Versichertenentlastungsgesetz: Verbraucherzentrale fordert Anpassung bei Höchstbeitragsregelung

Höchstbeitrag soll künftig auch rückwirkend angepasst werden, wenn Versicherte innerhalb eines Jahres Unterlagen nachreichen
Problem: Altfälle profitieren nicht von Anpassung
Verbraucherzentrale fordert auch Korrektur früherer Bescheide

Hannover, 18.06.2018 – Das Bundeskabinett hat kürzlich den Gesetzesentwurf zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung be-schlossen. Keine Frage: Die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung und die ver-ringerten Mindestbeiträge für Selbstständige sind sinnvolle Vorhaben. Bedauerlich ist hingegen, dass bei der Anpassung der Höchstbeitragsregelung ein wichtiger Baustein fehlt: die rückwirkende Anwendung auf Altfälle. Versicherte, die nachweislich zu viel gezahlt haben, erhalten keine Chance, ihr Geld zurückzubekommen. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen fordert hier Nachbesserung – zumal eine entsprechende Regelung im Referentenentwurf noch enthalten war.

Das Versichertenentlastungsgesetz sieht Anpassungen der im August 2014 eingeführten Höchstbeitragsregelung vor. „Bisher berechnen Krankenkassen freiwillig Versicher-ten den Höchstbeitrag, wenn sie trotz Nachfrage keine Einkommensnachweise vorlegen“, erklärt Kai Kirchner, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Melden sich Verbraucher später, wird der Beitrag nur zukünftig an die Einnahmen ange-passt. Für die Zwischenzeit bleibt es beim Höchstbeitrag – der mehr als das Vierfache über dem Mindestbeitrag liegt. „Für Versicherte mit geringen Einnahmen steht diese Sanktion in keinem Verhältnis zum Pflichtverstoß“, kritisiert Kirchner. Auch sei es unan-gemessen, Versicherte mit höherem Einkommen weniger hart zu „bestrafen“.

Den Bedarf hier zu korrigieren, hat der Gesetzgeber erkannt: Künftig haben Krankenver-sicherte ein Jahr Zeit, Unterlagen nachzureichen – so sieht es der Gesetzesentwurf vor. Auch wenn Krankenkassen aus anderen Quellen wissen, dass ein Versicherter nur ge-ringe Einnahmen hat, bleibt es beim Mindestbeitrag. Was jedoch fehlt, ist eine Regelung für Altfälle. Der Referentenentwurf sah die Möglichkeit vor, frühere Bescheide innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten des Gesetzes korrigieren zu lassen (§ 323 Abs. 6). Dieser Passus wurde jedoch gestrichen. „Das ist ärgerlich, schließlich hat der Gesetzgeber die bestehende Ungerechtigkeit ja erkannt. Es wäre daher nur fair, Betroffenen nachweis-lich zu viel gezahlte Beiträge zu erstatten“, so Kirchner. Im Einzelfall können das meh-rere Tausend Euro sein, wie ein Fall der Verbraucherzentrale Niedersachsen zeigt: Rund 2.800 Euro hatte ein Versicherter aufgrund der Zwangseinstufung zu viel gezahlt (vgl. Presseinformation vom 04.01.2017). „Die Rückerstattung zu viel geleisteter Beiträge muss auch für Altfälle im Gesetz verankert werden“, fordert der Gesundheitsex-perte. Nur so werde die bestehende Ungerechtigkeit tatsächlich korrigiert.

Kontakt: Kai Kirchner, Gesundheitsexperte
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