Erst fünf Jahre nach meinem ersten Anschreiben an das BMJ, und nachdem ich die spektakulären Funde über die Beteiligung von Ministerialbeamten an dem Massenmord an Strafgefangenen veröffentlicht hatte (siehe „Der Beitrag der Juristen zum Massenmord an Strafgefangenen und die strafrechtliche Ahndung nach 1945“, in Kritische Justiz 2010, S. 89 ff.), entdeckte das BMJ ein eigenes Interesse an der Aufarbeitung. Nun setzte man eine eigene Kommission ein, unter der Leitung von zwei Professoren, die sich allerdings bislang noch keinen Namen bei der Erforschung der NS-Justiz gemacht hatten. Umso mehr wunderte ich mich, als ich in der Süddeutschen Zeitung vom 10. Oktober 2016 ein Interview las, in dem Prof. Christoph Safferling von der angeblich von ihm und dem anderen Experten erstmals ans Licht gebrachten Beteiligung eines Beamten des Reichsjustizministeriums, (Heinrich Ebersberg) an der Aktion Vernichtung durch Arbeit erzählte.

Dass jemand von mir abschreibt, hat mich noch nie gestört. Für mich ist immer der „Nachdruck erwünscht“. Allerdings nur dann, wenn die Vorgänge anschaulich und ohne inhaltliche Verkürzung dargestellt werden, was Prof. Safferling leider nicht gelungen ist (siehe Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung vom 18. Oktober 2016).

Für die Braunschweiger Leser hätte der Professor auch zeigen können, wie der besagte Heinrich Ebersberg im Jahr 1948 mit Hilfe eines von dem Katholischen Hildesheimer Bischof Godehard ausgestellten „Persilscheins“ entnazifiziert worden ist. Anschließend war er dann von 1949 bis 1954 im Amtsgericht Wolfenbüttel als Amtsrichter und von 1955 bis 1972 als Ministerialrat im Bundesjustizministerium tätig. Unmittelbar vor seiner Beförderung zum Ministerialdirigenten wurde die maßgebliche Mitwirkung von Heinrich Ebersberg an der „Aktion Vernichtung durch Arbeit“ bekannt. Das von der Staatsanwaltschaft Köln eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Massenmord wurde hier eingestellt.

Dr. Helmut Kramer in Wikipedia

Justizgeschichte aktuell

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