Museum für Photographie: Wie Bilder Ordnung in der Verwirrung stiften
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 07. Juni 2017 17:35
- Geschrieben von Klaus Knodt
Kuratorin Theresia Stipp erläutert die Arbeiten von Erik Arkadi Seth. Foto: Marcus von Bucholz
Die Fotografie dient vielerlei Zwecken. Man kann Fotos benutzen, um Dinge, Menschen und Gegebenheiten zu dokumentieren. Das machen Tierfotografen, Spione, Militärs und Passbildstudios. Man kann mit Fotografien Situationen und Menschen charakterisieren. Das machen Presselichtbildner und Porträtisten. Man kann Fotos komponieren, um eine politische Aussage, eine Werbebotschaft oder ein Image (= Bild, was ja auch von Foto kommt) zu transportieren – so wie Werbefotografen, Kampagnenästheten und Leni Riefenstahl. Und man kann mit Fotos Ordnung in der Verwirrung stiften. Das stellen seit heute sieben junge Künstler der Hochschule für Bildende Künste (HBK) im Museum für Photographie aus und vor.
Felix Helmut Wagner vor seiner Videoinstallation „Ursprungskugeln“. Als Nürnberger Ingenieur kam er zum Kunststudium an die HBK. Foto: Marcus von Bucholz
Der Unterschied zwischen Letzteren und der riesigen Gruppe aller anderen, die Maschinen zum Zerhacken von Licht und Zeit zweckgebunden nutzen, ist allerdings evident. Die vorgestellten Arbeiten führen nicht auf einen informatorischen, propagandistischen oder ästhetischen Zweck hin, sondern sollen anregen – „als Ausgangspunkt zu Überlegungen über das Menschsein“, wie die Kuratorinnen Christin Müller und Theresia Stipp betonen. Unter dem Titel „CEEHIILNPSSWZ (ein Anagramm für „Zwischenspiel“) – ACH MENSCH“ verwirren die aus 50 Bewerbungen ausgewählten sieben Künstlerinnen und Künstler mit unterschiedlichen optischen Medien den Zuschauer.
Die Künstlerin Kodac Ko bat in ihrer Video-Installation 20 geflüchtete Menschen, ihren Namen nach der deutschen Buchstabentafel zu sprechen. Foto: Marcus von Bucholz
Da gibt es u.a. die Videoinstallation „Ursprungskugeln durch Freiheitsmaschine“, in der der studierte Ingenieur Felix Helmut Wagner, der vor vier Jahren zur HBK kam, das Absurde im industriellen Hierarchiesystem infrage stellt. Einen gänzlich anderen Ansatz wählt Mona Lisa Hesse in ihrer Kollage „Das nullte Bild“, in der sie jene alten Filmstreifenanfänge wieder entdeckt, auf denen noch kein Lichtbild angefertigt wurde – sondern von der Kamera beim Einspulen des Films quasi nebenbei eigene Wirklichkeiten belichtet werden. Experimentell auch die Arbeiten von Jie Jie Ng aus Singapur, die die Schubladen ihrer Kindheit fotographisch wiederbelebt, oder Shusuke Nishimatsu, der aus den vier Grundlagen seines Daseins (Pass, Mietvertrag, Kranken- und EC-Karte) 90 Kartenhäuser in verschiedenen Perspektiven kreiert.
Pass, Mietvertrag, Krankenkarte, EC-Karte: Daraus komponierte Shusuke Nishimatsu seine Fotoarbeit „Paper Space“. Foto: Marcus von Bucholz
Die sehenswerte Ausstellung läuft noch bis zum 9. Juli 2017. Geöffnet täglich außer Montag.