Regionale Lebensmittel - Einkaufen bei Hofe

 

2016 kauften 14,6 Millionen Deutsche ihre Lebensmittel direkt beim Erzeuger. Viele Kunden schätzen die Nähe zum Landwirt. Alles ist frisch. Einkaufen soll Spaß machen. und hier hat hat man die Zeit, und die Leute wissen, dass man auch mal einen Moment warten muss, wenn es voll ist.“ Wer in einem Hofladen einkauft, fühlt sich mit der Region verbunden. Die Auswahl ist viel größer als auf dem Wochenmarkt. Und frischer geht’s ja nicht. Das stimmt, jedenfalls für die Ware, die tatsächlich vom Hof kommt. Immerhin ist die Herkunft der Lebensmittel genau angegeben, anders als auf Wochenmärkten.

Feinkost statt Fabrikware

Hof klingt so authentisch, so ursprünglich und gesund. Hof als Gegenteil von Fabrik. In Hofläden gibt es, ob bio oder konventionell: Hofeier, Hofbutter, Hofsahne, Hofmilch. Käse vom Hof hat sogar eine eigene Website: hofkaese.de. Dabei bedeutet das Präfix Hof so viel wie Bäcker in Bäckerbrötchen oder Metzger in Metzgerwurst, also nichts. Nichts über Qualität, Geschmack, Chemieeinsatz, Tierhaltung. Die Hof-Zuschreibungen wollen demonstrieren: Dieses Produkt ist von hier, Hausmacher-Feinkost statt Lebensmittelindustrie.

Hofläden boomen. Etwa 40.000 bis 50.000 Bauernhöfe setzen ihre Produkte zum Teil ohne Zwischenhändler ab, auf Wochenmärkten und/oder auf dem Hof. Einige tausend dieser Direktvermarkter (NRW: 1.396 laut Landwirtschaftsministeriums) haben einen eigenen Laden. 2016 kauften 14,6 Millionen Deutsche Lebensmittel direkt beim Erzeuger; Tendenz weiter leicht steigend. Längst darf man von einer Hofladenkultur sprechen.

Man kann das schon Sehnsuchtsort nennen. Ein Stück heile Welt. Viele Stammkunden kennen sich wie eine Großfamilie.“ Und wahrscheinlich sei der Einkauf auch „Genugtuung fürs Gewissen“. Es gibt auch Hofläden, die sich selbst als „Sehnsuchtsort“ beschreiben – und dann kann man dort nur online bestellen. Hauptsache: Hofladen. Ein Sehnsuchtsbegriff. Landlust für den Magen.

Sehnsucht nach Landwirten

In einer empirischen Analyse des Departments für Agrarökonomie an der Uni Göttingen hieß es schon 2006, es gebe ein „Bedürfnis nach mehr Nähe zum Ursprung der Lebensmittelerzeugung“. Landwirte als Person würden gern „als sympathisch, vertrauenswürdig, aber auch etwas altmodisch aufgefasst“. Schon „die physische Präsenz des Landwirts“ wirke „als Qualitätsversprechen“.

Dr. med. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Uni Göttingen, sagt, Ernährung sei auch Distinktionsmerkmal. „Immer häufiger geht es um Selbstinszenierung und Zugehörigkeit. So kann ich mich selbst definieren, mich in einer bestimmten Haltung sehen und zeigen. Ich kann mich zugehörig fühlen, zugleich von anderen absetzen und damit Individualität generieren. Die richtige Nahrung stelle „sozialen Kitt da“.

Verbände befeuern die segensreiche PR-Wirkung von Hofläden. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen schreibt: „Die Gemeinschaftswerbung Einkaufen auf dem Bauernhof ist darauf angelegt, ein markantes Profil zu vermitteln, mit dem sich Direktvermarkter von allen übrigen Einkaufsstätten eindeutig unterscheiden.“ Empfehlung für Kunden: „Entfliehen Sie damit der Globalisierung.“ Beim Lieferservice, sagt ein Berater des größten Ökolabels Bioland, solle man besser keine Dritten beauftragen. „Vielen ist wichtig, dass der Lieferant selbst Landwirt oder Gärtner ist. Das schätzen die Abonnenten und bringen dem Vertrauen entgegen.“

 TAZ –  Bernd Müllender