Katastrophen wie in Bangladesh könnten verhindert werden – welche Rolle spielen Primark und New Yorker?
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- Veröffentlicht: Montag, 29. April 2013 10:25
- Geschrieben von Andreas Matthies
Etwa 3000 Menschen waren in der Textilfabrik in Dhaka, als das Gebäude einstürzte. Mehr als 300 wurden bislang tot geborgen, 1500 sind verletzt.
„Ist die Häufung von tödlichen Unfällen in der Textilherstellung von Bangladesh ein schrecklicher Zufall?“ fragt die FAZ vom 27. April 2013. „Nein“, sagt Christian von Daniels, „das liegt in der Struktur… Das ist keine Frage des Landes, sondern des Handelns der Konzerne.“ Von Daniels ist selber Textil-produzent („VanLaack“, „Herringbone“) und kennt sich daher bestens aus. Er spricht über „30 weltweit tätige Textilanbieter, die 80 Prozent des Marktes bestimmen“. Und er zerpflückt alle Vorwände und Scheinargumente, mit denen sich diese Textilketten aus der Verantwortung herauszuschleichen versuchen.
… die Macht, eine Regierung zu stürzen
Sind nicht die asiatischen Subunternehmer schuldig? „Nein, die können Sie dazu zwingen vernünftig zu arbeiten.“
Ist nicht der Staat Bangladesh schuldig, weil er für viel zu lasche Gesetze oder Kontrollen sorgt? „Vergessen Sie nicht: eine große Handelskette … besitzt die Macht, in so einem Land eine Regierung zu stürzen. Da kann sie (die Handelskette, A.M.) mit Leichtigkeit vernünftige Arbeitsbedingungen diktieren.“
Ja, wenn die 30 Konzerne so mächtig sind, warum ändern sie dann nicht schnell die Bedingungen? „Ich fürchte, sie sind zu preisfixiert.“
Schuld der Verbraucher?
Dann das inzwischen mit Abstand beliebteste Argument: Sind nicht am Ende die Verbraucher schuld? „Nein.“ Auch das sei ein „Märchen der Textilketten“. Die notwendigen „knallharten Verträge“ und „tiefgreifenden Kontrollen jedes herstellenden Betriebes“ würden die Produkte gar nicht wesentlich verteuern. „Ich behaupte, dass eine verschärfte Kontrolle den Ladenpreis eines T-Shirts von 9,99 Euro kaum um einen Cent erhöhen würde.“ Von Daniels weist darauf hin, dass eigentlich nur die Arbeitsbedingungen genauso penibel überwachen müsse wie sie darauf achte, dass keine Stoffreste verschwänden. Er skizziert die wichtigsten Maßnahmen, mit denen man dem Übel schnell zu Leibe rücken könnte, in wenigen Zeilen. Und schließt mit den Worten: „Das geht, wenn sie es nur wollen.“
„Tragödie in Bangladesh belastet Primark“ (FAZ, 26. April)
In der Liste der von Daniels angegriffenen Konzerne findet sich neben KiK, H&M und C&A auch Primark, also jene Kette, die ab Herbst 2014 in fünf Etagen des Braunschweiger City Points ihre Billigprodukte verkaufen will und vom Oberbürgermeister Dr. Hoffmann als „echter Magnet“ gefeiert wird. Siehe "Billigstklamotten im City Point - Primark kommt". Primark musste gerade bestätigen, dass einer seiner Zulieferbetriebe im zweiten Stock des eingestürzten Gebäudes untergebracht gewesen sei. Primark gibt sich „schockiert“, will sich nun für „mehr Gebäudesicherheit“ einsetzen und verspricht, den Familien der Opfer zu helfen. Die in Braunschweig mit ihrer Firmenzentrale ansässige Textilkette New Yorker dürfte ebenfalls zu den von Daniels ins Auge gefassten Textilketten gehören. Sie täte gut daran, den Ratschlägen ihres „Kollegen“ bald nachzukommen, und zwar öffentlich überprüfbar.
Siehe auch: Trendy und billig. Zu billig?
Transparenz ist nicht in Mode bei den großen Ketten
Denn: „Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern zehn nach zwölf"