Braunschweig – eine kleinkarierte Region?
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 12. Dezember 2013 00:18
- Geschrieben von Wilfried Steen
Ein offener Brief an den neuen Landesbeauftragten
Sehr geehrter Herr Wunderling-Weilbier,
herzliche Glückwünsche zu Ihrer Berufung zum Landesbeauftragten Niedersachsens in Braunschweig! Jetzt sind Sie am richtigen Platz. Sie haben gleich zu Beginn Ihrer Tätigkeit deutlich gesagt: „Eine Großregion Braunschweig will niemand.“ Hätten Sie nicht präziser formulieren müssen: „Eine Großregion Braunschweig will keiner der Landkreis-Mandatsträger in der Region Braunschweig“.
Ich rätsele, was die Gründe für diesen verbissenen Kampf gegen die Region Braunschweig sein könnten. In der Presse lese ich: Es soll verhindert werden, dass Institutionen und Kaufkraft aus Helmstedt, aus Peine und Goslar oder Salzgitter abwandern. Die Mittelzentren könnten veröden. Ehrlich: Ist das nicht längst schon der Fall?
Kleinteilige Verwaltungsstrukturen haben dazu beigetragen, dass sich die Region östlich von Braunschweig und am Nordharz in wirtschaftlichem Niedergang befindet. Die Bevölkerung ist überaltert, die Jungen ziehen mangels beruflicher Möglichkeiten weg. Die Prognosen sind trostlos – siehe vergleichendes Landkreisranking in Deutschland.
Hier bei uns im Landkreis Peine betonen Kommunalpolitiker großspurig, bei Fusionsplänen ginge es zuerst um die Verbesserung der Dienstleistungen für die Bürger.
Nehmen wir den öffentlichen Nahverkehr: Bis heute existiert keine direkte Busverbindung von Vechelde-Denstorf (8 km vor der Stadt) in die Braunschweiger Innenstadt. Man muss in Wedtlenstedt oder Vechelde umsteigen. Fahrtzeit bis zu einer Stunde für die paar Kilometer. Sonntags geht der Bus nur alle zwei Stunden. Wenn man den Ausbau des ÖPNV in der Region Hannover damit vergleicht, kann in einem die blanke Wut über die Unfähigkeit der Kommunalpolitiker aufsteigen. Die Bewohner unseres Landkreises stimmen mit dem Gaspedal ab und fahren einfach mit dem Pkw nach Braunschweig.
In der Stadt Peine rottet die HERTIE-Brache seit Jahren vor sich hin. Jeder Kettenladen wird von den Stadtoberen als Heilsbringer bejubelt, damit ja keiner nach Braunschweig oder Hannover zum Einkaufen fährt. Kranke Bewohner werden von Vechelde in das Krankenhaus in Peine transportiert, obwohl sie das meist nicht wollen. Wegen der mangelnden Erreichbarkeit für Besucher. Aber das Kreiskrankenhaus braucht Patienten, sonst wird es überflüssig. Es wird ohnehin schon von Celle aus verwaltet.
Was die Kultur angeht: Wir Vechelder Steuerzahler subventionieren sie dort, wo wir sie nicht nutzen: zum Unterhalt der Peiner Festsäle, bald wahrscheinlich zur Aufrechterhaltung des Stadttheaters in Hildesheim. Motto: Bloß nicht die Stadt Braunschweig mit ihren kulturellen Einrichtungen stärken!
Sehr geehrter Herr Wunderling-Weilbier!
Vielleicht können Sie in Ihrer neuen Position einmal der Region Hannover einen Besuch abstatten. In dieser Region konzentriert sich mehr als 20 Prozent der Wirtschaftskraft Niedersachsens. Sie ist ein Motor für Innovation und wirtschaftliches Wachstum für die ganze Region mit zentraler Wirtschaftsförderung. So etwas brauchten wir auch hier um Braunschweig herum. Denn Firmen fragen nicht nach kleinteiliger kommunaler Struktur, sondern nach einem funktionierenden Verkehrswesen, nach schnellem Zugang zu Universitäten.
Der Peiner Landrat Einhaus vertrat kürzlich die Meinung, nur große Gebietskörperschaften könnten sich im Standortwettbewerb durchsetzen. Richtig. Das wäre doch was für Sie und Ihre neue Tätigkeit. Setzen Sie sich das Ziel, die Region Braunschweig zur Topregion in Deutschland zu machen!
Alles Gute für Ihre neue Aufgabe im Dienst der Bürger!
Ihr Wilfried Steen