Glyphosat - Der strategische Stoff
- Montag, 02. November 2015 00:07
- Uwe Meier
Der herbizide Wirkstoff Glyphosat ist aufgrund seiner toxikologischen Eigenschaften in Diskussion. Der Wirkstoff ist hauptsächlich unter dem Handelsnamen "Round Up" bekannt, und wird weltweit verwendet.
Pflanzenschutzmittel, fälschlicherweise oft als Pestizide bezeichnet, sind immer in Diskussion - grundsätzlich, weil sie dazu bestimmt sind Leben abzutöten, und das auch noch auf unserer Nahrung. Herbizide töten Pflanzen (sog. Unkräuter) ab, um die Kulturpflanzen vor Wasser- Nährstoff- und Lichtkonkurrenz zu schützen.
Die weltweit heftige Diskussion um den herbiziden Wirkstoff Glyphosat betrifft die toxikologische Ebene. Es steht die Frage im Raum, ob Glyphosat "wahrscheinlich" Krebs erzeugt, was die "Internationale Krebsforschungsagentur" der WHO, das IARC, behauptet, oder nur "möglicherweise" Krebs erzeugt, was Deutschland als berichterstattendes Land in der EU behauptet. Der entscheidende Unterschied liegt zwischen "wahrscheinlich" und "möglich". Unter Hunderten von toxikologischen wissenschaftlichen Studien, hauptsächlich an Nagetieren durchgeführt, ist ein Mäuseversuch wissenschaftlich strittig.
Der Streit ist heftig, und wird weltweit beobachtet; steht doch nicht nur das wichtigste Pflanzenschutzmittel zur Diskussion, sondern mit dem Wirkstoff Glyphosat auch ein fundamental neues Geschäftsmodell, das der US-amerikanische Konzern Monsanto entwickelt hat. Verkauft wird nicht nur ein Herbizid, sondern auch das Herbizid zusammen mit dem Saatgut der gentechnisch veränderten Kulturpflanzen. Beides ist wie ein Tandem aufeinander abgestimmt, und weltweit ein gewaltiger ökonomischer Erfolg. Im November will die europäische "Behörde für Lebensmittelsicherheit", die EFSA, die Schlussfolgerungen veröffentlichen.
Bei dem Streit um das Glyphosat, geht es um einen landwirtschaftlichen und agrarpolitischen Paradigmenwechsel. Es geht um die grüne Gentechnik im Spektrum der Unkrautbekämpfung und um die Sojaproduktion aus gentechnisch veränderten Sojabohnen aus Argentinien, Brasilien, USA und Paraguay, und es geht um gentechnisch veränderten Mais. Auf Soja stützt sich unsere Massentierhaltung und auf Mais in den USA ein großer Teil der Treibstoffproduktion (Äthanol). Ohne Glyphosat kein Gen-Soja, ohne Gen-Soja keine Massentierhaltung.
Das ökonomisch hoch erfolgreiche Monsanto-Geschäftsmodell würde ohne Glyphosat als tragende Säule nicht mehr funktionieren - bis was Neues kommt. Lesen sie dazu den recht informativen Artikel von Jost Maurin in der TAZ. Wenn Sie seine gelegentliche Stimmungsmache weglassen, denn Maurin ist landwirtschaftlicher Bio-Freund, dann erkennen Sie die Dramatik, bei der es sich vordergründig um einige toxikologische Ergebnisse bei Labormäusen handelt, dahinter sich aber agrarpolitische, soziale und ökonomische Dimensionen verbergen.