Transgender in Mode und Musik im Kunstverein Wolfsburg
- Details
- Veröffentlicht: Mittwoch, 18. Januar 2017 11:53
- Geschrieben von Jennifer Bork, Kuratorin
v. l .n. r.:Pari Roehi (Bild: Robertina Jeno), Didi Neidhardt und Thomas Lechner
Lesung: Pari Roehi
Video-Lecture + DJing: Didi Neidhardt und Thomas Lechner
Donnerstag, 26.01.2017 ab 18 Uhr
Im Kunstverein Wolfsburg
Schlossstr. 8//38448 Wolfsburg
Kostenfrei und offen für alle
Begleitend zur laufenden Ausstellung „Überschreiten“ (noch bis 5.2.2017 im Kunstverein Wolfsburg), in der das Überwinden von Grenzen und Konventionen mit künstlerischen Arbeiten behandelt wird, beschäftigt sich die Veranstaltung „Transgender in Mode und Musik“ mit Handlungsfeldern, in denen Transgender People gesellschaftlich weitgehend akzeptiert sind. Sie findet in Kooperation mit der Stiftung Leben & Umwelt /Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen statt. Doch jenseits dieser Handlungsfelder werden Transgender People im dominierenden heterosexuellen System vielfach immer noch ausgegrenzt und diskriminiert. Deshalb wollen wir als Plädoyer von Minderheitenschutz und Demokratie queere Szenen in dieser Veranstaltung in den Mittelpunkt stellen. Ziel der Veranstaltung ist es, ein größeres Verständnis, Toleranz und Interesse gegenüber Transgender People zu wecken. Theoretische und praktische Beiträge sollen dabei ineinander greifen und so auch im Format Konventionen gesprengt werden.
Geht es um Genderfragen jenseits der Kategorien Mann/Frau, stellte Pop-Musik schon immer einen jener Freiräume dar, in denen Gender als uneindeutige Zuschreibung stets aufs Neue verhandelt wurde. Das reicht von Warhol’s Factory über Glam-Rock und Disco, Post-Punk und New Wave bis hin zu House und den queeren Pop Manifestationen unserer Tage. Pop-Kultur liefert somit gleichsam einen (geschützten) Rahmen für den spielerischen Umgang mit Genderstereotypen (Cross-Dressing, Gender-Bender), fungiert dabei jedoch auch als ernsthaftes Experimentierfeld mit politischem Anspruch. In den letzten Jahren wurden aber auch im Feld der Mode Transgender-Models selbstverständlicher. In Deutschland erhielt Pari Roehi mit ihrer Teilnahme bei Germany’s Next Topmodel bundesweit Aufmerksamkeit. Sie schaffte es unter die TOP 50 musste dann jedoch die Castingshow verlassen. Sich anzupassen, einfach so zu sein wie die anderen, um Probleme zu vermeiden – das kam für Pari Roehi nie infrage. Sie wird im Körper eines Jungen geboren. Im islamischen Iran wächst sie im Überfluss auf. Doch als sie vier Jahre alt ist, flüchtet die Mutter mit ihren Kindern in die Niederlande und lässt ihren Mann und das Leben im Luxus hinter sich. In Notunterkünften und einfachen Verhältnissen muss Pari früh erwachsen werden. Sie zieht zu Hause aus, beginnt zu modeln und stürzt sich in das wilde Amsterdamer Nachtleben. Mit 19 Jahren wird sie durch eine Operation auch körperlich zur Frau. Heute gilt sie als eine der Leitfiguren für Menschen auf Identitätssuche, arbeitet international als Model und spricht mit beeindruckender Offenheit über ihre wechselhaften Erfahrungen bei der Suche nach dem inneren und äußeren Selbstbild und dem Kampf gegen gesellschaftliche Vorurteile.
Ablauf des Abends:
Lesung Pari Roehi „Mein bunter Schatten. Lebensweg einer Transgender Frau.“ mit anschließendem Gespräch Video-Lecture, Thomas Lechner und Didi Neidhardt, “WALK ON THE WILD SIDE. It's A Drag: Transgender & Pop“ und anschließendes Gespräch mit gesellschaftlichen Akteur*innen.
Pari Roehi, geboren 1989, wuchs im Iran und in den Niederlanden auf. Nach dem Abitur arbeitete sie als Model, Hostess im berühmten Club »Jimmy Woo«, als Performance-Künstlerin und Moderatorin. Zur gleichen Zeit begann sie den medizinischen Prozess ihrer Geschlechtsangleichung und unterzog sich mit 19 einer Operation. Heute lebt sie in Berlin, spricht sechs Sprachen, ist ein YouTube-Star und engagiert sich für Kinder mit Transgender-Identität.
Thomas Lechner ist Veranstalter der Münchner Partyreihe Candy Club für für Schwule, Lesben und Heteros sowie des On3-Festivals, des Puch-Openairs und des Pfingsttheatrons. 1988 gründete er die Booking Agentur Queerbeat.
Didi Neidhardt ist Musiker & DJ und mit Bands wie Tav Faco´s Panther Burns, See Saw, Wipe Out, Dis*ka international getourt. Er arbeitet auch als freier Journalist & Redakteur für Magazine wie Filmlogbuch, Der Standard, kulturrisse, kunstfehler, SKUG, Testcard, Elend & Verbrechen u. a., Autor der Bücher „Fissionen. Anleitung zum sonaren Fracking“ und „Musik = Müll“ (zusammen mit Hans Platzgummer).