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Ende des Katzentischs für Einwohnerfragen im Rat

Alle Bemühungen, im Rat der Stadt Braunschweig zu einem zivilisierteren Umgang rechtskonservativer Ratsmitglieder mit den Oppositionsparteien zu gelangen, waren bisher vergeblich. So kritisierte Carl Langerfeldt (CDU) zuletzt am 3.8.2007 die "hör- und sichtbare Missachtung der Redebeiträge von BIBS und Die LINKE durch die Ratsmehrheit". Aber selbst die Kritik aus den eigenen Reihen hat an der Haltung der Ratsmehrheit offenbar kaum etwas ändern können.

Dabei geht es mittlerweile nicht mehr nur um die hör- und sichtbare Missachtung der Redebeiträge von Oppositionsparteien. Selbst die Fragesteller/innen bei Einwohnerfragen im Rat erfuhren die gleiche Behandlung:

Anlässlich der Ratssitzung vom 25.9.2007 wurde den fragenden Einwohner/innen der Zugang zum Rednerpult des Ratssaals verwehrt. Statt dessen durften sie an einer Art „Katzentisch“ neben bzw. hinter den Ratsmitgliedern ihre Fragen stellen, wobei die Fragenden während ihres Vortrags die mehr oder weniger wohlgeformten Rücken der meisten Ratsmitglieder in Augenschein nehmen und sich dazu ihre Gedanken machen konnten.

Als zur folgenden Ratssitzung am 18.12.2007 erneut Vorkehrungen getroffen wurden, zur Einwohnerfragestunde den „Katzentisch“ herzurichten, stellte Ratsherr Rosenbaum von der Bürgerinitiative Braunschweig (BIBS) einen Antrag zur Geschäftsordnung. Danach sollten die Einwohner/innen - wie seit Jahrzehnten üblich - ihre Fragen wieder vom Rednerpult des Ratssaals und nicht vom „Katzentisch“ aus stellen können.

Was nun geschah, gewährt einen Einblick in die innere Verfassung der bereits von Langerfeldt kritisierten Ratsmehrheit:

  • Die Abstimmung über den Antrag erfolgte nicht in der sonst üblichen Manier „wer ist für den Antrag, wer ist dagegen, Enthaltungen?“, sondern begann mit der Abstimmung „wer ist dagegen?“. Der Psychoanalytiker Sigmund Freud („Es muss ein Unbewusstes geben, welches verantwortlich für einen Großteil menschlicher Handlungen ist“) hätte seine helle Freude daran gehabt, wie sich hier der Zusammenhang von innerer Verklemmung und äußerem Handeln manifestierte.

  • Obwohl es unglaublich klingt, stimmten tatsächlich Ratsmitglieder der Ratsmehrheit von CDU und FDP gegen den Antrag. Sie wollten offenbar die fragenden Bürgerinnen und Bürger weiterhin vom Rednerpult fernhalten, vielleicht dauerhaft an den „Katzentisch“ verbannen oder gar gänzlich aus dem Ratssaal verdrängt wissen.

  • Ein anderer Teil der Ratsmehrheit enthielt sich bei der Abstimmung der Stimme. Man kann hier nur mutmaßen, dass die Betreffenden keinen persönlichen Vorteil bei einem Engagement für das betreffende Anliegen der Bürgerinnen und Bürger erkannten oder Einwohnerfragen generell als lästig empfinden, egal ob sie nun vom Rednerpult oder vom „Katzentisch“ aus gestellt werden.

  • Der Antrag wurde schließlich im wesentlichen mit den Stimmen der Oppositionsparteien angenommen, so dass die Einwohnerfragen wieder wie gewohnt vom Rednerpult aus gestellt werden können. Aus dem allgemeinen Dunstkreis des rechten Lagers und nicht nur wegen seiner Körpergröße herausragend war das Ratsmitglied Prof. Dr.-Ing. Ulrich Klages („Der Rat lebt von Hoffnung und Glaube“), der entgegen der Haltung seiner Fraktionskolleg/innen von der FDP für den Antrag der Bürgerinitiative Braunschweig (BIBS) stimmte.

Fazit: Langerfeldt hat mit seiner Kritik am Verhalten der Ratsmehrheit erweislich ins Schwarze getroffen. Darüber hinaus muss man im rechtskonservativen Lager offenbar erst Professor werden, um im Sinne der vom Grundgesetz (GG) bestimmten Mächtigen (Artikel 20(2) GG: “Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“) Ordnung halten zu können und insbesondere den eigenen Wählerinnen und Wählern angemessenes Gehör zu verschaffen. Im übrigen bestimmt Artikel 20(4) GG: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist“.

Die Braunschweiger „Bürgerzeitung“ („Eine gesunde Bürgergesellschaft braucht Medien, in denen sich die Bürger zu Wort melden und in Debatten einmischen können. Das meinen wir, wenn wir von "Bürgerzeitung" sprechen", BZ vom 15.9.2007, Seite 1) bringt natürlich - wie fast immer - nichts über das Geschehen bei Einwohnerfragen im Rat. Warum? Ein Schelm, wer schlechtes dabei denkt.

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