Wohlstand ohne Wachstum. Vorsorgendes Wirtschaften

Die nächste Ausgabe der Umweltzeitung (UWZ) in Braunschweig, die im Januar 2012 erscheinen wird, befasst sich mit der Wachstumsideologie in dem derzeit herrschenden marktradikalen Kapitalismus (siehe unten)

Dass es so nicht weiter geht ist klar, und dass unsere Demokratie von denen zerstört wird, die sie vorgeben zu verteidigen, dämmert langsam. Die Zerstörer sind nicht die vom Verfassungsschutz observierten Linken oder Schwarze Blöcke oder gar Bürgerinitiativler, die Megafone benutzen und dafür verurteilt wurden, sondern die Herren und gelegentlich auch Damen in den Nadelstreifen und den Hosenanzügen, die wir in den Parlamenten, Anwaltkanzleien und internationalen Geldhäusern finden. Das wird langsam auch denjenigen deutlich, die in ihrem Leben bisher konservative Lebenseinstellungen hatten.

Konservativ heißt heute Demokratie beschützen vor den Politikern, die Gesetze verabschieden, die unser demokratisches Wertesystem zerstören, konservativ heißt heute, das Bewahren unserer Grundwerte - nicht theoretisch, sondern praktisch - auch auf der Straße.

Oder sollten wir in den vergangenen 65 Jahren nur eine Wohlstandsdemokratie gehabt haben - nicht auf Werten wie Freiheit, Menschenrechte und Solidarität aufbauend, sondern ausschließlich auf Konsum. Kurz:

"Einkaufen für Demokratie" oder moderner "shopping for democracy".

Zwei Abhandlungen (s. u.) renommierter Autoren aus den Wirtschaftswissenschaften liegen inzwischen den Redaktionen vom B-S und der UWZ vor. Sie werden aus aktuellem Anlass (Occupy-Aktionen am Wochenende) im Braunschweig-Spiegel (B-S) vorab einleitend kurz vorgestellt. Die kompletten Artikel und viel mehr, finden Sie dann in der Januarausgabe der Umweltzeitung.

 

Vorsorgendes Wirtschaften: gutes Leben statt Wachstum

Von Prof. em. Dr. Adelheid Biesecker (Universität Bremen)

 

Alle reden vom Wachstum – aber es ist Zeit, sich von diesem Wachstum zu verabschieden, weil es auf der Zerstörung der lebendigen Grundlagen unseres Wirtschaftens beruht. Nötig ist eine Ökonomie, die durch ihre eigene Handlungsweise diese Grundlagen langfristig erhält. Eine solche Ökonomie kann mithilfe des Konzepts vom Vorsorgenden Wirtschaften gestaltet werden. Das Konzept liegt – ausgearbeitet durch das gleichnamige Netzwerk– in seiner Grundstruktur vor und bezieht sich auf vielfältige Formen wirtschaftlichen Handelns, die es schon heute in und jenseits der Marktökonomie gibt.

 

Wohlstand ohne Wachstum

Wir brauchen kein grün angepinseltes Weiter-so, sondern müssen jetzt endlich unser Leben entrümpeln und entschleunigen.

Von Prof. Dr. Niko Paech (Universität Oldenburg)

Welche Reaktionen würde wohl die Ankündigung eines Automobilherstellers auslösen, demnächst ein Fahrzeug ohne Rückwärtsgang und Bremse produzieren zu wollen? Vermutlich Gelächter. Oder Kopfschütteln. Komisch, dass eine solche Reaktion nicht auch den meisten Ökonomen und Wirtschaftspolitikern entgegengebracht wird. Denn dieselbe Absurdität liegt dem üblichen volkswirtschaftlichen Denken zugrunde; mehr noch: Das ganze Entwicklungsschema moderner Gesellschaften basiert auf der Grundannahme, Fortschritt sei ausschließlich ein Akt der Addition und nur bei ständigem Wachstum möglich.

Selbst die Nachhaltigkeitsdiskussion kurvt in diesem Fahrwasser. Dank technischer Innovationen, so das ständig rezitierte Mantra, könne man Wirtschaftswachstum von Ressourcenverbrauch und Umweltschäden abkoppeln. Die Bündnisgrünen ziehen mit einem "Green New Deal" in den Wahlkampf: Anstrengungen etwa im Klimaschutz – so ihr Versprechen – würden die deutsche Industrie auf wachsenden Zukunftsmärkten positionieren. Doch eine solche Nachhaltigkeitsdiskussion immunisiert die vorherrschenden Lebensstile gegen jede Mäßigung. Nicht das exzessive Wechselspiel zwischen Fremdversorgung und Selbstverwirklichung als solches wird hinterfragt, sondern nur dessen Objekte – der Durst nach immer mehr soll künftig bloß durch "bessere" Produkte oder Dienstleistungen befriedigt werden. So wird sogar die Nachhaltigkeit zu einem Wachstumsstimulus, denn irgendetwas findet sich immer, das durch additive Maßnahmen zu reparieren oder zu verbessern wäre – und wenn es die Umwelt ist... Aber diese Rechnung geht nicht mehr auf. Warum?

Lesen Sie die kompletten Aufsätze in Ihrer nächsten Umweltzeitung.

Dass Geldhäuser auch anders wirtschaften konnten und können, zeigt ein Interview der TAZ mit dem Chef der SPARDA-Bank in München Helmut Lind: "Das Alte muss zusammenbrechen".

 

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