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Zwei Lektionen für die Bewegung ‚Aufstehen‘

Eine Lektion war einst in der Frühkirche die Verlesung einer biblischen Geschichte. Wenn eine Lektion dargeboten wird, versteht man neuzeitlich darunter eher eine Vorlesung, die ein kleines Thema abgerundet präsentiert. Wenn hingegen eine Lektion erteilt wird, meint das eher, Zurechtweisung zu üben. Beides ist von Belang im Kontext der Sammlungsbewegung.

1. Lektion: Dilemma der Linkspartei

Der Staatsrechtler Ekkehard Lieberam, vor über achtzig Jahren in Braunschweig geboren, hielt am 5.12.2018 in der Brunsviga einen bewegenden Vortrag mit dem Titel „Aufstehen! – linke Chance und politisches Großexperiment“. Er sprach von einer Führungskrise und politischen Krise in der Linkspartei und davon, daß Anstand und Solidarität beim Kipping-Flügel nicht vorhanden sei. Helmut Käß hat in seinem Blog einige Punkte aus dem Vortrag und der anschließend geführten Diskussion protokolliert. Die Lektion, die wir mitnehmen, lautet, daß nur eine massenhafte antineoliberale Sammlungsbewegung eine Chance zur Änderung der Machtverhältnisse hat, die nicht durch eine Partei, sei es eine bestehende oder noch zu gründende, einfach ersetzt werden kann.

Lieberam, als Angehöriger am Krankenbett der Linkspartei, sprach von etwa zehn Themen, die den Auseinanderfall der Linkspartei signalisieren. Gerade die Spitze der Linkspartei ist im Spaltungsmodus. „An Haltung zu den Gelbwesten zeigt sich das ganze Dilemma der Linkspartei“, titelte jüngst RT.deutsch. Und an Haltung zum UN-Migrationspakt sowieso. Die Flüchtlingsproblematik hatte bereits vor über drei Jahren schrill den linken Grabenbruch ausgeleuchtet. Dort unten ist die „Moralfalle“ aufgestellt, die jeden schnappt, der sich nicht den wohlfeilen Parolen zur Migration ergeben will. Der Wirtschaftshistoriker Hannes Hofbauer hingegen setzt sich dafür ein, die Ursachen der Migration zu beleuchten, er will uns bewußt machen, welchen Anteil wir als Gesellschaft — auch mit unserem exzessiven Konsumverhalten — an diesen menschenunwürdigen Völkerwanderungen haben (https://www.youtube.com/watch?v=MrHsTQ0cR90).

Die Linke muss endlich ihren überheblichen Moralismus ablegen. Und sich wieder auf ihr Kernthema konzentrieren: Den Kampf gegen soziale Diskriminierung“, meint der Aufsteher der ersten Stunde, Bernd Stegemann. Tja, wenn aber die Linkspartei, so wie es nun aussieht, die moralische Überheblichkeit als Markenzeichen hartnäckig beibehält und ihren Gegenkampf verschärft, dann muß eben doch eine neue Partei gegründet werden, die künftig der Bewegung im Parlament eine Stimme gibt, so wie es jetzt noch Sahra Wagenknecht in eingeschränkter Weise tun kann. Eine Sisyphus-Aktion, meint Lieberam.

2. Lektion: Verschwörungs- und Antisemitismus-Keule

Wie leicht jemand mit antikapitalistischer oder überhaupt kritischer Grundhaltung eine Lektion der Ausgrenzung erteilt bekommen kann, kennt man längst auch in Braunschweig. Im Jahre 2012 warf die „Antifaschistische Gruppe Braunschweig“ dem friedensbewegten Mediziner Helmut Käß vor, ein antisemitisches Weltbild zu pflegen. Antideutsche Neocons mit Antifa-Camouflage in Aktion – man kennt das schon (https://www.youtube.com/watch?v=fIluAguffP4).

