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Mehr Unabhängigkeit von den USA? Ja. Aber was dann?

Es wird immer deutlicher: die USA treiben selbstherrlich Militärinterventionen wie im Irak voran, sie zerreißen willkürlich Verträge wie das Atomabkommen mit dem Iran, sie wollen Deutschland eine zweite Nord Stream Leitung verbieten, sie verhängen maßlos und mit zumindest teilweise fadenscheiniger Begründung Sanktionen gegen verschiedenste Länder, sie erpressen die Firmen aller anderen Länder, sich dem zu unterwerfen, sie nötigen ihre „Verbündeten“ zu sinnloser Aufrüstung. Völkerrecht und Vereinte Nationen sind für sie nur noch Spielbälle. Die USA sind eine zerstörerische Kraft geworden. Aber auch die Hoffnung, das würde sich in der „Nach-Trump-Ära“ wieder ändern, schwindet bei vielen, die bisher die transatlantische Achse für unverzichtbar gehalten haben. Die Interessen der USA und die der Europäer sind längst nicht mehr deckungsgleich.

„Verantwortung übernehmen“ heißt für viele Politiker „mehr Militär, mehr Aufrüstung“.

Der Gedanke, dass es an der Zeit ist, dass Deutschland und die EU endlich den Zumutungen der USA konsequent entgegentreten und beginnen eine eigene Politik zu entwickeln, die langfristig die Abhängigkeit von den USA überwindet – dieser Gedanke drängt sich geradezu auf. Er findet inzwischen auch – zumindest in Worten – Unterstützung bei regierenden Politikern (Außenminister Maas ist nur das letzte Beispiel). Und das ist gut so.

Aber an welchen Zielvorstellungen soll sich Europa dabei orientieren? Viele Politiker kommen ganz schnell mit der scheinbar harmlosen Formulierung „wir müssen selber mehr Verantwortung übernehmen“. Im nächsten Satz ist dann sofort vom Militär die Rede. Viel mehr Geld für die Aufrüstung sei schon nötig, auch Militärinterventionen müsse Europa

dann in eigener Regie durchführen können. Joschka Fischer bringt es auf den Punkt: Europa muss Weltmacht werden. Wissenschaftler in verschiedenen Think Tanks wie einzelne Redakteure etwa der FAZ und der „Welt“ fordern ganz offen, Deutschland müsse zu diesem Zweck Atommacht werden. Nicht selten raufen sich die betreffenden Vertreter die Haare, weil das deutsche Volk so gar nicht die nötige Einsicht habe.

Das Ziel, sich unabhängig zu machen, um selber eine Politik a la USA zu verfolgen, führt zu keiner besseren Welt. Es bedeutet Aufrüstung, das unverminderte Pflegen des Feindbildes Russland, die Fortsetzung der Absage an eine beharrliche Diplomatie, die schließlich zu einer europäische Friedensordnung führen kann, wahrscheinlich auch die Entwicklung eines weiteren Feindbildes China. Es schafft nur immer mehr Unsicherheit und Konflikte. Und es bedeutet zunehmende soziale Kürzungen oder kräftige Steuererhöhungen – wahrscheinlich aber beides.

Wie könnte ein Gegenmodell aussehen?

In seinem Artikel „Alternative zum Weltuntergang“ (FAZ 25.08.2018) macht Peter Gauweiler einen interessanten Vorschlag. Europa sollte anstreben, die „Schweiz der Welt“ zu werden! Immerhin gehöre diese zu den modernsten ökonomisch wie kulturell entwickelten Staaten der Erde, sie orientiere sich an dem Motto „Größe ohne Ausdehnung“, sei ein „Volk ohne Nation“ (bekanntlich hat sie eine deutsche, eine französische und eine italienische Bevölkerungsgruppe), sei als Staatsvolk „von unten nach oben definiert“ und habe sich sogar so organisiert, dass das Volk erfolgreich gegen alle großen Parteien aufbegehren könne.

Man muss nicht alle Einzelheiten befürworten. Aber endlich wäre die Bundeswehr nur noch für die Verteidigung da, wie es im Grundgesetz festgelegt ist, ebenso die Armeen der anderen europäischen Länder. Endlich hätte die unselige Interventionspolitik ein Ende, die bisher kein Problem gelöst und meist nur neue geschaffen hat (siehe Flüchtlingsbewegung), die viele Menschenleben gekostet und unglaublich hohe Summen verschlungen hat, die so sinnvoll für neue Sozialwohnungen, die Sanierung des Bildungswesens oder die Reparatur unserer Infrastruktur hätten eingesetzt werden können. Die Europäer könnten sich dann Schritt für Schritt daran machen, eine tragfähige europäische Friedensordnung aufzubauen, unter Einbeziehung Russlands natürlich. Also genau das zu tun, was nach dem Ost-West-Konflikt 1991 so zum Greifen nah war, dann aber - nicht zuletzt wegen der Politik der USA – verspielt wurde. Und sie können Einiges dazu beitragen, dass die UNO wieder die Rolle spielt, die ihr einst zugedacht war.

Ziel „Weltmacht Europa“ oder Modell „Europa als Schweiz der Welt“?

Die europäischen NATO-Mitglieder geben etwa 300 Milliarden Dollar für ihre Armeen aus, Russland etwa 70 Milliarden. Wirtschaftlich ist Russland trotz seiner Rohstoffe ein Zwerg. Gauweiler nennt übrigens Russland einen „autoritär-modernen“ Staat, dessen Hauptziel es sei, seiner eigenen Bevölkerung einen wirtschaftlichen Aufstieg zu ermöglichen, wie ihn die Westdeutschen nach 1945 erreicht hätten. Auch China sei kein Feind, sondern inzwischen ein Wettbewerber. Also auch da vielleicht Konflikte und Interessengegensätze, aber keine unlösbaren Widersprüche.

Gerade das deutsche Volk hat schmerzhaft erlebt, wie es zweimal unter der Fahne der Weltmacht in den Krieg geschickt wurde. Auch die anderen europäischen Völker dürften in dieser Hinsicht keinen Bedarf mehr haben. Also, warum nicht dafür arbeiten, die „Schweiz der Welt“ zu werden?

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