Mazedonien: Massive Einflussnahme westlicher Staaten schlug fehl

Die Volksabstimmung in Mazedonien ist entschieden. Sie sollte den Namensstreit mit Griechenland beilegen und damit einem Beitritt zur NATO die Tür öffnen (denn ohne Zustimmung wird das wohl von Griechenland weiterhin blockiert). Für einen entsprechenden Ausgang wäre allerdings eine Beteiligung von mindestens 50 Prozent der Wahlberechtigten erforderlich gewesen, erreicht wurden aber nur etwa 34 Prozent. Die große Oppositionspartei VMRO und verschiedene kleinere Gruppen hatten zum Boykott aufgerufen.

Trommelfeuer der Einmischung

Das kleine Volk Mazedoniens, mit etwa 2 Millionen Einwohnern nur unwesentlich größer als die Bevölkerung Hamburgs, war einer beispiellosen Besuchswelle westlicher Politiker ausgesetzt: US – Verteidigungsminister Mattis, EU – Außenpolitikbeauftragte Mogherini, NATO – Generalsekretär Stoltenberg, der österreichische Kanzler wie die deutsche Kanzlerin waren im Land, ebenso die Minister Maas und von der Leyen. Der amerikanische Präsident Trump schickte einen offenen Brief an das mazedonische Volk, der frühere Präsident George Bush tat dasselbe. Frankreichs Präsident Macron meldete sich gar per Videobotschaft.

Sie sprachen von einer „historischen Gelegenheit“ (Maas), der für Mazedonien „wichtigsten Wahl der Geschichte“ (Mattis) oder der „einmaligen Gelegenheit, Ihre Zukunft zu formen“ (EU – Kommissar Hahn). Der baldige NATO – Beitritt als 30. Mitglied wurde in Aussicht gestellt, Verteidigungsminister Mattis wies dezent auf das Beispiel Montenegros hin, das nach dem NATO – Beitritt einen starken Anstieg von Investitionen aus dem Ausland zu verzeichnen habe.

USA warnen vor den Russen und stellen selber acht Millionen bereit

In den letzten Jahren hat sich bei den meisten westlichen Mächten immer dann, wenn eine unliebsame Entwicklung zu verzeichnen war, als bequeme Erklärung herausgebildet, dass diese Entwicklung auf die massive Einflussnahme der Russen zurückzuführen sei. Trump gewählt? Die Russen! Brexit? Die Russen! Usw. usf. Auch im Falle Mazedoniens wollten zumindest die USA nicht darauf verzichten: Minister Mattis behauptete, Russland versuche die Volksabstimmung zu untergraben und finanziere umfassende Kampagnen in Mazedonien. Die FAZ stellt dazu vorsichtig fest: „Sichtbare Belege für russische Interventionen gibt es indes kaum.“ (18.09.2018). Russische Politiker hätten sich nicht in Mazedonien blicken lassen, obwohl sie sicher kein Interesse haben, dass Mazedonien in die NATO eintritt.

Ein bisschen erinnert es an den Trick „Haltet den Dieb!“, wenn man dann in der „New York Times“ liest, dass der Kongress der USA selber acht Millionen Dollar zur Beeinflussung der mazedonischen öffentlichen Meinung bereitgestellt hat (FAZ, s.o.).

Nun ist also wieder eine unliebsame Entwicklung eingetreten: die Mazedonen haben den Weg zur NATO-Aufnahme nicht freigegeben. Oder, wie es die FAZ ausdrückte: „Die Südflanke der NATO konnte bis heute geographisch nicht geschlossen werden.“ Mal sehen, ob das nun auch als Werk der Russen dargestellt wird.