Laut Insiderwissen sollte im Jahre 2017 der Publizist Werner Rügemer zum Thema Public Private Partnership auf Initiative der Braunschweiger Linkspartei eingeladen werden. Das wurde er zunächst auch, alles war schon vereinbart, da kam später – wie Zieten aus dem Busch – die Ausladung durch den Vorsitzenden der Linksfraktion im Rat der Stadt. Jemand mußte R. verleumdet haben. Man spricht davon, das der Impuls dazu von dem Bündnispartner ver.di ausging, der entdeckt haben will, daß R. ein Antisemit ist; davon künde u.a. die anonym geführte Webseite Psiram. Ein Mitglied der Linkspartei sagte gewunden in kleiner Runde nach dem Lieberam-Vortrag, es ginge doch nur um lokale Politik, und meinte, so die Verantwortung für die unterstützte Verleumdung abwälzen zu können. Aber wie sang vor vierzig Jahren Bettina Wegner: „Grade klare Menschen wär‘n ein schönes Ziel, Leute ohne Rückgrat hab‘n wir schon zuviel“.

In der Tat wird auf Psiram ein Dossier im Wikipedia-Stil über Rügemer gelistet und in Länge sein Essay über einen Besuch in der Kölner Synagoge als antisemitisch gebrandmarkt. Dieser Essay setzt sich in intelligenter Weise mit der Verbindung von Religion, Ideologie und Politik auseinander. Von Antisemitismus keine Spur.

Der Antisemitismus-Vorwurf dient, wie in Großbritannien, als Keule gegen Kapitalismuskritik. Diese Keule wird noch auf die gesamte Sammlungsbewegung niedergehen, wenn diese erst einmal Fahrt aufnimmt. Susann Witt-Stahl analysierte in ihrem Gastartikel in Moshe Zuckermanns Buch „Der allgegenwärtige Antisemit“ dazu die lautstarke Rolle der Antideutschen, die seit langem in der Linkspartei einige Sympathisanten haben – bis in die Spitze. Wer wie R. Hintergründe des Finanzkapitalismus um BlackRock aufdeckt, bekommt den Verschwörungstheoretiker-Titel gleich mit hinterhergeworfen.

R. ist nicht der einzige, der von Psiram steckbrieflich als angeblicher Antisemit und Verschwörungstheoretiker verfolgt wird: Daniele Ganser und Ken Jebsen sind auch dabei. Und natürlich Markus Fiedler und Dirk Pohlmann, die den ominösen Wikipedia-Manipulator mit Aliasnamen Feliks enttarnt haben. Dieser Feliks und seine Mitstreiter haben natürlich all deren Wikipedia-Einträge wiederholt verändert und gefälscht. Vandalismus nennt man das im Wiki-Sprech. Psiram ist übrigens Teil eines größeren, sich untereinander verlinkenden „Skeptiker“-Netzwerkes (https://www.youtube.com/watch?v=A0n_WMBmquw), das sich um Wikipedia rankt. Da sind Professionelle am Werk. Welcher Geheimdienst finanziert sie?

Selbst die bekannte Kabarettistin Lisa Fitz hat in diesem Jahr einen Steckbrief als angebliche Antisemitin, Querfrontlerin und Verschwörungstheoretikerin auf Psiram abbekommen. Den verdankt sie ihrem mutigen Lied „Ich sehe Was“ und dem unermüdlichen Einsatz der rechtslastigen Tageszeitung Die Welt. Im Artikel wird von antisemitischen Codewörtern phantasiert – die gibt’s in Wirklichkeit gar nicht. „Taffe Frau“, „Toller Song“, „In einem Lied alles auf den Punkt gebracht“ – so urteilen dagegen die User und Hörer. Recht haben sie. Hoffen wir, daß sie es nicht allein mit dem Zuhören bewenden, sondern aufstehen, denn wie singt Lisa doch: „Mach den Mund auf und sage, was Du siehst“. Eigentlich könnten gerade dieses Lied die Aufsteher auf den Lippen tragen, wenn sie als Rotwesten auf die Straße gehen. Gelb (und Blau) weckte in der deutschen Politik gegensätzliche Assoziationen.

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