Jeder Tag ist "Tag der Pressefreiheit" - nicht nur am 3. Mai
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 05. Mai 2016 21:58
- Geschrieben von Uwe Meier
Auch der BRAUNSCHWEIG-SPIEGEL.DE ist aus dem Gedanken der Pressefreiheit aus der Bürgerinitiative "Schlossparkfreunde" gewachsen. Er wird heute von mehreren engagierten Menschen für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und Region betrieben. Alle BürgerInnen sind eingeladen mitzumachen.
Am 3. Mai, also vorgestern, war der "Tag der Pressefreiheit". Auf dem Internationalen Tag der Pressefreiheit wird seit 1994 in jedem Jahr auf Verletzungen der Pressefreiheit und auf die für die Demokratie grundlegende Bedeutung freier Berichterstattung hingewiesen. Deutschland ist in der Rangliste der Pressefreiheit abgesackt, nur noch Platz 16.
Am Abend zuvor fragte ich mich, wie wohl die Braunschweiger Zeitung am 3. Mai aufmachen wird. Ob mit den Greenpeace-Enthüllungen zu TTIP, oder dem Tag der Pressefreiheit. Es freute mich, dass diesem Tag größere Bedeutung beigemessen wurde und nicht TTIP. Das war nicht selbstverständlich, die FAZ titelte mit TTIP. Für mich ist das eine Frage der Wertigkeit. Und seien die Enthüllungen auch noch so wichtig und demokratiestabilisierend. Die Pressefreiheit ist unersetzbar, nur durch diese kommt TTIP überhaupt in die Medien, und vieles Andere auch. Besonders deutlich machte es wieder mal die TAZ: Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit erschien die taz am 3. Mai 2016 mit 16 türkisch-deutschen Sonderseiten zum Thema „Pressefreiheit in der Türkei“ – erstellt von türkischen JournalistInnen zusammen mit der taz-Redaktion.
Interview mit Prof. Haller zur Glaubwürdigkeit der Medien im Deutschlandfunk
Journalismus hat nicht mehr die Aufklärungsautorität wie vor 20 Jahren
Vertrauen in die Medien auf der einen Seite, Zweifel an der Unabhängigkeit auf der anderen: Für Journalistikprofessor Michael Haller sind diese Ergebnisse einer Studie Ausdruck von Ratlosigkeit vieler Menschen. Dafür gebe es verschiedene Ursachen, sagte er im Deutschlandfunk. (…)
Deutschlandfunk: „Woher kommt denn dieses Unbehagen?“
Haller: (…) „Da spielt schon mal eine große Rolle, dass im Verlauf der letzten, sagen wir mal, 10, 15, 20 Jahre die großen, die meinungsstarken und auch meinungsprägenden Medien, also die sogenannten Leitmedien, gerade was die Außenpolitik betrifft, Europa, Westen gegenüber Russland und so weiter, eine sehr große Übereinstimmung zeigen mit der politischen Linie der bundesdeutschen Regierung. Da ist eine erhebliche Nähe. Man kann sagen, die politischen Eliten und die Eliten in der Wirtschaft und im Journalismus, die verstehen sich gut, verstehen sich gut auch im Sinne von, wir sind grosso modo einer Meinung. Ob man jetzt die Frage des Engagements Deutschlands in Afghanistan nimmt, ob die in den letzten Jahren viel diskutierte Ukraine- und demgegenüber Russland-Politik meint, das Griechenland-Bashing, viele solcher Dinge, die geben den Leuten das Gefühl, da ist eigentlich keine kritische Kontrolle und vor allen Dingen auch das, was viele Menschen bewegt, die zu solchen Vorgängen und solchen politischen Entscheidungen auch andere Auffassungen haben. Die finden sie dann in den großen meinungsführenden Medien nicht mehr.“
Und weiter im Deutschlandradio Kultur
Dazu: Lauter politisch korrekte Volkspädagogen
Nach Ansicht des Medienwissenschaftlers, Norbert Bolz, von der TU Berlin sind für das mangelnde Vertrauen vieler Bürger in die Medien die Journalisten verantwortlich. Gerade in den öffentlich-rechtlichen Medien verstünden sich Journalisten als Volkspädagogen, die die Menschen auf den richtigen Weg führen wollten: Dies sei gerade in der Flüchtlingsberichterstattung deutlich geworden, betonte der Berliner Medienwissenschaftler. „Insofern kann ich dieses Misstrauen dieses großen Teils der Bevölkerung ganz gut verstehen.“ (…)
Bolz: „Aber ich glaube, dieses Moment, dass viele Journalisten – gerade übrigens im öffentlich-rechtlichen Bereich – sich auch nicht nur als Journalisten, sondern als Volkspädagogen verstehen und glauben, man müsste auch tatsächlich gewisse Informationen dem Volk vorenthalten, weil es noch nicht reif genug ist, damit umzugehen, das sind Tendenzen, die doch sehr, sehr stark sich in der letzten Zeit entwickelt haben. Und da müssten die Journalisten vielleicht tatsächlich ein bisschen umdenken, sich zurückbesinnen auf ihren eigentlichen Auftrag, nämlich schlicht Information zu vermitteln.“ (…)
Deutschlandradio: „Herr Bolz, was ist denn Ihre Handlungsanweisung heute zum Tag der internationalen Pressefreiheit, was sind Ihre Empfehlungen, was sind die Ansagen, die Sie machen, das muss passieren im Journalismus, damit die Glaubwürdigkeit zurückkommt?“
Bolz: „Sehr, sehr einfach, nur eine einzige Empfehlung: sich zurückorientieren zu dem ursprünglichen Auftrag, nämlich zu berichten und Nachrichten und Informationen zu übermitteln ohne Zensur, ohne pädagogische Zwischenüberlegungen, ohne Anpassung an politische Korrektheit, schlicht berichten, was passiert, was man weiß. Und den Bürgern selber das Urteil überlassen. Ich glaube, das wäre die richtige Strategie, um wieder ganz glaubwürdig zu werden.“