Aktivisten und Sympathisanten
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- Veröffentlicht: Montag, 04. Mai 2009 09:37
- Geschrieben von Matthias Bosenick
Woran denkt man, wenn man Wörter wie "Aktivist" und "Sympathisant" hört? Wenn man sie als konditionierter Leser in der Braunschweiger Zeitung liest, wohl als erstes an brandgefährliche Spinner, die ihre übertriebenen Weltverbessererforderungen nötigenfalls auch mit Gewalt durchsetzen. Man denkt an Menschen, die innerhalb einer politischen Gruppe mit Tendenz zu Extremen lautstark für Ideen eintreten, die außer ihnen niemanden interessieren. Man denkt an übereifrige DDR-Arbeiter. Man denkt an RAF-Befürworter, an Terroristenfreunde.
Als solche bezeichnete die BZ also am Samstag die, so der Titel, "1.500 Zuhörer bei Kundgebung zum 1. Mai" auf dem Burgplatz. Genauer: "Die Wirtschaftskrise treibt die Aktivisten und Sympathisanten der Gewerkschaften wieder mehr auf die Straße", schreibt sie einleitend, und fährt fort: "Das jedenfalls war der Eindruck der Kundgebung zum Tag der Arbeit, organisiert vom DGB-Kreis Braunschweig, auf dem Burgplatz." Also nur ein Eindruck, so schlimm ist es ja dann doch nicht.
Das bedeutet also, dass Menschen, die sich für gewerkschaftliche Belange interessieren, zu belächelnde linksradikale Spinner sind? Also genau die Leute, die sich für die potentiellen Leser einer "Bürgerzeitung" stark machen? Damit diskreditiert doch die BZ ihr eigenes Klientel, also Leute, für die Bildungspolitik und Krisenmanagement lebenswichtig sind. Denn das sind die Kundgebungs-Themen, die immerhin im Verlauf des Artikels aufgezählt werden. Die BZ scheint es abgesehen davon zu beruhigen, dass sich die SPD am anschließenden DGB-Fest vor dem Gerippe des ehemaligen FBZ gar nicht mehr beteiligt.
Diese Wortwahl ist auf jeden Fall meinungssteuernd und keinesfalls neutral. Vielleicht zeugt das ja bereits von der Angst, die die BZ davor hat, dass sich auf dem derzeit reaktionär besetzten braunschweigischen Regentenstuhl eines Tages ein sympathischer Aktiver einfinden wird, der deutlich andere Meinungen hat. Für die BZ wäre das wohl eine Krise. Denn der Artikel schließt mit dem Satz, der sich auf den vorher zitierten Politwissenschaftler Frank Deppe bezieht: "Die Krise ist nur durch radikales Umdenken zu bewältigen, diese an sich einfache Erkenntnis beruhe auf historischen Erfahrungen." Es kann also nur besser werden.