Der Baum vor meinem Fenster - Leserbrief

Jahrelang stand er vor meinem Fenster in der Berliner Straße. Ein wunderschöner, üppiger Baum mit einer leuchtend grünen Blätterkrone, Sichtschutz vor dem Autoverkehr, Luftreiniger und Treffpunkt von Schulkindern. Für mich war es selbstverständlich, dass er da war.

Umso unfassbarer, als ich am Mittwoch, den 20.2., abends eine Absperrung um ihn bemerkte mit dem Hinweisschild „Baumarbeiten“. Am Donnerstag hatte ich frei wegen eines Arzttermins. Morgens hörte ich durch die Fenster ein lautes Sägegeräusch und sah einen Mann, der in einem Kran saß und den Baum Ast für Ast zerlegte. Zunächst dachte ich, dass nur die Äste, die zu nah an das Elektrogeschäft Horn ragten, abgesägt wurden, aber dann ging es immer weiter. Ich wurde so traurig, dass ich es nicht mehr mitansehen konnte.

Ich beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen und ging zu dem Sägetrupp vor meinem Fenster. Ich fragte, wer sie sind und wer sie beauftragt hat. Ich bekam zu hören, dass sie von der Lebenshilfe sind, und wenn ich etwas über den Auftraggeber erfahren will, soll ich doch bitte den Mann im Kran fragen, der am Sägen war. Ich ließ mich nicht beirren, und da ich etwas ahnte, ging ich in das Elektrogeschäft Horn und stellte diese Frage dem Verkäufer. Dort bekam ich zu hören, dass sein Chef die Abholzung des Baumes in Auftrag gegeben hat. Die Gründe: Das Wurzelwerk des Baumes kam durch den Asphaltboden, so dass er mehrere Male ausgebessert werden musste, der Baum hinterließ grüne Spuren auf der Hausfassade und er „pinkelte“ im Sommer auf die Autodächer.

Er war also lästig und wurde daher einfach beseitigt, wie ein lebloser Gegenstand. Aber dieser Baum ist ein Lebewesen, und er war sicher länger an diesem Ort als das Elektrogeschäft. Es gab keinen Grund, diesen gesunden prächtigen Baum zu beseitigen, außer, dass er den Chef eines Elektrogeschäfts störte. Die Anwohner wurden nicht gefragt, es wurde einfach gemacht. Wie kann es sein, dass öffentliche Bäume als Privateigentum betrachtet werden und man mit ihnen umgehen kann, wie man will?

 

Der Leserbrief rief Erinnerungen bei der Webmasterin vom b-s hervor:

"2010, kurz vor Pfingsten, Post von der Stadt Braunschweig: die Husarenstraße werde erneuert: Kanalisation, Straßenbelag, ... Im Zuge dessen werden sämtliche Bäume gefällt. Eine schnelle Nachfrage bei der Stadt ergab: die Bäume (Rotdorn) seien krank.

Komischerweise stand gerade der Baum vor meinem Fenster in der Zeit, wo ich dort wohnte (seit 2003) noch nie so prächtig in Blüte, wie an jenem Tag, als innerhalb von 2 Minuten eine Kettensäge ansetzte, der Baum fiel, ein kleiner Bagger kam und er schleunigst vom Tatort verschleppt wurde. In den folgenden 10 Monaten war an jener Stelle das Materiallager der Baustelle ...      Zufall?"

 


Kommentare

0 #3 Kristine Schmieding 2013-03-12 21:51
Eine neue Baumschutzsatzu ng für Braunschweig ist überfällig. Von CDU und FDP ist wohl nichts zu erwarten, aber warum unterstützt die SPD die Initiative der Grünen und BIBS nicht?
 
 
0 #2 simone Leunig 2013-03-12 17:30
leibe Bettina Kolodziej,__stand der Baum auf den privaten Grundstück der Firma?__Wenn nein, machen sie eine Anzeige, das wäre dann nämlich beschädigung/ zerstörung öffentlichen Eígentums!__Der Baum wird dadurch leider nicht mehr lebendig, aber vielleicht lernen Menschen, wenn sie


0 #1 Sabine 2013-03-12 10:44
Leider wird immer wieder so spontan gefällt, auch bei uns in der Schuntersiedlung verschwanden innerhalb weniger Tage Bäume, die eigentlich nichts haben, was auf eine Gefahr hinweist. Warum können wir das nicht verhindern? Was muss geschehen, damit unsere großen Siedlungs-Bäume groß bleiben dürfen?